Die Psychotherapie der Hildegard von Bingen
den Blick auf die herrlichen Werke ihrer Arbeit und auf Gott richten …
Die Verzweiflung verletzt den Leib des Menschen und tötet seine Seele. Sie meint, dass Gottes Hilfe nichts taugt. Dabei redet sie sich selbst ein: ›Was hat Gott mir schon Gutes getan? Ich werde doch nur von ihm in den Tod geführt!‹«
Die göttliche Macht der Hoffnung zerstört den Irrlauf des Menschenherzens, in dem sich auf tödliche Weise die Verzweiflung festgesetzt hat, denn Gott jagt die Verzweiflung heraus, weil kein Mensch mit ihr glücklich werden kann.
Destruktive Worte und Bild der Verzweiflung
Die Verzweiflung wird allegorisch wie eine fallende Frau mit verschleiertem Kopf dargestellt. Auch der übrige Körper ist in schwarze Kleider gehüllt. Vor ihren Augen erscheint ein brennender schwefelspeiender Vulkan, der links und rechts von ihr mit Getöse in die Finsternis stürzt. Hinter ihrem Rücken kracht und poltert ein grauenhaftes Gewitter. Davon aufs äußerste erschreckt, wirft die Gestalt unter Zittern und Klagen ihre Arme und Hände in die Luft und schreit, indem sie vollständig in ebenjene Finsternis eintaucht:
»Ich bin total verzweifelt, wer kann mich trösten? Wer kann mir beistehen und mich aus diesem Schlamassel herausziehen? … Was bleibt mir noch? Nur der Tod! Ich habe keine Freude mehr am Leben, nicht einmal Trost in der Sünde, denn ich habe meinen Glauben in das Gute der Menschen verloren.«
Aus dem Unglauben wächst die Verzweiflung, sie folgt ihm auf Schritt und Tritt, weil der Unglaube der beste Nährboden für die Verzweiflung ist. Das Misstrauen vertraut weder sich selbst noch anderen, sondern tut so, als gäbe es keine Hoffnung. Wir sehen es als Frauengestalt in Schwäche und Ohnmacht, weil sie sich nicht trösten will. Daher tritt sie auch nicht sieghaft und triumphierend auf, sondern sie hastet wortlos durchs Leben. Ihren Kopf hat sie schwarz verschleiert, und auch am ganzen übrigen Körper ist sie schwarz gekleidet. Ihre Absichten sind ängstlich und kraftlos. Sie umhüllt sich mit Furcht und Verzweiflung sowie Unentschiedenheit, und ihr ganzes Getue bleibt fruchtlos. Ihr fehlt die Kraft zur Freude und der Glanz des Lichts. Sie umgibt sich nicht mit der Herrlichkeit der glückstrahlenden Hoffnung, sondern sucht in der Verzweiflung eine Ausflucht.
Heilende Worte und Bild der Hoffnung
Die Hoffnung antwortet der Verzweiflung und zeigt dem Menschen einen anderen Platz in unserer Seele. Sie nennt ihn »Gottes Reich«, in dem die Verzweiflung machtlos ist:
»O Verzweiflung, du bist der Zunder des Bösen, du bist der Nährboden der Laster. Du weißt ja noch nicht einmal, wie gut Gott zu dir ist. Dir kann keiner helfen, weil du das Leben und das Gute überall, nur nicht bei Gott suchst … Gott hat doch den Himmel, die Erde und alle Werte geschaffen und selbst das Böse unter seinen Befehl gestellt. Alle großen Werke gehen von ihm aus, und auch der Triumph über das Böse kommt von ihm. Warum stellst du dir immer schon das Unglück vor, bevor es überhaupt eingetreten ist? … Alle Geschöpfe richten sich nach dem Willen Gottes, nur das Böse winkt ab und widerspricht. Es wurde in die Finsternis verbannt, wo es keinen Schaden mehr anrichten kann.
Daher soll jeder, der etwas Großes erreichen will, sich auch immer nur Glück und Erfolg vorstellen.
Gott ist das höchste Gut und lässt keine gute Tat unbelohnt. Die Hoffnung hilft Gott und spricht: ›Ich sitze mit großer Freude am Throne Gottes und umarme hoffnungsvoll alle seine Werke. Ich bringe alles zu einem guten Ende und gewinne so die ganze Welt und die Menschen … Das ängstliche Wesen hat kein Gottvertrauen. Warum tust du das? In deiner Vorstellung herrschen immer nur Misere und Misserfolg, die dir noch nicht einmal zustoßen, so verlierst du dabei bereits in deiner Kindheit die Kraft für das Leben.‹«
Organische Auswirkungen der Verzweiflung
Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung führen zur Erkrankung des autonomen Nervensystems in der Region der Lendenwirbelsäule, ganz speziell mit Schäden am zweiten Lendenwirbel. Diese Nerven stimulieren den Ischias, die Oberschenkelmuskulatur und die Beckenorgane. Weiterhin aktivieren sie über die Reflexbahnen nicht nur die Verdauung, sondern auch Leber, Galle, Bauchspeicheldrüse, die Nieren und Sexualorgane. Autoaggressionskrankheiten an diesen Organen gehen auch auf das Konto der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung.
Vom Ursprung der Verzweiflung
In den »Dämonen« (Stressoren) sieht
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