Die Prinzen Von Irland
ursprünglich nicht gerechnet
hatte. Alles in allem hätten die Dinge kaum besser laufen können. Aber die
Sache mit Tidy war nervenaufreibend gewesen. Wäre er hier geblieben, hätte er
womöglich alles verdorben. Denn selbstverständlich wusste Tom Tidy, obwohl er
nun schon geraume Zeit in Dalkey lebte, nichts über Doyles geheime Geschäfte.
Als
Doyle es zu Wege gebracht hatte, zum water bailiff ernannt zu werden, gewöhnte er es sich an,
immer auch in seine Tasche zu wirtschaften.
Die
Waren, die Doyles Lagerhaus verließen, trugen alle seinen offiziellen Stempel,
der bestätigte, dass die Zollgebühren bezahlt worden waren. Doch ein Shilling
von zehn war direkt in seine Tasche statt in die Staatskasse gewandert.
Manchmal ließ er auch Waren stempeln und zum Selbstkostenpreis weiter nach
Bristol schicken, wo sie zollfrei gelöscht werden konnten. Diese Vorgehensweise
war zwar beschwerlich, doch er hatte sie ein, zwei Mal angewandt, um Verwandten
oder Freunden, mit denen er in dem englischen Hafen Handel trieb, einen
Gefallen zu erweisen.
Vielleicht
war es unvermeidlich, dass er eines Tages versucht sein würde, noch
weiterzugehen. Der Gedanke war ihm selbstverständlich schon in der
Vergangenheit gekommen, aber er hätte es wahrscheinlich nicht probiert, hätte
sich MacGowan nicht so geschickt im Umgang mit den Leuten von Dalkey erwiesen.
Als sich die Gelegenheit – eine wahrhaft großartige Gelegenheit – bot, hatte
MacGowan ihn davon überzeugt, dass er das Geschäft erfolgreich und sicher schaukeln
könne. Aber selbst dann hatte der mächtige Kaufmann noch gezögert. Die Risiken
waren hoch. Würde er bei seinem üblichen Abschöpfen der Zollgebühren erwischt
und ihm dies nachzuweisen wäre äußerst schwierig –, riskierte er wenig mehr als
eine Rüge und eine Zahlung an die Behörden. Er würde sicherlich nicht einmal
sein Amt verlieren. Doch dieser Schmuggel in großem Rahmen
war eine völlig andere Sache. Zuerst einmal bedeutete es, nicht nur seinen eigenen
Mann mit hineinzuziehen, sondern ganz Dalkey. Entdeckt zu werden hätte ernste
Konsequenzen: Verlust des Amtes, eine saftige Geldstrafe, vielleicht auch
Schlimmeres. Der Gewinn, der Zoll für drei ganze Schiffsladungen, wäre riesig. Aber
er war doch ohnehin ein reicher Mann und brauchte kein Geld. Warum also tat er
es?
Er
hatte sich selbst diese Frage gestellt, und er glaubte die Antwort zu wissen.
Es war das Risiko. Allein die Schwierigkeit und die Gefahr bei der Unternehmung
reizten ihn. Sicherlich hätten seine entfernten wikingischen Verwandten
dasselbe gefühlt. Es war schon lange her, dass der mächtige, dunkle Händler und
Stadtvater eine richtige Aufregung gehabt hatte. Dies war ein Abenteuer auf
offener See.
Die
Planung und Logistik waren beachtlich gewesen. Die drei Schiffe mussten von
verschiedenen Häfen kommen, sich an der Südküste Irlands treffen und dann
gemeinsam weitersegeln. Die Waren mussten in unglaublicher Geschwindigkeit bei
Dunkelheit entladen werden; und dann mussten sie versteckt und später zum
Verkauf auf verschiedene Märkte verteilt werden, ohne dass jemand Verdacht
schöpfte. Nachdem all diese Probleme gelöst waren, hatte sich eine weitere
Schwierigkeit ergeben – das plötzliche Auftauchen der Schwadron in Dalkey, die
die Küste bewachen sollte. MacGowan hatte schon vermutet, sie müssten ihre
Pläne aufgeben.
Er
war überrascht, als der Kaufmann ihm gelassen entgegnete: »Nein, ganz und gar
nicht.«
Doyle
hatte sich eher über die zusätzliche Herausforderung gefreut. Wie könnte er die
Schwadron dazu bewegen, aus Dalkey abzuziehen? Nur dadurch, dass er sie
überzeugte, dass der Feind, den sie suchte, woanders zuschlagen würde. Die Burg
von Carrickmines bot sich geradezu an. Die Genialität des Kaufmanns erwies sich
jedoch in der Art und Weiseder Ausführung. Es war
MacGowan, der ihn auf Tom Tidy gebracht hatte, als er ihn gewarnt hatte, dass
der Fuhrmann die einzige Person in Dalkey sei, die beim Schmuggel nicht mitmachen
werde. »Schon wenn er nur ahnt, was vorgeht, wird er sich schnurstracks an die
Behörden wenden«, hatte er Doyle eingeschärft. »Ich muss ihn eine Weile aus
Dalkey verschwinden lassen.«
»Dann
lass uns doch dafür sorgen, dass Tidy unsere Arbeit macht«, hatte Doyle zu dem
erstaunten jungen Mann gesagt. Es war Doyles Idee gewesen, dass jemand, wenn
Tidy in die Kirche zum Beten ginge, ihm folgen und er die Verschwörer bei ihrer
Planung des Überfalls auf Carrickmines belauschen
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