Die Prinzessin auf der Erbse
aufgenommen.“ Verena schüttelte sich. „Wo man doch weiß, dass sie die grässlichsten Krankheiten verbreiten. Wenn ich erst einmal Herrin in diesem Schloss bin, wird es damit vorbei sein. Aber bis dahin muss ich wohl so tun, als wäre ein Weib wie du mir willkommen. Ich werde nachher mit dir durch den Garten spazieren und wir werden so tun, als unterhielten wir uns ganz vortrefflich. Wehe, du kommst mir dabei zu nahe! Und wage es ja nicht, dem Prinzen zu wiederholen, was ich eben gesagt habe. Sonst werde ich dich des Diebstahls bezichtigen. Ich habe viel Geschmeide dabei und kann jederzeit etwas davon verschwinden lassen. Hast du mich verstanden?“
Riana hatte vor allem eines verstanden: Sie musste Prinz Richard unbedingt vor Verena warnen. Doch wie sollte sie das bewerkstelligen, ohne zu riskieren, dass sie mit Schimpf und Schande davongejagt wurde? Wer würde ihr glauben, wenn das Wort einer Prinzessin gegen ihres stand. Und falls sie dann einräumte, wer sie wirklich war, würde das ihre Glaubwürdigkeit erst recht erschüttern.
„Ja, Herrin“, sagte sie zähneknirschend.
So verbrachte sie den Vormittag an Verenas Seite und gab vor, mit ihr zu reden und sich zu amüsieren, während Verena mit falschem Lächeln neben ihr flanierte und ihren Sonnenschirm drehte. Endlich wurde es Verena zu heiß und sie kehrte ins Haus zurück.
Riana verzichtete auf das Mittagsmahl und ging in ihr Gemach. Emma war nicht da und als sie später kam, sprudelte sie so vor Lebenslust und Ausgelassenheit und schwärmte in den höchsten Tönen von „ihrem Johann“, dass Riana es nicht übers Herz brachte, ihr die Laune zu verderben, indem sie ihren Kummer mit ihr teilte.
Sie wartete, bis Emma wieder gegangen war, dann schlich sie durch die Gänge in der Hoffnung auf eine Eingebung, wie sie Verenas wahren Charakter enthüllen konnte. Doch alles, was sie mitbekam, war, dass Verena im großen Salon glockenrein zur Harfe sang und sich damit sicher noch mehr in das Herz des Prinzen stahl.
Am Vormittag stand Richard am Fenster und hatte sinnend in den Garten hinausgesehen, wo Riana und Verena spazieren gingen. Seine Gedanken waren nur um eine Frage gekreist: Wie weit konnte er bei Riana gehen? Sie war noch unerfahren, aber sie lernte schnell. Wäre es besser, sie langsam an den Schmerz heranzuführen oder sie schnell und gnadenlos damit vertraut zu machen? Sollte es ein Spiel sein oder Ernst? Ihre Unschuld hatte ihn von Anfang an ganz besonders gereizt. Diese Mischung aus Erstaunen und Entzücken, das ihr so leicht zu entlocken war. Die Lust auf neue Erfahrungen, von denen sie nie auch nur geträumt hatte. Er dachte an die letzte Nacht, in der er sie behutsam hatte entjungfern wollen, damit es für sie keine abschreckende Erfahrung wurde. Doch dann hatte er nicht anders gekonnt, als sie wild und leidenschaftlich zu nehmen. Und sie hatte reagiert wie jemand, der noch nie ein Pferd geritten hatte und dennoch im Galopp nicht hinunterfiel und genau wusste, wie er den Bewegungen des Tieres folgen musste. Ein Naturtalent, das war sie. Ja, er würde sie fordern, würde sich nicht mehr zurückhalten.
Er war gerade zu diesem Schluss gelangt, als König Ferdinand zu ihm ins Studierzimmer kam.
„Sieh an“, sagte er, als er sich zu ihm ans Fenster stellte. „Meine Tochter scheint Freundschaft mit Eurer Gespielin geschlossen zu haben. Ich hoffe, es stört Euch nicht, dass sie so unverkrampft im Umgang mit Untergebenen ist. Sie hat nun mal ein großes Herz.“
Solchermaßen aus den Gedanken gerissen, hatte Richard nichts zu erwidern gewusst.
Der König fuhr unbeirrt fort. „Ich bin so stolz auf meine Verena. Von all meinen Töchtern ist sie mir die liebste. Klug ist sie, aber nicht vorlaut. Bewandert in vielen Künsten. Sie malt für ihr Leben gern, wusstet Ihr das?“
„Nein“, gab Richard zu und hoffte, dass er bald wieder mit seinen Gedanken allein sein konnte, die gerade um einen Lederriemen kreisten, den er schon viel zu lange nicht mehr benutzt hatte.
Als Riana an diesem Abend das Gemach des Prinzen betrat, empfing er sie mit den Worten: „Es hat mir gefallen, dich in der ersten Nacht zu fesseln, darum werde ich es heute wieder tun.“
Sie nahm den Becher entgegen, den er ihr reichte, und trank einen Schluck Wein.
Er trug diesmal nicht den Morgenmantel, sondern eine schwarze Hose und ein weißes Hemd. Sein Augen waren noch dunkler, als sie sie in Erinnerung hatte.
Er deutete auf das Bett, auf dem einige zusammengerollte
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