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Die Prophezeiung der Seraphim

Die Prophezeiung der Seraphim

Titel: Die Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mascha Vassena
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gleichzeitig bekämpfen zu können. Sie schloss die Augen und beschwor ein Licht herauf, das die Cherubim in Furcht versetzen sollte, damit sie sich von Fédéric abwandten – doch wieder gelang es ihr nicht, das magische Licht zu beschwören. Verzweifelt hämmerte Julie gegen die Mauer. Wozu besaß sie diese Gabe, wenn sie versagte, sobald es darauf ankam!
    Unter ihr lärmte immer noch Dazaar wie ein tollwütiger Wolf.
    Julie, er kommt gleich frei!
    Sie musste weiter, für Fédéric konnte sie nichts tun. Außer Atem erreichte sie die letzte Treppenstufe. Hier, hoch über den Baumkronen, spendete der Mond ausreichend Licht, und sie blieb abrupt stehen. Die Treppe endete im Nichts. Von der oberen Plattform des Wachturms war nur noch das Gebälk vorhanden, die Mauerkrone war an einer Seite ganz weggebrochen. Ein kühler Wind wehte ihr entgegen. Es war ganz still, die Geräusche des Kampfes drangen nicht bis hier herauf.
    Ich kann nirgendwo hin! So musste sich eine Maus fühlen, die die Katze in die Enge getrieben hatte. Ihr schoss durch den Kopf, dass sie aufgeben sollte. Fédéric war wahrscheinlich inzwischen tot, Nicolas und Javier mochten sich etwas länger behaupten, aber gegen die Übermacht der Cherubim würden auch sie nicht bestehen können.
    Songe, was soll ich tun? Doch die Katze antwortete nicht.
    Julie sah nach oben, wo der Mond hing, bleich und teilnahmslos. Und erblickte Alis. Das Kalokardos glitt mit weit ausgebreiteten Schwingen lautlos durch die Luft. Dazaars Brüllen kam näher und erneut bebten die Mauern. In wenigen Augenblicken würde der Cherub bei ihr sein! Julie setzte sich auf einen der Balken und obwohl ihr Rock sie behinderte, schob sie sich Stück für Stück zur gegenüberliegenden Mauerkrone hinüber. Unter ihr gähnte das leere Innere des Wachturms. Zitternd und mit letzter Kraft erreichte sie die andere Seite, zog sich hinauf und stand vorsichtig auf. Die Mauer war zwar dick, aber hier oben war es windig, und eine starke Bö würde sie in die Tiefe stürzen lassen. Das Kalokardos zu rufen, wagte sie nicht, doch dann fiel ihr ein, dass sie das nicht musste.
    Alis! Ich bin auf dem Turm!
    Das Tier bog den Hals und flog eine enge Kurve. Julie jubel te innerlich, doch dann sah sie sich um: Alis konnte nirgendwo landen.
    Flieg seitlich von mir an den Turm heran, ich versuche, auf deinen Rücken zu springen!
    Alis kam in Spiralen immer tiefer, während Julie ganz zum Rand trat und ihre Hände nach ihm ausstreckte, da wurde sie plötzlich unter den Armen gepackt und nach oben gerissen. Arme, hart wie Stein, hielten sie umfangen, ein modriger Geruch stieg in ihre Nase, und über sich fühlte sie mächtige Schwingen schlagen. Julie schrie, aus Wut und aus Angst, und hämmerte auf den Unterarm des Cherubs ein, der sie so fest an seine Brust drückte, dass sie kaum atmen konnte. Doch Dazaar beachtete ihre Gegenwehr nicht.
    In Sekundenschnelle stiegen sie in die Höhe. Julies Haare flatterten im Wind, unter ihnen wurde die Landschaft immer kleiner. Weitere Cherubim gesellten sich zu ihnen, zwei von ihnen setzten sich vor Julie und ihren Entführer, sodass sie in der Mitte einer Formation flogen.
    Plötzlich tauchte unter ihnen etwas Helles auf. Weiße Schwingen leuchteten im Mondlicht. Alis schoss nach vorne, flog dann einen Bogen und kam Julie und den Cherubim auf gleicher Höhe entgegen. Auf seinem Rücken saß jetzt Fédéric, eine lodernde Fackel in der Hand.
    Sie schrie erneut, diesmal, um Fédéric zu warnen. Er und Alis waren den Cherubim hoffnungslos unterlegen. Nun spürte sie keine Angst mehr um sich selbst, nur noch um Fédéric. Er flog in seinen Tod, wenn er versuchte, sie zu retten. Doch er wich nicht von seinem Kurs ab. Die Fackel in seiner Faust beleuchtete sein entschlossenes Gesicht und den zusammengepressten Mund. Immer näher kamen er und Alis, ohne sich vom wolfsartigen Geheul der Cherubim beeindrucken zu lassen. Kurz bevor das Kalokardos zwischen die vorderen Cherubim stieß, legte Fédéric seinen Zeigefinger an den Mund. Wollte er ihr bedeuten, zu schweigen? Doch dann blies er eine Flüssigkeit in die Flammen: die beiden vordersten Cherubim wurden von einem zweigeteilten Feuerstrahl verschlungen und stürzten in einem glühenden Wirbel in die Tiefe.
    Fédéric lenkte Alis nach oben, und Julie verlor sie kurz aus dem Blickfeld. Zwei weitere Ungeheuer stießen vor und nahmen den Platz dicht vor Julie ein, ihre Flügel wehten Verwesungsgestank in ihr Gesicht, doch ihr einziger

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