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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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gesprochen?« fragte er in einem Ton, der mir gar nicht gefiel. Gleich darauf kam mir eine auflodernde Erkenntnis: War es Flora vielleicht gelungen, mich für verrückt erklären zu lassen, ehe ich nach Greenwood verlegt wurde? War das vielleicht in meiner Akte hier verzeichnet? Und galt ich dort womöglich noch als flüchtig? Inzwischen war viel Zeit vergangen, und ich hatte keine Ahnung von den einschlägigen Vorschriften. Wenn die Verhältnisse wirklich so waren, wußte man hier sicher nicht, ob ich vielleicht bei einer anderen Behörde wieder für zurechnungsfähig erklärt worden war. Vermutlich war es die Vorsicht, die mich veranlaßte, den Kopf zu heben und einen Blick auf sein Handgelenk zu werfen. Ich glaubte im Unterbewußtsein wahrgenommen zu haben, wie er auf eine Kalenderuhr blickte, als er meinen Puls maß. Ja, richtig! Ich kniff die Augen zusammen. Also schön. Tag und Monat: 28. November. Ich rechnete hastig mit meiner Zweieinhalb-zu-eins-Formel und hatte das Jahr. Es war tatsächlich sieben Jahre her, wie er gesagt hatte.
    »Nein, einen Psychiater habe ich noch nicht konsultiert«, antwortete ich. »Ich dachte, das Problem hätte organische und keine psychischen Ursachen, und habe die Zeit einfach abgeschrieben.«
    »Ich verstehe«, sagte er. »Sie formulieren das ziemlich gewandt. So etwas findet man öfter bei Leuten, die in therapeutischer Behandlung gewesen sind.«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Ich habe viel darüber gelesen.«
    Er seufzte und stand auf.
    »Hören Sie«, sagte er. »Ich werde Mr. Roth anrufen und ihm sagen, daß Sie wach sind. Das ist vermutlich das beste.«
    »Was soll denn das heißen?«
    »Ich meine damit, daß Ihr Freund Anwalt ist – vielleicht gibt es Dinge, die Sie mit ihm besprechen wollen, ehe Sie eine Aussage bei der Polizei machen.«
    Er öffnete die Akte, in der er irgendwo mein Alter notiert hatte, hob den Stift, runzelte die Stirn und fragte: »Wie war das Geburtsdatum doch gleich?«
    Ich wollte meine Trümpfe haben. Meine Besitztümer lagen vermutlich in der Schublade des Nachttisches, doch ich hätte mich zu weit herumdrehen müssen, um die Hand danach auszustrecken; ich wollte meine Nähte noch nicht belasten. So dringend war es sowieso nicht. Acht Stunden Schlaf in Amber entsprachen etwa zwanzig hiesigen Stunden; meine Geschwister zu Hause mußten noch in den Betten liegen, wie es sich gehörte. Doch ich wollte mich mit Random in Verbindung setzen, damit er sich eine Geschichte einfallen ließ, die meine Abwesenheit am Morgen erklärte. Später.
    Gerade jetzt wollte ich kein verdächtiges Verhalten an den Tag legen. Außerdem wollte ich sofort wissen, welche Aussage Brand zu machen hatte. Ich wollte in der Lage sein, entsprechende Maßnahmen deswegen einzuleiten. Ich stellte hastige Berechnungen an. Wenn ich den schlimmsten Teil meiner Gesundung hier in den Schatten hinter mich bringen konnte, verlor ich weniger Zeit in Amber. Ich mußte meine Tage und Stunden in dieser Welt gut einteilen und versuchen, mich aus Komplikationen herauszuhalten. Ich hoffte, daß Bill bald kam. Ich wollte unbedingt wissen, wie es um mich stand.
    Bill hatte in dieser Gegend seine Jugend verbracht, war in Buffalo zur Schule gegangen und später zurückgekehrt, um zu heiraten und in die Familienfirma einzutreten. Das war´s auch schon. Ich hatte mich ihm als ehemaliger Armeeoffizier vorgestellt, der zuweilen in unbestimmten Geschäften unterwegs war. Wir gehörten beide dem Country-Club an, wo ich ihn kennengelernt hatte. Davor hatte ich ihn schon ein Jahr lang gekannt, ohne daß wir mehr als ein paar Worte gewechselt hatten. Eines Abends saß ich dann zufällig neben ihm an der Bar, wobei irgendwie herauskam, daß er sich sehr für Militärgeschichte und besonders für die napoleonischen Kriege interessierte. Als wir das nächste-mal unsere Umgebung wahrnahmen, war der Barmann dabei, das Licht auszudrehen. Von da an waren wir dick befreundet – bis zur Zeit meiner Schwierigkeiten. Ich hatte seither gelegentlich an ihn gedacht. Bei meinem letzten Besuch im Haus hatte ich ihn eigentlich nur deshalb nicht aufgesucht, weil ich sicher war, daß er alle möglichen Fragen über meinen Verbleib stellen würde; ich dagegen hatte zu viele Sorgen, um ein solches Verhör in Ruhe über mich ergehen zu lassen und auch noch Spaß daran zu haben. Ein- oder zweimal war mir sogar der Gedanke durch den Kopf gegangen, daß ich ihn besuchen könnte, wenn in Amber letztlich alles geregelt war. Abgesehen

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