Die Prinzen von Amber
mich. Und auf was? Ich beförderte das Juwel. Mit welchem Ziel? Zuerst hatte ich angenommen, seine Kräfte würden beim entscheidenden Konflikt benötigt. Wenn das der Fall war und wenn ich tatsächlich der einzige war, der sie einsetzen konnte, stand es schlecht um uns. Dann dachte ich an Amber und spürte tiefe Reue und eine Art Angst. Amber durfte niemals ein Ende finden, niemals. Es mußte einen Weg geben, das Chaos zurückzudrängen ...
Ich warf einen kleinen Stein fort, mit dem ich herumgespielt hatte. Als ich ihn losgelassen hatte, bewegte er sich nur sehr langsam.
Das Juwel. Wieder machte sich sein Verlangsamungseffekt bemerkbar ...
Ich entzog ihm Energie, und der Stein wirbelte davon. Es wollte mir scheinen, als hätte ich erst vor kurzem neue Kraft aus dem Juwel geschöpft. Diese Behandlung beflügelte zwar meinen Körper, doch mein Geist blieb vernebelt. Ich brauchte Schlaf – und Träume. Dieser Ort mochte mir weitaus weniger ungewöhnlich vorkommen, wenn ich erst ausgeruht war.
Wie weit noch bis zu meinem Ziel? Lag es schon hinter der nächsten Bergkette, oder eine gewaltige Strecke entfernt? Und welche Chance hatte ich, meinen Vorsprung vor dem Unwetter zu halten? Und die anderen? Was war, wenn die große Schlacht bereits geschlagen war und wir verloren hatten? Mich plagten Visionen, daß ich zu spät käme, daß ich nur noch als Totengräber wirken könne ... Knochen und Nachrufe, Chaos ...
Und wo war die verdammte schwarze Straße, wo ich sie nun endlich gebrauchen konnte? Wenn ich sie ausfindig machte, konnte ich ihr folgen. Ich hatte das Gefühl, daß sie sich irgendwo links befinden mußte ...
Wieder schickte ich meine Sinne aus, teilte die Nebelschwaden, ließ sie zurückwallen ... Nichts ...
Eine Gestalt? Eine Bewegung?
Es war ein Tier, vielleicht ein großer Hund, der den Versuch machte, in der Deckung des Nebels zu bleiben. Wollte er sich anschleichen?
Das Juwel begann zu pulsieren, als ich den Nebel noch weiter zurückdrängte. Freistehend schien das Tier sich zu schütteln. Dann kam es direkt auf mich zu.
8
Als das Wesen in meine Nähe kam, stand ich auf. Es war ein Schakal, ein großes Tier, das mir starr in die Augen blickte.
»Du kommst ein wenig früh«, sagte ich. »Ich habe nur gerastet.«
Das Wesen lachte leise. »Ich wollte mir lediglich einen Prinzen von Amber ansehen«, sagte das wilde Tier. »Alles andere wäre nur ein Bonus.«
Wieder lachte es. Ich tat es ihm nach.
»Dann laß deine Augen Mahlzeit halten. Versuche etwas anderes – und du wirst feststellen, daß ich doch ausgeruht bin.«
»Nein, nein«, gab der Schakal zurück. »Ich bin ein Anhänger des Hauses von Amber. Und des Hauses aus dem Chaos. Königliches Blut reizt mich, Prinz des Chaos. Und Konflikte.«
»Du hast mir da eben einen ungewöhnlichen Titel gegeben. Meine Verbindung zu den Höfen des Chaos ist lediglich eine Frage der Abstammung.«
»Ich denke an die Bilder Ambers, die sich durch die Schatten des Chaos bewegen. Ich denke an die Wogen des Chaos, die über die Bilder Ambers dahinschwömmen. Doch im Kern der Ordnung, für die Amber steht, bewegt sich eine höchst chaotische Familie, während das Haus des Chaos ruhig und ausgeglichen ist. Trotzdem habt ihr eure Bindungen wie auch Konflikte.«
»Im Augenblick interessiere ich mich nicht für das Aufspüren von Paradoxa und Begriffsspiele. Ich versuche, zu den Höfen des Chaos zu gelangen. Kennst du den Weg?«
»Ja«, sagte der Schakal. »Dein Ziel ist nicht mehr fern, in gerader Linie jedenfalls. Komm, ich zeig dir die Richtung.«
Das Tier machte kehrt und entfernte sich. Ich folgte ihm.
»Laufe ich zu schnell? Du scheinst müde zu sein.«
»Nein. Geh weiter! Es liegt gewiß hinter diesem Tal, habe ich nicht recht?«
»Ja. Es gibt da einen Tunnel.«
Ich folgte dem Schakal über Sand und Kies und trockenen harten Boden. Nichts wuchs hier. Mit der Zeit wurde der Nebel dünner und nahm eine grünliche Färbung an – vermutlich ein neuer Trick des gemaserten Himmels.
Nach einer Weile fragte ich laut: »Wie weit noch?«
»Nicht mehr weit«, lautete die Antwort. »Wirst du müde? Möchtest du rasten?«
Im Sprechen drehte sich der Schakal um. Das grünliche Licht ließ den häßlichen Kopf noch gespenstischer erscheinen. Aber ich brauchte einen Führer; außerdem gingen wir bergauf, was ich für richtig hielt.
»Gibt es Wasser in der Nähe?« wollte ich wissen.
»Nein. Wir müßten ein gutes Stück zurückgehen.«
»Vergiß es. Dazu
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