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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Dank.«
    Dies schien ihn ziemlich zu überraschen.
    Es war, als hätte ihm noch nie ein Verwandter ein gutes Wort gesagt.
    »Ich gebe mir Mühe«, sagte er, »und das werde ich bis zum Schluß tun, das verspreche ich dir. Sieh dich doch um! Wir haben den Himmel, den Wald! Es ist fast zu schön, um wahr zu sein! Wir haben die Hälfte des Weges bereits hinter uns, ohne daß es besondere Probleme gegeben hat. Ich glaube, wir hatten bisher großes Glück. Gibst du mir eine Grafschaft?«
    »Ja«, sagte ich, ohne zu wissen, was das bedeutete, doch bereit, ihm den Wunsch zu gewähren, wenn es in meiner Macht lag.
    Er nickte und sagte: »Du bist in Ordnung.«
    Er war ein kampflustiger kleiner Schurke, der meiner wiederauflebenden Erinnerung nach stets eine Art Rebell gewesen war. Unsere Eltern hatten ihn zu erziehen versucht, aber ohne rechten Erfolg. Mir wurde zugleich klar, daß wir gemeinsame Eltern gehabt hatten, was auch auf mich und Eric und Flora, wie auch auf Caine, Bleys und Fiona zutraf. Und wahrscheinlich auch auf andere – doch an diese Namen erinnerte ich mich, diese Geschwister kannte ich bereits.
    Wir fuhren auf einem harten Feldweg durch eine Kathedrale riesiger Bäume. Der Wald schien kein Ende zu nehmen. Ich fühlte mich sicher. Von Zeit zu Zeit scheuchten wir Rehwild auf oder überraschten einen Fuchs, der den Weg überquerte oder in der Nähe verharrte. Da und dort zeigten sich Hufabdrücke im Lehm. Das Sonnenlicht sickerte zuweilen durch die Blätter, fiel schräg herab wie straff gespannte goldene Saiten auf einem exotischen Musikinstrument. Der Wind war feucht und satt von Leben. Mir ging auf, daß ich diesen Ort kannte, daß ich früher oft auf dieser Straße geritten war. Ich war auf dem Pferderücken durch den Wald von Arden galoppiert, war zu Fuß hindurchgewandert, hatte darin gejagt, hatte lange unter riesigen Stämmen gelegen, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, während mein Blick emporwanderte. Ich war zwischen den Ästen solcher Riesen herumgeklettert und hatte auf eine grüne Welt hinabgeblickt, die sich ständig veränderte.
    »Ich liebe diesen Ort«, sagte ich – und mir war im ersten Augenblick nicht recht klar, daß ich laut gesprochen hatte.
    »Das hast du immer getan«, erwiderte Random, und ein Hauch von Belustigung schien in seiner Stimme mitzuschwingen – ich war mir meiner Sache nicht sicher.
    Aus der Ferne tönte plötzlich ein Laut herüber, von dem ich wußte, daß es sich um das Signal eines Jagdhorns handelte.
    »Fahr schneller!« sagte Random plötzlich. »Das klingt nach Julians Horn.«
    Ich gehorchte.
    Wieder der Hornstoß, diesmal näher.
    »Seine verdammten Hunde reißen den Wagen in Stücke, und seine Jagdvögel picken uns die Augen aus!« sagte er. »Ich würde ihm ungern über den Weg laufen, wenn er so gut gerüstet ist. Was immer er gerade jagt, er würde seine Beute bestimmt aufgeben, wenn er dafür Jagd auf zwei Brüder machen könnte.«
    »›Leben und Leben lassen‹ – das ist heutzutage meine Devise«, bemerkte ich.
    Random lachte leise vor sich hin.
    »Was für eine drollige Vorstellung! Ich wette, die hält sich im Ernstfall höchstens fünf Minuten.«
    Und wieder ertönte das Jagdhorn, diesmal noch näher, und er sagte: »Verdammt!«
    Der Tachometer zeigte in altmodischen Runenziffern die Zahl fünfundsiebzig an. Ich wagte auf diesem Weg nicht schneller zu fahren.
    Wieder ertönte das Horn, dreimal lang aufjaulend, ganz in der Nähe. Dann hörte ich Hundegebell links von uns.
    »Wir sind der wirklichen Erde schon sehr nahe, wenn auch noch weit von Amber«, sagte mein Bruder. »Es wäre sinnlos, durch die benachbarten Schatten zu fliehen, denn wenn er es wirklich auf uns abgesehen hat, würde er uns verfolgen. Oder zumindest sein Schatten.«
    »Was sollen wir tun?«
    »Wir können nur aufdrehen und hoffen, daß er nicht hinter uns her ist.«
    Und wieder gellte das Hörn auf, diesmal fast neben uns.
    »Verdammt, worauf reitet er denn – auf einer Lokomotive?« fragte ich.
    »Ich glaube, er reitet seinen mächtigen Morgenstern, das schnellste Pferd, das er je geschaffen hat.«
    Ich ließ mir das vorletzte Wort eine Weile durch den Kopf gehen. Ja, es stimmt, sagte mir eine innere Stimme. Julian hatte Morgenstern aus den Schatten
geschaffen,
hatte in diesem Wesen die Wucht einer Dampframme mit der Geschwindigkeit eines Hurrikans verbunden.
    Plötzlich fiel mir ein, daß ich guten Grund hatte, dieses Tier zu fürchten – und da sah ich es auch

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