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Die Prophezeiung der Seraphim

Die Prophezeiung der Seraphim

Titel: Die Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mascha Vassena
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Wachs in seinen Händen.«
    Ruben verfolgte den Schlagabtausch und wunderte sich, weshalb die Comtesse den Herzog nicht einfach bezirzte. Er kam zu dem Schluss, dass sie das Ganze genoss, so wie eine Katze es genießt, mit der Maus zu spielen.
    »Ach, die leidige Politik!«, seufzte sie nun. »Wir sind hier, um sie für eine Weile zu vergessen. Darf ich Euch meinen neuen Schützling vorstellen?«
    Erst jetzt schien der Herzog Ruben zu bemerken, der etwas hinter der Comtesse gestanden hatte. Sein Unterkiefer begann zu zittern, und es dauerte einige Sekunden, bis er sich gefasst hatte. »Ich bin Jean-Charles de Marmande. Es freut mich außerordentlich, dass Ihr den Weg in mein Haus gefunden habt. Ihr ähnelt ganz außerordentlich meinem verstorbenen Sohn …« Seine Stimme brach, dann straffte er sich und fuhr fort: »Und wie darf ich Euch ansprechen, junger Freund?«
    »Ruben …«
    »Ruben Levarre«, sagte die Comtesse schnell, und Ruben verneigte sich, wobei er ihr einen Seitenblick zuwarf. Beinahe unmerklich nickte sie ihm zu und sprach weiter. »Der junge Mann ist ein begeisterter Naturforscher, ebenso wie Ihr. Er würde sich geehrt fühlen, wenn Ihr ihm Eure wertvolle Mineraliensammlung zeigtet.«
    »Jugendliche Wissbegierde soll man fördern, wo man ihr begegnet.« Der Herzog hatte seine Haltung wiedergefunden. »Und ich denke, man kann hier für eine Weile auf meine Anwesenheit verzichten.«
    Mit einer Geste forderte er Ruben auf, ihn zu begleiten. Als dieser noch einmal über die Schulter blickte, nickte die Comtesse ihm wieder aufmunternd zu, und so folgte er de Marmande durch mehrere repräsentative Räume. Der Herzog plauderte und erläuterte Details der Architektur, aber Ruben fühlte sich unwohl. Weshalb sollte der Herzog nicht wissen, dass er Savéans Sohn war? Er wusste nicht, welche Rolle ihm zugedacht war und fürchtete, einen Fehler zu begehen, sobald er den Mund öffnete.
    Nach einiger Zeit hielten sie vor einer rot lackierten Tür, die der Herzog mit einem Schlüssel öffnete, den er an einer Uhrkette aus der Tasche zog.
    »Mein Allerheiligstes«, sagte er und sah Ruben dabei an, als wollte er seinen Anblick geradezu aufsaugen. »Diese Ähnlichkeit …, außerordentlich …«, murmelte er, während er ihm die Tür aufhielt.
    Das Kabinett war kostbar, aber spärlich möbliert, mit einem großen Schreibtisch und deckenhohen Schubladenschränken an allen Wänden, davor eine Leiter, mit der man auch die oberen Fächer leicht erreichen konnte. Der Herzog begann, Schubladen aufzuziehen und trug einige flache Kästen zum Schreibtisch. Ruben trat zögernd näher und betrachtete die Steine, von denen jeder in einem eigenen, samtbeschlagenen Abteil ruhte.
    »Verzeiht«, sagte de Marmande, »aber seid Ihr Euch bewusst, in welch gefährlicher Gesellschaft Ihr Euch aufhaltet?«
    »Was meint Ihr damit?« Ruben sah nicht auf, sondern beugte sich weiter über die Mineralien.
    »Ich würde mich eher in ein Vipernnest setzen, als dieser Frau zu vertrauen.« Der Herzog schnaubte. »Bei all ihren Intrigen hat sie nur ihren eigenen Vorteil im Sinn. Und wenn sie Euch protegiert, Monsieur Levarre, solltet Ihr Euch fragen, welchen Preis sie verlangen wird.«
    Ruben zitterte innerlich vor Zorn, doch es gelang ihm, äußerlich ruhig zu bleiben. »Ich glaube nicht, dass Ihr das beurteilen könnt«, entgegnete er so herablassend wie möglich. »Bisher habe ich von ihr nur Gutes erfahren.«
    »Dann wünsche ich Euch, dass es so bleibt, junger Freund.« De Marmande legte ihm kurz die Hand auf die Schulter, dann wechselte er das Thema und erklärte Ruben Herkunft und Eigenschaften der Mineralien. Ab und zu hielt er jedoch inne und starrte Ruben an. Dieser war nur zu froh, als endlich Elisabeth d’Ardevon in der Tür erschien.
    »Ich habe Euch vermisst«, sagte sie leichthin und betrat das Kabinett. De Marmande schien die Störung nicht zu gefallen, seine Mundwinkel zogen sich herab.
    »Ruben, wir müssen leider schon gehen. Wartet doch in der Kutsche auf mich, während ich kurz mit unserem Gastgeber spreche.«
    »Ich wüsste nicht, was wir noch zu besprechen hätten«, sagte de Marmande kühl.
    »So einiges, Monsieur, ich werde Euch gleich von Eurer Unwissenheit befreien.« Sie wandte sich an Ruben: »Nun geht schon, Ihr würdet Euch nur langweilen. Ich komme gleich nach.«
    Ruben nickte, obwohl er sie ungern mit dem Herzog allein ließ, der ihr offensichtlich feindlich gesinnt war. Deshalb ging er zwar hinaus, ließ aber die

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