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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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Sie haben mehr Mut als ich – ich hatte nicht mal den Mumm, mich schwarz anzumalen, als St. Willi starb. Tief drinnen, in innerster Schaltung, bin ich immer ein Feigling gewesen. Schwester, Sie sind so tapfer, sagen Sie mir doch, kommt sich ein weibliches Wesen schrecklich gottlos vor, wenn sie Ehre und Anstand … und ihre Unschuld … für ein bloßes Vergnügen opfert – das eigene und das des Geliebten?«
    »He, das ist keine leichte Frage«, wandte Schwester Bishop ein, »aber ja, sie kommt sich durch und durch tintenschwarz verrucht vor. Das wollten Sie doch hö ren, nicht?«
    Draußen im Foyer setzte der dicke kleine Mini-Ligist, der sein Eis inzwischen aufgeschleckt hatte, eben zu einem zweiten entschlossenen Angriff auf Flaxman an, als Joe, der sich bisher den Kopf gekratzt hatte, plötzlich sagte: »Ich vergaß Sie zu fragen, Mr. Flaxman – seit wann arbeitet denn Clancy Goldfarb für die Regierung?«
    »Der alte Pirat, dieser Buchklau? Sie sind ja verrückt, Joe.«
    »Nein, Mr. Flaxman. Clancy und seine Burschen wieselten überall zwischen den Regierungsleuten herum, folgten ihnen durch das Haus und beteiligten sich an der Suche und an den Zerstörungen. Mit der Zeit verdrückten sie sich aber doch irgendwie.«
    Zane Gort kam die Rolltreppe herabgesurrt, die wieder einmal nicht funktionierte. Der Roboter trug immer noch Küken im Arm.
    »Ich muß leider melden«, sagte er, »daß ganze vierzig Prozent des noch nicht ausgelieferten Buchvorrats geklaut worden sind. Das Lager mit den Sexromanen ist völlig ausgeräumt.«
    Flaxman fuhr zusammen und wippte auf den Zehenspitzen.
    Der dicke kleine Mini-Ligist machte zwei Jungen ein Zeichen, sie sollten eine große schwarze Schachtel hinter ihm absetzen. »Lieber Sir …« begann er entschlossen.
    »Na, was stehen Sie hier noch herum, Zane Gort?« brüllte Flaxman los. »Schaffen Sie das Ei wieder in die Station und stöpseln Sie’s in seinen Stimmenschreiber! Gaspard! Bringen Sie den Gehirnen die dreißig neuen Rollen! Ich verlege das Schlußdatum für die Romane auf übermorgen vor! Keine Bummeleien mehr! Wer sich jetzt noch einmal entführen läßt, ist gefeuert! Das gilt auch für mich! Schwester Bishop! Schmollen Sie nicht da oben herum, kommen Sie runter! Ich möchte, daß Sie in die Station fahren und die Eier zu höchster Leistung anspornen – raspeln Sie ordentlich Süßholz! Und machen Sie etwas Adrenalinzeugs zurecht, damit wir Cullingham beleben können, wenn wir ihn dann wiederkriegen. Miß Rosa …«
    Er hielt inne und versuchte sich noch einen Befehl auszudenken.
    Küken sagte in das Schweigen: »Wofür halten Sie sich eigentlich, Mr. Flaxman, daß Sie glauben, die Schaffung großer Kunstwerke zu einem bestimmten Tag verlangen zu können?«
    »Halten Sie den Mund, Sie Blechflegel!« sagte Flaxman aufgebracht.
    »Sie sollten Ihre Zunge im Zaum halten«, erwiderte das Ei, »oder ich komme Ihnen aufs Dach. Ich bringe es fertig und sause durch Ihre Träume.«
    Flaxman wollte eine Erwiderung brüllen, klappte aber den Mund zu und musterte das Ei mit seltsamem Ausdruck.
    Der dicke Mini-Ligist glaubte seine Gelegenheit endlich gekommen und stürzte sich in seine kleine Ansprache.
    »Lieber Sir, wir sind Fans und treue Anhänger Ihrer Raumsport- und Weltall-Rekruten-Serie. Unsere Mondball-Mannschaft ist vom Fan-Präsidium ausersehen worden, dem Raketen-Verlag in Anerkennung seines hervorragenden Beitrages zum extraterrestrischen Sport und zur allgemeinen Weltraum-Fairneß den höchsten Preis zu überbringen, den das Präsidium überhaupt zu vergeben hat.«
    Er hob eine Hand. Die beiden Jungen hinter ihm öffneten die schwarze Schachtel. »Sie gewinnen –« er wandte sich um, griff in die Schachtel und hielt Flaxman mit plötzlicher Bewegung ein großes schimmerndes Oval entgegen, das – obwohl es ein wenig heller blinkte – genauso aussah wie Küken.
    Flaxman stieß einen erstickten Schrei aus. Das Oval traf ihn mit leisem Geräusch an der Brust und prallte seltsam ab.
    »– den Silbernen Mondball!« schloß der Mini- Ligist, als Flaxman bereits rücklings zu Boden gegangen war.

41

    Der Raketen-Verlag hatte sich für die Schlußphase des Schreibderbys der Silbereier herausgeputzt. Wenigstens hatte Gaspard ein Schild mit der Derbybezeichnung im großen Büro aufgehängt, Wächter-Joe hatte Klappstühle aufgestellt und ein paar Silbergirlanden gezogen, Engstrand hatte ein Büffet geliefert – und die Rolltreppe war wieder einmal munter in

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