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Die Propeller-Insel

Die Propeller-Insel

Titel: Die Propeller-Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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begeben, um seine Fahrt, etwa in der Höhe der Sandwich-Inseln, anzutreten. Eben befand es sich nahe der Küste von Nieder-Californien, als Calistus Munbar durch telephonische Mittheilung erfuhr, daß sich das Concert-Quartett nach der Abreise von San Francisco nach San Diego begeben wollte, und ihm der Gedanke kam, sich dieser hervorragenden Künstler für die Dauer der Reise sozusagen zu bemächtigen. Wir wissen schon, wie er das ausführte, wie er sie auf der, nur wenige Kabellängen von der Küste verankerten Schraubeninsel einschiffte, und wie in Folge seines gelungenen Streichs den Dilettanten von Milliard-City der Genuß einer vorzüglichen Kammermusik in Aussicht gestellt war.
    Das ist also jenes neunte Weltwunder, jenes des zwanzigsten Jahrhunderts würdige Meisterstück menschlichen Geistes, dessen unfreiwillige Gäste zwei Violinen, eine Bratsche und ein Violoncell sind und die Standard-Island nach den westlichen Theilen des Pacifischen Oceans entführt.
Sechstes Capitel.
Eingeladene…. Inviti.
    Wenn man auch annehmen darf, daß Sebastian Zorn, Frascolin, Yvernes und Pinchinat Leute waren, die über nichts erstaunten, so wurde es diesen doch schwer, in gewiß begründetem Unwillen dem Calistus Munbar nicht an die Kehle zu springen. Es soll Einer nur in dem Glauben leben, auf dem Boden des westlichen Amerika umherzuwandeln, und dann erkennen, daß man ihn aufs hohe Meer hinausbefördert! Man soll sich für einige zwanzig Meilen von San Diego entfernt halten, wo man am nächsten Tage zu einem Concert erwartet wird, und dann ganz schlankweg hören, daß man auf einer schwimmenden Insel immer weiter davon hinwegtreibt! Wahrhaftig, ein Ueberfall wäre zu verzeihen gewesen.
    Zu seinem Glücke hatte sich der Amerikaner einem solchen ersten Wuthausbruche zu entziehen gewußt. Sich die Ueberraschung oder richtiger die Verblüffung des Concert-Quartetts zunutze machend, verläßt er die Plattform des Thurmes, betritt den Fahrstuhl und ist damit vorläufig vor den Vorwürfen und etwaigen Handgreiflichkeiten der vier Pariser geschützt.
    »Solch ein Schurke! ruft das Violoncell.
    – Solch ein Unthier! fällt die Bratsche ein.
    – Oho… wenn wir’s ihm zu verdanken haben, ein reines Wunder kennen zu lernen… läßt sich die erste Violine vernehmen.
    – Du willst ihn doch nicht gar noch entschuldigen? meint die zweite Geige.
    – Hier giebt’s keine Entschuldigung, ruft Pinchinat, und wenn sich auf Standard-Island noch Gerechtigkeit findet, lassen wir ihn verdonnern, diesen Malefizkerl von Yankee!
    – Und wenns noch einen Henker giebt, brüllt Sebastian Zorn, dann lassen wir ihn aufknüpfen!«
    Um so schöne Vorsätze auszuführen, gilt es freilich zuerst, zum Niveau der Einwohner von Milliard-City hinab zu gelangen, da hundertfünfzig Fuß hoch in der Luft natürlich keine Polizei thätig ist. Das konnte ja in wenigen Augenblicken geschehen sein, wenn ein Abstieg möglich war. Der Fahrstuhl des Aufzugs ist aber nicht wieder herauf gekommen und nirgends findet sich etwas wie eine Treppe. Das Quartett befindet sich also auf der Höhe des Thurmes außer Verbindung mit der übrigen Menschheit.
    Nach dem ersten Ausbruche der Enttäuschung und der Wuth sind Sebastian Zorn, Pinchinat und Frascolin, die Yvernes seiner Bewunderung überlassen, endlich völlig still geworden und rühren sich nicht von der Stelle. Ueber ihnen flattert die Flagge an der langen Fahnenstange. Sebastian Zorn wandelt eine grimmige Lust an, die Hißleine zu durchschneiden und die Flagge wie die eines sich ergebenden Kriegsschiffes zu senken. Immerhin erscheint es besser, sich nicht in eine vielleicht schlimm auslaufende Geschichte einzulassen, und seine Kameraden halten ihn noch zurück, als er schon mit einem scharf geschliffenen Bowiemesser herumfuchtelt.
    »Achtung, wir wollen vor allem nicht uns ins Unrecht versetzen, mahnt der kluge Frascolin.
    – Du ergiebst Dich also in unsre elende, lächerliche Lage? fragt Pinchinat.
    – Das nicht… doch wir wollen sie nicht noch mehr complicieren.
    – Und unser Gepäck, das inzwischen nach San Diego unterwegs ist! bemerkt der Bratschist, die Arme kreuzend.
    – Und unser für morgen angesetztes Concert! ruft Sebastian Zorn.
    – Das geben wir durchs Telephon!« antwortet der erste Geiger, dessen Scherz nicht geeignet ist, die Reizbarkeit des kochenden Violoncellisten abzustumpfen.
    Das Observatorium nimmt, wie wir wissen, die Mitte eines großen Vierecks ein, an dem die Erste Avenue ausmündet.

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