Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
Augenblick ruhen«, sagte ich. »Es gibt andere Dinge, die ich wissen muß. Julian, ich habe erfahren, daß du und Gérard vor einiger Zeit der schwarzen Straße zu folgen versuchtet und daß Gérard unterwegs verletzt wurde. Anschließend habt ihr euch wohl eine Zeitlang bei Benedict aufgehalten, bis sich Gérard wieder erholt hatte. Über diese Expedition möchte ich gern mehr erfahren.«
»Du scheinst doch schon Bescheid zu wissen«, erwiderte Julian. »Du hast eben alles geschildert, was geschehen ist.«
»Wo hast du davon erfahren, Corwin?« fragte Benedict.
»In Avalon.«
»Von wem?«
»Dara.«
Er stand auf, durchquerte das Zimmer, blieb vor mir stehen und starrte düster auf mich herab.
»Du bestehst also noch immer auf der absurden Geschichte mit dem Mädchen!«
Ich seufzte.
»Wir haben uns nun schon lang und breit darüber unterhalten«, sagte ich. »Dabei habe ich dir alles mitgeteilt, was ich über das Thema weiß. Entweder glaubst du mir oder nicht. Jedenfalls hat sie mir das alles erzählt.«
»Anscheinend gibt es doch einige Dinge, über die du mich nicht informiert hast. Von diesem Detail hast du jedenfalls bisher nicht gesprochen.«
»Ist es wahr oder nicht? Ich meine, wegen Julian und Gérard.«
»Es stimmt«, sagte er.
»Dann sollten wir für den Augenblick meine Informationsquelle vergessen und uns auf die Ereignisse konzentrieren.«
»Einverstanden«, sagte Benedict. »Nachdem nun der Grund für meine Geheimniskrämerei fortfällt – natürlich Eric –, will ich mich offen äußern. Eric wußte nicht, wo ich lebte, und auch die meisten anderen hatten keine Ahnung. Gérard war mein wichtigster Verbindungsmann in Amber. Eric machte sich immer mehr Sorgen um die schwarze Straße und beschloß eines Tages, sie von Kundschaftern durch die Schatten bis zum Ausgangspunkt zurückverfolgen zu lassen. Julian und Gérard fiel die Aufgabe zu. Sie wurden in der Nähe Avalons von einer überlegenen Horde der schwarzen Wesen angegriffen. Gérard bat mich durch meinen Trumpf um Hilfe, und ich eilte hinzu. Der Feind wurde zurückgeschlagen. Da sich Gérard beim Kampf ein Bein gebrochen hatte und auch Julian ziemlich übel zugerichtet war, nahm ich beide mit nach Hause. Damals brach ich mein Schweigen und setzte mich mit Eric in Verbindung, um ihm zu sagen, wo sie sich aufhielten und was aus ihnen geworden war. Er ordnete an, sie sollten die Reise nicht fortsetzen, sondern nach Amber zurückkehren, nachdem sie sich erholt hatten. Bis dahin blieben sie bei mir. Dann ritten sie zurück.«
»Das ist alles?«
»Das ist alles.«
Aber es war nicht alles. Dara hatte mir noch etwas mitgeteilt. Sie hatte von einem anderen Besucher gesprochen. Ich erinnerte mich deutlich daran. An jenem Tag am Bach, während sich das Mühlrad eifrig drehte und Träume mahlte, an jenem Tag, da wir miteinander kämpften und plauderten und durch die Schatten wanderten und dabei durch einen urzeitlichen Wald kamen und einen mächtigen Fluß mit einem ungeheuren Rad erreichten, das eine Mühle der Götter hätte sein können, an jenem Tag, da wir ein Picknick abhielten, flirteten und klatschten – an jenem Tag hatte sie mir viel erzählt, und manches war sicher nicht wahr gewesen. Doch hinsichtlich des Besuches durch Julian und Gérard hatte sie nicht gelogen, und ich hielt es für möglich, daß sie auch die Wahrheit gesagt hatte, als sie mir mitteilte, Brand habe Benedict in Avalon besucht. »Oft« – das war das Wort, das sie verwendet hatte.
Benedict hatte nun keinen Zweifel daran gelassen, daß er mir mißtraute. Dies allein war sicher ein ausreichender Grund dafür, daß er Informationen über Dinge für sich behielt, die er für zu problematisch hielt, als daß sie mich etwas angingen. Hölle, wenn die Lage umgekehrt gewesen wäre, hätte ich mir auch nicht vertraut! Doch nur ein Dummkopf hätte ihn jetzt darauf angesprochen. Denn es gab noch andere Möglichkeiten.
Immerhin möglich, daß er mir später unter vier Augen von Brands Besuchen erzählen wollte. Dabei mochte es durchaus um etwas gegangen sein, das er nicht vor der Gruppe und besonders nicht vor Brands Möchtegern-Mörder besprechen wollte.
Oder ... Natürlich war auch die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß Benedict selbst hinter allem stand. Die Folgen wagte ich mir nicht vorzustellen. Da ich unter Napoleon, Lee und McArthur gedient hatte, wußte ich den Taktiker wie auch den Strategen zu schätzen. Benedict war beides, der beste, den ich je
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