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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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sein Atemrhythmus veränderte, ging ich wieder langsamer.
    »Ich habe geschlafen«, sagte er.
    »... und geschnarcht«, fügte ich hinzu.
    »Wie weit habt Ihr mich getragen?«
    »Etwa zwei Meilen, würde ich schätzen.«
    »Und Ihr seid noch nicht müde?«
    »Ein bißchen«, sagte ich, »aber es ist noch nicht so schlimm, daß ich ausruhen müßte.«
    »Mon Dieu!«
sagte er. »Ich bin froh, daß ich Euch nie zum Feind gehabt habe. Seid Ihr sicher, daß Ihr nicht der Teufel seid?«
    »O ja, ganz sicher«, erwiderte ich. »Riecht Ihr nicht den Schwefel? Und mein rechter Huf brennt wie verrückt.«
    Er schnüffelte tatsächlich ein paarmal durch die Nase, bevor er zu lachen begann, was mich doch etwas kränkte.
    In Wirklichkeit hatten wir nach meiner Berechnung bereits über vier Meilen zurückgelegt. Ich hoffte, daß er wieder einschlafen würde und sich über die Entfernungen keine weiteren Gedanken machte. Meine Arme begannen zu schmerzen.
    »Was waren das für Männer, die Ihr umgebracht habt?« fragte ich.
    »Wächter des Kreises«, erwiderte er. »Aber es waren keine Männer mehr, sondern Besessene. Betet zu Gott, Sir Corey, daß ihre Seelen in Frieden ruhen.«
    »Wächter des Kreises?« fragte ich. »Was für ein Kreis ist das?«
    »Der schwarze Kreis – der Ort der Schlechtigkeit, ein Ort voller widerlicher Ungeheuer ...« Er atmete tief ein. »Der Quell der Krankheit, die auf diesem Land liegt.«
    »Mir scheint die Gegend nicht besonders krank zu sein«, sagte ich.
    »Wir sind fern von jenem Ort, und Ganelons Macht ist für die Eindringlinge noch zu groß. Doch der Kreis breitet sich aus. Ich spüre, daß die entscheidende Schlacht eines Tages hier ausgetragen wird.«
    »Ihr habt meine Neugier geweckt.«
    »Sir Corey, wenn Ihr nichts davon wißt, wäre es besser für Euch, wenn Ihr meine Worte schnell wieder vergeßt, um den Kreis einen Bogen macht und Eures Weges zieht. Zwar täte ich nichts lieber, als an Eurer Seite zu fechten, doch dies ist nicht Euer Kampf – und wer vermag zu sagen, wie die Auseinandersetzung endet?«
    Der Weg begann sich hangaufwärts zu winden. Durch eine Lücke zwischen den Bäumen sah ich plötzlich eine ferne Erscheinung, die mich stocken ließ und meine Erinnerung auf einen anderen ähnlichen Ort richtete.
    »Was ...?« fragte mein Schützling und drehte sich um. Dann rief er aus: »Ihr seid ja viel schneller vorangekommen, als ich ahnte! Das ist unser Ziel, die Burg von Ganelon!«
    Und da dachte ich an Ganelon, an
einen
Ganelon. Ich sehnte diese Gedanken nicht herbei, doch ich konnte nichts dagegen tun. Er war ein gemeiner Mörder und Verräter gewesen, und ich hatte ihn vor vielen Jahrhunderten aus Avalon verstoßen. Ich hatte ihn durch die Schatten in eine andere Zeit und an einen anderen Ort verbannt, so wie es mein Bruder Eric später mit mir getan hatte. Ich hoffte, daß ich ihn nicht gerade hier abgesetzt hatte. Das war zwar nicht anzunehmen, doch immerhin möglich. Zwar war er ein Sterblicher mit begrenzter Lebensspanne, und ich hatte ihn vor etwa sechshundert Jahren aus jenem Reich verbannt, doch schien es möglich, daß nach den Gegebenheiten dieser Welt erst wenige Jahre vergangen waren. Auch die Zeit ist eine Funktion der Schatten, und selbst Dworkin kannte sich nicht hundertprozentig damit aus. Vielleicht aber doch. Vielleicht war er gerade deswegen wahnsinnig geworden. Das größte Problem mit der Zeit ist meiner Erfahrung nach die Notwendigkeit, sie zu durchleben. Jedenfalls hatte ich das Gefühl, daß dieser Mann nicht mein alter Feind und früherer Vertrauter sein konnte, denn
der
hätte sich zweifellos keiner Woge der Schlechtigkeit widersetzt, die sich über das Land auszubreiten drohte. Jener Mann wäre mitten in den Kreis vorgedrungen und hätte sich mit den widerlichen Ungeheuern verbündet, davon war ich überzeugt.
    Probleme bereitete mir auch der Mann, den ich in den Armen hielt. Sein Doppelgänger hatte zur Zeit meines Exilspruchs in Avalon gelebt – und dieser Umstand deutet darauf hin, daß der Zeitsprung so ziemlich stimmen konnte.
    Ich hatte keine Lust, jenem Ganelon gegenüberzutreten, den ich aus früherer Zeit kannte, und womöglich von ihm erkannt zu werden. Er wußte nichts von den Schatten. Sein Wissen beschränkte sich auf die Erkenntnis, daß ich ihn mit Schwarzer Magie beeinflußt hatte, als Alternative zur Hinrichtung – und obwohl er diese Alternative überlebt hatte, mochte der Weg für ihn schlimmer gewesen sein als der schnelle

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