Die Prinzen von Amber
nach vorn, kam aber nicht los.
»Haltet Euch hier heraus, Ganelon«, sagte er.
»Verschwinde, Corwin!« rief Ganelon. »Hol das Juwel.«
Gérard richtete sich auf. Ganelon ließ die Linke herumzucken und landete einen Kinnhaken. Gérard sackte vor ihm zu Boden. Ganelon griff an und zielte einen Tritt auf die Nieren, doch Gérard packte seinen Fuß und hebelte ihn rücklings zu Boden. Ich rappelte mich in eine geduckte Stellung hoch und stützte mich mit einer Hand ab.
Gérard hüpfte vom Boden hoch und bestürmte Ganelon, der eben das Gleichgewicht zurückgewonnen hatte. Als er ihn fast erreicht hatte, zielt Ganelon einen Schlag auf Gérards Genitalien, der ihn abrupt stoppte. Ganelons Fäuste hämmerten wie Kolben gegen Gérards Unterleib. Mehrere Sekunden lang schien Gérard zu betäubt zu sein, um sich zu schützen, und als er sich schließlich vorbeugte und die Arme abwehrend senkte, erwischte ihn Ganelon mit einer Rechten gegen das Kinn, die ihn zurücktaumeln ließ. Ganelon setzte nach, warf die Arme um Gérard, hakte das rechte Bein in Gérards Kniekehle. Gérard kippte um, und Ganelon stürzte auf ihn. Er setzte sich auf Gérard und versetzte ihm einen kräftigen Kinnhaken. Als Gérards Kopf zur Seite rollte, hielt Ganelon mit einem linken Schwinger dagegen.
Plötzlich trat Benedict vor, als wolle er eingreifen, doch Ganelon war bereits aufgestanden. Gérard lag bewußtlos am Boden; er blutete aus Mund und Nase.
Unsicher stand ich auf und klopfte mich ab.
Ganelon grinste mich an.
»Du solltest lieber nicht in der Nähe bleiben«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie ich bei einer Revanche abschneiden würde. Geh das Schmuckstück suchen.«
Ich blickte zu Benedict hinüber, der mir zunickte. Daraufhin ging ich ins Zelt, um Grayswandir zu holen. Als ich wieder ins Freie trat, hatte sich Gérard noch nicht gerührt; dafür stand Benedict vor mir.
»Denk daran«, sagte er. »Du hast meinen Trumpf, und ich habe deinen. Keine entscheidenden Schritte ohne vorherige Absprache.«
Ich nickte. Schon wollte ich ihn fragen, warum er Gérard und nicht mir hatte helfen wollen. Doch dann überlegte ich es mir anders; unsere frisch geschmiedeten Bande der Einigkeit wollte ich nicht so schnell aufs Spiel setzen.
»Gut.«
Ich ging zu den Pferden. Im Vorbeigehen schlug mir Ganelon auf die Schulter.
»Viel Glück«, sagte er. »Ich würde dich ja begleiten, aber ich werde hier gebraucht, zumal Benedict das Chaos aufsuchen will.«
»Gut gemacht«, sagte ich. »Ich dürfte eigentlich keine Schwierigkeiten haben. Mach dir keine Sorgen.«
Ich ging zur Einfriedung, in der die Pferde standen. Kurze Zeit später ritt ich los. Ganelon grüßte mich mit einer Handbewegung, die ich erwiderte. Benedict kniete neben Gérard.
Ich ritt zum nächsten Weg, der nach Arden führte. Das Meer lag hinter mir. Garnath und die schwarze Straße links, Kolvir rechts. Ich mußte ein gutes Stück zurücklegen, ehe ich mit dem Stoff der Schatten arbeiten konnte. Der Tag erstreckte sich hell und klar vor mir, sobald ich nach mehreren Erhebungen und Senken Garnath nicht mehr sehen konnte. Ich erreichte den Weg und folgte seiner weiten Biegung in den Wald, wo feuchte Schatten und leiser Vogelgesang mich an die langen Zeiten des Friedens erinnerten, die wir einst hier erlebt hatten, und an die seidig schimmernde Gegenwart des mütterlichen Einhorns. Wie lange war das her.
Der pulsierende Schmerz ging im Rhythmus des Rittes unter, und ich beschäftigte mich noch einmal mit der Auseinandersetzung. Gérard zu verstehen war nicht schwierig, hatte er mir seinen Verdacht doch offen dargelegt und mir eine Warnung zukommen lassen. Doch störte mich sein Eingreifen in einem dermaßen ungünstigen Augenblick nach Brands Verschwinden, daß ich hierin nur einen weiteren Versuch sehen konnte, mich entweder aufzuhalten oder völlig aus dem Verkehr zu ziehen. Mein Glück, daß Ganelon zur Stelle, bei Kräften und in der Lage gewesen war, seine Fäuste im richtigen Augenblick an die richtige Stelle zu setzen. Ich fragte mich, wie sich Benedict verhalten hätte, wenn wir nur zu dritt gewesen wären. Ich ahnte, daß er gewartet und vielleicht erst im letzten Augenblick eingegriffen hätte, um zu verhindern, daß Gérard mich umbrachte. Unser Verhältnis stimmte mich noch nicht glücklich, wenn es auch gegenüber dem früheren Zustand eine klare Verbesserung darstellte.
Meine Gedanken führten mich schließlich zu der Frage, was aus Brand geworden war. Waren Fiona
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