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Die Propeller-Insel

Die Propeller-Insel

Titel: Die Propeller-Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Einzelhäuser und Wohnungen wurden zu gradezu fabelhaften Preisen vermiethet, so daß solche zuweilen mehrere Millionen übersteigen, denn nicht so wenige Familien waren in der beneidenswerthen Lage, derartige Summen alljährlich nur für ihr Unterkommen anzulegen. Die Company erzielte damit schon aus dieser einen Quelle einen Ueberschuß. Hiernach wird jedermann zugestehen, daß die Hauptstadt von Standard-Island den ihr beigelegten Namen mit Recht verdiente.
    Von jenen überreichen Familien abgesehen, giebt es hier mehrere hundert andre, deren Miethzins hundert. bis zweihunderttausend Francs beträgt und die sich mit solchen bescheidnen Verhältnissen begnügen. Die noch übrige Einwohnerschaft umfaßt dann Lehrer jedes Faches, Lieferanten, Angestellte, Dienstboten und Fremde, deren Zufluß nur gering ist und denen nicht gestattet wird, sich in Milliard-City oder sonstwo auf der Insel anzusiedeln. Von Advocaten giebt es nur wenige, wodurch auch Processe nur selten sind; Aerzte noch weniger, wodurch die Sterblichkeit auf eine lächerlich tiefe Stufe herabsinkt. Jeder Bewohner kennt übrigens sehr genau seine Constitution, seine am Dynamometer gemessene Muskelkraft, seine mittelst Spirometer festgestellte Lungencapacität (Athmungsgröße), die am Sphygmometer beobachtete Zusammenziehungsfähigkeit seines Herzens und endlich seine am Magnetometer ablesbare allgemeine Lebenskraft. In der Stadt giebt es übrigens weder Schankstätten, Cafés oder Restaurationen, überhaupt nichts, was den Alkoholismus befördern könnte. Niemals ist hier ein Fall von Dypsomanie – sagen wir für die des Griechischen nicht kundigen Leser: von Trunksucht – vorgekommen. Vergessen wir nicht anzuführen, daß der Stadt elektrische Energie, Licht, mechanische Kraft, Wärme, verdichtete und verdünnte, sowie kalte Luft, Druckwasser geliefert und ihr pneumatische Telegramme und telephonische Nachrichten durch öffentliche Werke übermittelt werden. Geht jemand mit Tode ab auf dieser Schraubeninsel, die jeder klimatischen Unbill entzogen und gegen jede Beeinflussung durch Mikroben geschützt ist, so geschieht das, weil man, wenn die früher aufgezognen Federn der Lebensmaschinerie nach langer, langer Zeit abgelaufen sind, doch eben einmal sterben muß.
    Auch Soldaten giebt es auf Standard-Island, nämlich eine Truppe von fünfzig Mann unter dem Befehle des Colonel Stewart, denn man durfte nicht außer Acht lassen, daß die weiten Gebiete des Stillen Oceans nicht immer sicher sind. In der Nachbarschaft gewisser Inselgruppen ist es ein Gebot kluger Vorsicht, sich gegen Ueberfälle durch mancherlei Seeräuber sicher zu stellen. Daß diese Miliz einen sehr hohen Sold bezieht und der gewöhnliche Mann sich besser steht, als ein höherer Officier im alten Europa, ist ja selbstverständlich. Die Anwerbung dieser Soldaten, die auf öffentliche Kosten untergebracht, ernährt und gekleidet werden, geht ohne Schwierigkeiten vor sich. Der gleich einem Krösus bezahlte Anführer der Truppe hat dabei nur die Qual der Wahl.
    Auf Standard-Island existiert auch eine Polizei – nur einige schwache Rotten, die aber völlig hinreichen für die Sicherheit einer Stadt in der keine Ursache vorliegt, diese Sicherheit gestört zu sehen. Es bedarf ja stets besondrer Genehmigung der obersten Verwaltungsbehörde, um sich hier häuslich niederzulassen. Die »Küsten« sind Tag und Nacht durch eine Abtheilung Zollbeamter überwacht. Nur in den Häfen ist eine Landung überhaupt möglich. Wie sollten Uebelthäter also Eingang finden? Was etwa Leute beträfe, die sich erst hier Ungebührlichkeiten zu Schulden kommen ließen, so würden solche kurzer Hand verhaftet, abgeurtheilt und im Westen oder Osten des Großen Oceans irgendwo an der Neuen oder Alten Welt ausgesetzt werden, so daß sie nach Standard-Island niemals zurückkehren könnten.
    Wir bedienten uns des Ausdrucks: Die Häfen von Standard-Island; deren giebt es in der That zwei, und zwar an beiden Enden der kurzen Durchschnittslinie des Ovals, das die Schraubeninsel bildet. Der eine heißt Steuerbord-, der andre Backbordhafen, entsprechend den im Seewesen gebräuchlichen Bezeichnungen.
    Auf keinen Fall ist eine Unterbrechung der regelmäßigen Zufuhren zu befürchten. Das kann nicht vorkommen, weil jene Häfen auf einander entgegengesetzten Seiten liegen. Sollte nun der eine in Folge schlechter Witterung unzugänglich sein, so steht doch der andre den Schiffen offen, die die Insel also bei jeder Windrichtung

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