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Kleine Luegen erhalten die Liebe

Kleine Luegen erhalten die Liebe

Titel: Kleine Luegen erhalten die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
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August 2006
Ibiza
    Die Stille draußen vor der Bar hallt in meinem Kopf nach wie das verzögerte Echo einer einzelnen Gitarrensaite. Die Luft ist warm und feucht, und sie riecht nach Meersalz und diesen Blumen, die überall zu wachsen scheinen und deren duftige, pinkfarbene Blüten wie Cancan-Röckchen sind.
    Ich streife meine Schuhe ab, bevor ich die Steinstufen zum Sand hinuntergehe. Er ist noch warm und zuckerweich nach einem weiteren glühend heißen Tag. Hinter mir kann ich noch das Dröhnen der Musik hören – Bum! Bum-bum! –, und vom Strand dringt leises Lachen zu mir herüber. Laserstrahlen durchschneiden den Himmel über mir.
    Ich gehe jetzt schnell auf das Meer zu. Der Mond steht noch hoch am Himmel wie ein fetter Kürbis und wirft sein perlmuttfarbenes Licht aufs Wasser, aber ihm bleibt nicht mehr viel Zeit, denn die Nacht wird bald vergangen sein. Und dann kommt der Morgen eines weiteren brandneuen Tages.
    Ich mache mir nicht die Mühe, meine Kleider auszuziehen, sondern wate einfach so ins Meer hinein. Das Wasser ist herrlich kühl an meinen Beinen, meinem Bauch und meiner Brust, und jetzt schwimme ich schon hinaus und auf das Licht zu.
    Und es ist schön. So schön. Das kühle Wasser, der samtene schwarze Himmel. Zu meinen beiden Seiten ragen die Klippen auf und glitzern im Mondlicht wie riesige Edelsteine. Das Wasser tanzt mit einer Million Nadeln weißen Lichts um mich herum. Es erinnert mich an Musik, an lebendige Noten aufPapier, und jede Faser meines Körpers prickelt vor Vergnügen, so sehr, dass ich kurz innehalten und Atem schöpfen muss.
    Und dann gleite ich mit langsamen, entspannten Zügen unter dem Wasser dahin wie eine Meerjungfrau. Nur bin ich keine Meerjungfrau, da mein weißes Kleid sich so aufgebläht hat, dass ich wie eine riesige, sich ständig verwandelnde Qualle aussehen muss, eine schimmernde Kugel inmitten der See; allein, aber nicht einsam. Wunschlos glücklich. Ich schwimme noch weiter hinaus, streife die Träger meines Kleides ab und schlüpfe heraus, als streifte ich eine Haut ab. Und plötzlich bin ich völlig frei, das Kleid in meiner Hand treibt neben mir her, und das Wasser streichelt jeden Zentimeter meines Körpers. Noch immer kann ich das Dröhnen der Musik an Land hören, und wenn ich den Kopf unter Wasser halte, auch das Pochen meines Herzens. Ich drehe mich auf den Rücken und lasse mich treiben, als wäre ich vollkommen gewichtslos. Ich stelle mir vor, dass die Sterne winzige, nadelfeine Löcher sind, Fenster in ein anderes Universum, eine Welt, in der die Menschen auch tanzen und lachen, doch ohne zu wissen oder sich darum zu scheren, wo ein Tag endet und ein neuer beginnt. Und dann fangen sie an, die kleinen Explosionen tief in meinem Bauch, winzige Blasen Licht, die sich einen Weg zu meiner Kehle und aus meinem Mund heraus bahnen, und ich schreibe mir ins Gedächtnis, dass es DAS ist, wie es sich anfühlt. Zum ersten Mal in meinem Leben weiß ich, dass es das ist.
    Das Leben hat mir so viel mehr gegeben, als ich je gedacht hätte. Freunde, die ich heiraten könnte und für die ich sterben würde. Was habe ich getan, um das zu verdienen? Ich stelle sie mir vor, tanzend wie die in der Welt über mir; ein großartiges Universum tanzender Menschen und ich in der Mitte, tanzend in der See. Ich denke an ihn dort in der Bar an Land, wo er jetzt wahrscheinlich auch gerade tanzt und die Arme in dieLuft wirft, ganz in die Musik versunken. Er entlockt mir ein Lächeln, der Gedanke an das Grinsen in seinem Gesicht und an seine schönen, mandelförmigen Augen.
    Ich schnelle durch das Wasser, schlage Purzelbäume und kann den Tang spüren, der meine Haut liebkost. Der Mond wirft irisierende Lichtstrahlen ins Wasser, was sich anfühlt, als schösse Elektrizität durch meine Beine.
    Ich müsste mir eigentlich winzig klein hier draußen vorkommen, doch so ist es nicht. Mir ist, als wäre ich größer als je zuvor und jede Zelle meines Körpers zum Platzen aufgefüllt. Ich denke an das grüne Bett tief unter mir und den kuppelförmigen Himmel über mir und stelle mir vor, ich schwebte dazwischen, festgehalten inmitten von alledem. Ein winziges, in der Umlaufbahn herumwirbelndes Wesen.
    Die Musik ist inzwischen verstummt, sodass die einzigen Geräusche nur noch die der Wellen und meiner Atemzüge und Bewegungen sind und sich alles ganz wundervoll und richtig anfühlt.
    Über mir erlöschen einer nach dem anderen die Sterne. Die Nacht weicht dem Tag. Jeden Moment wird ein

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