Die Prinzen Von Irland
töricht es auch war und wie auch immer
die Konsequenzen aussähen, er musste ihnen beistehen. Er zog sein Schwert und
ritt im Schritt in den dunklen Wald hinein.
Die
Äste über ihm ließen das Sternenlicht nicht durch. Die Bäume zu beiden Seiten
ragten hoch empor. Angestrengt lauschte er auf Hufschläge oder auf eine
Bewegung im Wald, doch da war nichts. Nur Stille. Der Weg krümmte sich.
Plötzlich geriet sein Pferd ins Stolpern, und Walsh konnte nur mit Mühe einen
Sturz verhindern. Er fragte sich, wie weit ihm die anderen voraus wären und ob
er rufen sollte.
Das
Knacken im Unterholz zu seiner Rechten kam so plötzlich, dass er nicht einmal
Zeit hatte, einen Gedanken zu fassen; ein Pferd sprang auf den Weg und stieß
beinahe mit ihm zusammen. Unwillkürlich schlug John mit seinem Schwert in die
Richtung, wo der Reiter sein musste, doch die Klinge traf ins Leere. Er wandte
sich rasch um, um erneut zuzuschlagen. Aber wie sollte man in der pechschwarzen
Nacht kämpfen, wenn man ebenso gut hätte blind sein können?
Er hob sein Schwert und schlug zu. Dieses Mal saß der Schlag. Metall traf
klirrend auf Metall, und er verspürte einen heftigen Ruck im Arm. Er zuckte
zurück; ein glühender Schmerz flammte in seinem Handgelenk auf. Das Schwert in seiner
Hand wurde plötzlich schwer, doch wieder holte er zu einem neuen Schlag aus.
Es
krachte. Der Schlag fuhr so hart in den unteren Teil der Klinge, dass ihm sein
Schwert geradewegs aus der Hand glitt. Er winselte vor Schmerz. Sein Handgelenk
war in einem merkwürdigen Winkel abgeknickt, und er konnte es kaum noch
bewegen. Er hörte, wie sein Schwert zu Boden fiel. Er hatte gerade Zeit, sich
zu fragen, wo wohl sein Widersacher sei und ob er in der Dunkelheit etwas
erkennen könne, als er zu seinem Entsetzen spürte, wie eine Hand seinen Fuß
umfasste und ihn hochschob, so dass er aus dem Sattel kippte und mit einem
kräftigen Schlag zu Boden stürzte. Während der spitze Schmerz in seinem halb
verdrehten Handgelenk nun wie ein Dolch den Arm durchfuhr, tastete er vergebens
mit der anderen Hand nach seinem Schwert, das neben ihm liegen musste. Da hörte
er eine Stimme über sich auf Irisch sagen: »Ihr seid geschlagen, John Walsh.«
Er
versuchte aufzuschauen und antwortete in derselben Sprache: »Ihr wisst meinen
Namen. Aber wie heißt Ihr?«
»Ein
Name, der Euch nicht angenehm ist.«
Also
war es O’Byrne selbst. Walsh konnte zwar sein Gesicht nicht sehen, aber er
wusste es. Mit seiner linken Hand suchte er noch immer nach dem Schwert.
»Ihr
seid erledigt, John Walsh.«
Wie
Recht er hatte. John atmete tief durch und sagte: »Wenn Ihr mich töten wollt,
so tut es gleich.«
Er
erwartete den Schlag, aber der blieb aus. Er meinte ein leises Glucksen zu
hören.
»Ich
nehme Euer Pferd. Ein schönes Pferd habt Ihr. Ihr könnt zu Fuß nach Hause
gehen.« Walsh hörte, wie seinPferd, das O’Byrne bei den
Zügeln nahm, sich in Bewegung setzte.
»Wie
heißt es?«
»Finbarr.«
»Ein
guter irischer Name. Seid Ihr verletzt?«
»Ich
glaube, mein Handgelenk ist gebrochen.«
»Ach.«
O’Byrne machte sich zum Abritt bereit. Schmerzverzerrt kam Walsh auf die Beine.
Er konnte den Schatten der beiden Pferde den Weg entlangreiten sehen. Er
schaute ihnen nach. Dann rief er: »Was ist das für ein Spiel?«
Doch
die einzige Antwort, die er vernahm, war ein leises Lachen.
*
* *
Der Himmel war noch
dunkel, nur am östlichen Horizont hellte es kaum merklich auf; doch schon bald
würde die Dalkey–Insel aus der Dunkelheit auftauchen und Gestalt annehmen.
Michael
MacGowan blickte über das Wasser. Das letzte der drei Schiffe war schon wieder
weit draußen auf dem Meer. Die Arbeit war erledigt.
Dahinter
stand ohne Frage eine brillante Organisation und er war stolz darauf. Alle
Bewohner Dalkeys waren in dieser Nacht emsig damit beschäftigt gewesen,
womöglich die größte Ladung, die der kleine Hafen je gesehen hatte, zu löschen.
Fässer mit Wein, Ballen feinen Tuchs, Kisten randvoll mit Gewürzen. Und nicht
ein einziges Stück war ins Wasser gefallen!
Bei
Morgengrauen war alles verstaut. Einige Güter lagerten in Doyles befestigtem
Haus; aber MacGowan hatte auch andere, geheime Verstecke vorbereitet. Jeder
Wagen und jede Karre des Orts war im Einsatz. Tom Tidys Transportmittel hatten
sich ebenfalls als nützlich erwiesen; seine unerwartete Rückkehr aus Dublin am
Tag zuvor hatte dazu geführt, dassein weiterer großer
Fuhrwagen zur Verfügung stand, mit dem MacGowan
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