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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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schützen. Er
war sehr diskret gewesen. Nicht einmal seiner Frau gegenüber hatte er Tidy
erwähnt. Sollte Tidy also sein Geheimnis niemand anderem offenbart haben, wäre
er in Sicherheit.
    Er
spürte einen Stupser an seinem Ellenbogen.
    »Horch.«
Walshs Stimme, sehr leise neben ihm.
    Pferde.
Irgendwo da draußen vor dem Tor. Auch Harold hörte sie jetzt: gedämpfter
Hufschlag, ein Schnauben. Wie viele waren es? Unmöglich zu sagen. Nicht weniger
als ein Dutzend, dachte er; doch ebenso gut könnten es hundert sein. Nun war
der Moment also da. O’Byrne war gekommen. »Lasst die Männer aufsitzen«,
flüsterte Walsh. »Ich halte weiter Ausschau.« Harold eilte von der Mauer und
hörte Schritte, die sich dem Tor näherten. Brachten sie Leitern, umdie Mauer zu erklimmen? Kurz darauf lief er durch den Burghof,
wisperte den Befehl aufzusitzen, und einer seiner Männer rief leise: »Fackeln.«
    Sie
waren bestens vorbereitet. Niemand sprach ein Wort. Selbst die Pferde schienen
zu wissen, dass sie ruhig sein mussten. Die Männer am Tor hatten ihre Befehle.
Die Fußsoldaten warteten im Burgsaal. Alle trugen zwei Fackeln, die sie nun an
der großen Kohlenpfanne entzündeten. Auf Befehl würden sie hinausrennen und
jedem Reiter eine Fackel übergeben; dann würden sie entweder nach oben jagen,
um die Mauern zu verteidigen, oder aber hinter der Kavallerie zum Tor
hinausstürmen. Walsh würde das Signal geben.
    Harold
wartete unterdessen. Er führte die berittenen Männer an, und er wäre der Erste,
der zum Tor hinauskäme. Er spürte, wie sein Pferd bebte, und klopfte ihm sanft
auf den Hals. Noch immer versuchte er zu hören, was draußen geschah. Doch es
drang kaum etwas durch die Burgmauern hinein. Er schaute nach oben, wo Walsh
gestanden hatte. Er dachte, er könne seine dunkle Gestalt erkennen, aber er war
sich nicht sicher.
    Das
plötzliche Krachen gegen das Tor hatte alle überrascht. Harolds Pferd bäumte
sich so heftig auf, dass Harold beinahe heruntergefallen wäre.
    »Ein
Sturmbock.« Walshs ruhige, aber entschiedene Stimme von der Mauer. »Macht Euch
bereit.«
    »Bringt
die Fackeln«, befahl Harold leise. Einen Augenblick später tauchten die Lichter
zu seiner Rechten auf und strömten auf die Reiter zu.
    Ein
zweites Krachen. Das Tor erzitterte, und man hörte das Holz splittern.
    »Noch
einer«, rief Walsh, und Harold gab den Männern am Tor Zeichen. Alle Reiter
hielten nun eine Fackel in der Hand, er auch. »Die Mauern sind klar!«, rief
Walsh. Es gab eine kurze Pause.
    Und
schon ließ ein dritter Stoß das Tor erbeben.
    »Jetzt!«,
schrie Harold.
    Die
Angreifer draußen verfügten nicht über einen richtigen Sturmbock, der an
Seilschlingen aufgehängt wäre, sondern nur über einen großen dicken Pfahl, den
sie unter großen Mühen mehrere Male gegen das Tor gerammt hatten. Und sie waren
gerade einige Schritte zurückgewichen, um zum vierten Stoß anzusetzen, als sich
plötzlich das bis dahin verbarrikadierte Tor öffnete und die Kavallerie mit
gleißenden Fackeln herausgaloppierte und mitten in sie hineinstürmte. Die Angreifer
erschraken über diesen Anblick, ließen den Sturmbock fallen und stoben in die
Dunkelheit davon.
    Harold
ritt voran. Überall waren Fackeln, stießen durch die Luft, zuckten hin und her.
In ihrem aufblitzenden und flackernden Licht erschienen die Angreifer wie
flüchtige Schatten. Schwerter rasselten aneinander; Metall prallte auf Metall. Irgendwo
vorn brüllte eine Stimme: »Wir sind vernichtet.«
    Doch
so schnell sollte die Angelegenheit nicht erledigt sein. Das Terrain war
uneben. Harolds Pferd wäre beinahe gestrauchelt. Die Fackel in seiner Hand
sorgte zwar für Licht, aber sie blockierte auch seine freie Hand. Harold
brachte sein Pferd zum Stehen und schaute sich um. Er hörte hinter sich Walshs
Stimme näher kommen. Die rennenden Fußsoldaten konnte er erkennen, aber wo
waren die Reiter? Die Fackel erleuchtete zwar alles, was sich in unmittelbarer
Nähe befand, doch außerhalb ihres hellen Scheins war kaum etwas zu sehen. Und
doch glaubte er, ein wenig voraus die verschwommenen Umrisse von Männern zu
Pferde auszumachen. Mit kräftigem Schwung schleuderte er die Fackel in hohem
Bogen m die Luft, in Richtung dieser Gestalten vor ihm.
    * * *
    Das erste Flackern
war kurz vor Mitternacht zu sehen. Wie eine winzige Nadelspitze, ein Flimmern
über dem Wasser.
    Eine
Kerze in einem Glasgehäuse – bescheiden, aber wirkungsvoll. Das Licht kam von
der Spitze der Dalkey–Insel. Fast

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