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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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leichenblaß.
    »Du verdammter Narr!« sagte er. »Der Schuß hätte in den Tank gehen können!«
    »Er hätte auch den Burschen treffen können, auf den du gezielt hast!«
    »Na und? Wir kommen hier nicht mehr durch, jedenfalls nicht in dieser Generation. Der Schweinehund hat es gewagt, einen Prinzen von Amber zu beleidigen! Ich habe dabei an
deine
Ehre gedacht!«
    »Ich kann meine Ehre selbst schützen«, entgegnete ich schroff. Plötzlich ergriff etwas Kaltes und Unwiderstehliches von mir Besitz und ließ mich fortfahren: »Die Entscheidung über sein Leben lag bei mir und nicht bei dir.« Ein Gefühl der Entrüstung erfüllte mich.
    Da neigte er den Kopf, während die Lkw-Tür zuknallte und der schwere Wagen sich entfernte.
    »Tut mir leid, Bruder«, sagte er. »Ich wollte nicht anmaßend sein. Aber es hat mich gekränkt, daß einer von denen so mit dir geredet hat. Ich weiß, ich hätte warten müssen, daß du dich des Burschen annimmst, wie du es für richtig hieltest – zumindest hätte ich dich fragen müssen.«
    »Nun, wie dem auch sei«, sagte ich. »Wenn wir können, sollten wir auf die Straße zurückkehren und weiterfahren.«
    Die Hinterräder waren bis zu den Radkappen eingesunken, und während ich sie noch anstarrte und mir überlegte, wie man die Dinge am besten in Angriff nahm, rief Random: »Okay, ich nehme die vordere Stoßstange. Du packst hinten an – wir tragen das Ding zur Straße – und zwar auf die linke Seite.«
    Er meinte es ernst!
    Er hatte zwar von einer geringeren Schwerkraft gesprochen, doch ich für mein Teil fühlte mich gar nicht leicht. Gewiß, ich war kräftig, doch ich hatte meine Zweifel, ob ich das hintere Ende des Mercedes anheben konnte.
    Andererseits wurde so etwas offensichtlich von mir erwartet; also mußte ich es versuchen. Ich durfte mir die Lücken in meinem Gedächtnis nicht anmerken lassen.
    Ich beugte mich also vor, stellte die Beine auseinander, packte zu und begann die Knie durchzudrücken. Mit saugendem Geräusch lösten sich die Hinterräder aus der feuchten Erde. Ich stemmte mein Ende des Wagens etwa zwei Fuß hoch über den Boden!
    Das Auto war schwer – verdammt, und wie schwer! –, aber ich konnte es halten.
    Mit jedem Schritt sank ich etwa fünfzehn Zentimeter tief in den Boden. Aber ich trug den Wagen! Und Random leistete an seinem Ende dasselbe.
    Wir setzten das Fahrzeug auf der Straße ab; die Federung wippte etwas. Dann zog ich mir die Schuhe aus, leerte sie und reinigte sie mit Grasbüscheln; ich wrang meine Socken aus, bürstete die Hosensäume ab, warf meine Fußbekleidung auf den Rücksitz und stieg barfuß hinter das Steuer.
    Random sprang auf den Beifahrersitz. »Hör mal. Ich möchte mich noch einmal entschuldigen ...«
    »Schon gut«, sagte ich. »Die Sache ist ausgestanden und vorbei.«
    »Ja, aber ich möchte nicht, daß du mir etwas nachträgst.«
    »Das tue ich nicht«, entgegnete ich. »Du solltest dich künftig nur etwas besser beherrschen, wenn es um das Töten in meiner Gegenwart geht.«
    »Das will ich gern tun«, versprach er.
    »Dann wollen wir jetzt weiterfahren.« Und das taten wir.
    Wir bewegten uns durch eine Felsschlucht und erreichten schließlich eine Stadt, die völlig aus Glas oder glasähnlichen Substanzen zu bestehen schien – von hohen Gebäuden flankiert, die dünn und zerbrechlich wirkten, und mit Menschen, durch die die rosa Sonne hindurchschien und dabei ihre Organe und die Überreste der letzten Mahlzeit sichtbar machte. Die seltsamen Gestalten starrten uns nach. An den Straßenecken liefen sie zusammen, doch niemand versuchte uns den Weg zu versperren.
    »Die von Dänikens dieser Welt werden von unserem Besuch sicher noch in vielen Jahren berichten«, sagte mein Bruder.
    Ich nickte.
    Schließlich war vor uns überhaupt keine Straße mehr, und wir fuhren über eine endlose Fläche, die aus Silikon zu bestehen schien. Nach einer Weile engte sich die Erscheinung ein und wurde zu unserer Straße, und ein paar Minuten später erstreckten sich Sümpfe zu beiden Seiten – flach, braun, übelriechend. Und ich entdeckte ein Tier, das garantiert ein Diplodocus war und das den Kopf hob und auf uns herabstarrte. Gleich darauf flog ein riesiger fledermausartiger Schatten über uns dahin. Der Himmel erstrahlte königsblau, die Sonne schimmerte hellgolden.
    »Wir haben nur noch einen Vierteltank«, bemerkte ich.
    »Gut«, sagte Random. »Halt an.«
    Ich gehorchte und wartete ab.
    Eine lange Zeit – vielleicht sechs Minuten

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