Die Prinzen Von Irland
sollte. »Wenn er zu dir kommt
und dich um Rat fragt, was er wahrscheinlich tun wird, musst du ihm unter einem
Vorwand dringend abraten, jemandem davon zu erzählen«, hatte Doyle MacGowan
instruiert. »So kommt er nicht im Traum darauf, dass du ihn hereingelegt hast.
Und wenn, was du mir über seinen Charakter erzählt hast, stimmt, dann geht
unser Freund ohnehin zu den Behörden.«
Und
diese Vermutung hatte sich als richtig erwiesen. Die Behörden glaubten
wirklich, es drohe ein Überfall auf Carrickmines; die Schwadron wurde
abgezogen; und die Küste war wieder frei für die illegale Unternehmung. Doch
hierbei ließ es Doyle noch nicht bewenden. Um die Sache überzeugend wirken zu
lassen, erklärte er MacGowan: »Wir brauchen einen Überfall auf Carrickmines.«
Nur
ein Mann mit Doyles großem Einfluss konnte so etwas arrangieren – selbst
MacGowan erfuhr nicht, wie es eingefädelt worden war –, doch O’Byrne wurde eine
Nachricht überbracht, und der Handel war perfekt. Der irische Stammesführer
würde mitten in der Nacht einen Überfall auf die Burg ausführen und dafür
sorgen, dass seine Männer die Verteidiger weit von Dalkey weglocken würden.
O’Byrne hatte der Plan offenbar amüsiert, und er wurde bestens entlohnt. In der Tat musste ein recht großer Betrag aus dem
Gewinn des Schmuggels dafür geopfert werden, aber Doyles Vorbereitungen waren
mittlerweile so weit gediehen, dass er keinen Rückzieher mehr machen wollte.
Der Ire wurde vor der Gefahr, die von Harold und der Schwadron ausging, gewarnt,
doch das Risiko bei dieser Unternehmung erhöhte für ihn nur den Reiz. »Auf
jeden Fall werden meine Jungs in der Nacht verschwinden«, hatte er gesagt. Er
selbst hatte das dunkelhaarige Mädchen gebeten, es solle an der Burg und im Hafen
herumstrolchen. »Ich habe ihr eingeschärft, sie solle darauf achten, dass man
sie sieht«, hatte er Doyle gesagt.
Und
so war alles vereinbart worden. Selbstverständlich trat Doyle nie in
Erscheinung. Da er ja in Dublin war, könnte er leugnen, auch nur das Geringste
von der Geschichte gewusst zu haben; und MacGowan hatte die Gewissheit, sollte etwas
schief laufen, würde Doyle ihm, ehe die Männer des Justiziars ihn verhaften
könnten, ein sicheres Versteck besorgen, im Notfall auch außerhalb Irlands.
*
* *
Seit dem nächtlichen
Überfall verlief das Leben auf der Burg Carrickmines ziemlich ruhig. Der Plan,
O’Byrne vernichtend zu schlagen, war gescheitert. Obwohl die Suche in den
Vorbergen bis in den Tag hinein fortgedauert hatte, war es allen Angreifern
gelungen, in der Dunkelheit zu entkommen. Harold und seine Reitergruppe hatten
sich schließlich im Morgengrauen mit leeren Händen in den Wäldern oberhalb von
Glendalough wieder gefunden. Das Unternehmen war misslungen. Doch verstrich
nicht einmal eine Woche, bis es zum Erfolg umgedeutet wurde. »Denen haben wir
einen schönen Schrecken eingejagt. Diese Lektion werden sie so schnell nicht
vergessen.« Solche Sprüche kamen Dublinern schnell über die Lippen.
Walsh
sagte nichts. Er ahnte, dass es eine List gewesen war, so etwas wie ein Betrug,
ohne dass er genau wusste, woriner bestand.
Offensichtlich hatte O’Byrne gewusst, dass die Truppen ihn erwartet hatten. Als
Walsh die Sache weiter durchdachte, wurde ihm klar: O’Byrne und wer auch immer mit
ihm zusammenarbeitete, hatten gewollt, dass alle verfügbaren militärischen
Kräfte sich in Carrickmines zusammenzogen. Und von wo waren die Truppen
gekommen? Aus Dublin, von Harold’s Cross und aus Dalkey. Soweit er wusste, war
an keinem dieser Orte etwas passiert; je mehr er aber darüber nachdachte, umso
mehr konzentrierte sich sein Verdacht auf Dalkey. Vielleicht würde er es nie
erfahren, aber er würde sich erinnern und wachsam in die Zukunft blicken. Das
Leben an der Grenze, dachte er zufrieden, war nie langweilig.
Drei
Wochen waren seit dem Überfall auf die Burg vergangen, als John Walsh auf einem
Ritt durch die Vorberge das schwarzhaarige Mädchen wieder sah. Sie lag auf
einem Felsen in der Sonne. Offenbar war sie eingeschlafen. Ihr langes dunkles
Haar hing in Kaskaden seitlich über den Stein. Als sie die Hufe hörte, sprang
sie auf und warf John Walsh einen wütenden Blick zu, auf den er nur mit einem
Lächeln reagierte. Es amüsierte ihn, dass diese flinke kleine Gestalt seine Cousine
war. Als sie schon davonrennen wollte, rief er ihr hinterher:
»Ich
habe eine Nachricht für dich.«
»Ihr
habt mir nichts zu sagen«, schrie sie trotzig
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