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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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alte Mann verächtlich, »Man hat einfach für alle ihre Sex-Schinken dasselbe Programm genommen – trotzdem kommt die Qualität der Wortmaschine jedesmal durch, und der Name Ibsen oder sonstwer hat darauf gar keinen Einfluß. Autoren!« Die Falten auf seinem Gesicht vertieften sich. »Nach dem, was sie heute morgen gemacht haben, sollte man sie alle an eine Mauer stellen und erschießen! Amüsierparks in die Luft zu jagen und Eiskremfabriken zu vergiften ist da noch das geringste Übel! Die Regierung sagt, das alles sei nicht so schlimm, und morgen wird es heißen, alles ist in bester Butter, aber ich weiß doch, wenn man eine Riesenkatastrophe vertuschen möchte. Die Nachrichtensendungen zum Beispiel flackern dann immer in einem besonderen Hypno-Rhythmus. Haben Sie gehört, was die Autoren mit der SS Eins gemacht haben? Salpetersäure! Man sollte sie aufreihen und ihnen antun, was sie diesen Maschinen angetan haben! Den Burschen, die den SS Eins in der Mache hatten, müßte man Plastikröhren in den Hals rammen und …«
    »Liebling«, mahnte ihn die alte Dame. »Die Leute hier möchten gern ihr Essen genießen.«
    Gaspard, den Mund voller Hefesteak, lächelte und zuckte zugleich entschuldigend die Achseln und zeigte auf seine schwellende Wange.
    »Schon gut, Madam«, rief ihr Schwester Bishop zu. »Die Idee ist nicht schlecht – nur so bekommt man vielleicht dieses interplanetarische Tangfutter hinunter.« Sie wandte sich an Gaspard. »Wie sind Sie überhaupt in die Schriftstellergewerkschaft hineingekommen? Durch Heloise Ibsen?« fragte sie noch lauter, und als er sich verschluckte, kam sie hilfreich um den Tisch und klopfte ihm auf den Rücken. Der alte Mann starrte aufgebracht herüber.
    Trotz – oder wahrscheinlich gerade wegen dieses Zwischenfalls machte Gaspard seinen Annäherungsversuch sofort nach dem Essen, als sie wieder in einem Taxi saßen.
    »Nein«, sagte sie barsch, pflückte seine Hände von sich ab und warf sie ihm in den Schoß. »Sie haben gesagt, wir wollen essen und reden. Und dann essen und reden wir auch nur. Ich weiß wohl, was heute in Ihnen vorgegangen ist. Nach dem schweren Schlag sind Sie jetzt müde und fühlen sich verletzt und verloren, und Sie brauchen den Sex, so wie ein Baby seine Flasche braucht. Nun, heute wechsle ich keine Windeln oder Fontanellen mehr, soviel ist klar. Den ganzen Tag habe ich mit bösen alten Babys in Blechbüchsen verbracht, die mich in den Griff bekommen und mir ihre Ideen einimpfen wollten, und ich habe nicht die Absicht, das heute nacht auf physischem Gebiet fortzusetzen. Sie brauchen sowieso keine Frau, sondern eine Krankenschwester.«
    Gaspard schwieg beleidigt, bis sich das Automataxi blind auf vier Häuserblocks an ihre Anschrift herangetastet hatte. Dann sagte er: »Ich wurde Lehrlingsschreiber durch meinen Onkel, der Hohlleiter-Fachmann war.« Dann begann er Münzen in die Schlitze des Automataxis zu stecken.
    »So etwas hatte ich fast vermutet«, sagte Schwester Bishop und stand auf, als sich das Verdeck nach dem Fallen der letzten Münze öffnete. »Vielen Dank für das Essen und das Gespräch. Manchmal fällt einem selbst das blödeste Gerede schwer, besonders in meiner Gesellschaft, und Sie haben es wenigstens versucht. Nein, kommen Sie nicht mit bis an die Tür – es sind nur drei Meter, und Sie können ja aufpassen.« Sie stieg aus, und als ihre Wohnungstür sie überprüfte, erkannte und einließ, sagte sie: »Kopf hoch, Gaspard. Was kann denn eine Frau schon bieten, das im Wortschmalz nicht längst enthalten wäre?«
    Noch lange, nachdem sie verschwunden war, hing diese Frage wie von einem winzigen Himmelsschreiber hingezeichnet in der Luft. Sie deprimierte Gaspard vor allem deswegen, weil er für heute abend noch kein neues Taschenbuch gekauft hatte und auch nicht mehr in Stimmung war, nach einem offenen Laden zu su chen. Dann begann er sich zu fragen, ob ihre Bemerkung vielleicht andeuten sollte, daß ihm Frauen und Wortschmalz nur Wege in den Abgrund wären.
    Das Automataxi flüsterte: »Wohin, Mister, oder steigen Sie aus?«
    Vielleicht sollte er zu Fuß nach Hause gehen, überlegte er. Es waren ja nur zehn Häuserblocks. Tat ihm vielleicht gut. Ein seltsam morastiges Gefühl wallte in ihm auf – kalte, schmutzige schwarze Einsamkeit und Selbstverachtung und Sehnsucht nach Balsam für seine Seele – gleich, welcher Beschaffenheit. Verdammt, warum hatte er sich von Zane nicht die Adresse dieses Roboterpuffs geben lassen – oder wie

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