Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)
g ra b en. Er träumt, d ass er au f wacht un d a ll es um ihn schwarz ist. Er weiß nur, wo er ist, wei l eine schwere Last au f seine Brust d rückt un d er kaum g enu g Lu f t b ekommt, um zu schreien. Norma l erweise wacht er au f , wenn er versucht zu schreien. Dann merkt er, d ass er in seiner Ka j üte in d er Hän g ematte schauke l t. Er ist in ka l ten Schweiß g e b a d et un d sein Pa p a g ei mustert ihn misstrauisch mit seinem einen schwarzen Au g e. Un d d ann sa g t Wi ll iam sich, wenn er ir g en d wann b estattet wir d , d ann au f See.
Auch nachdem er den Zettel wieder zusammengefaltet und in die Vordertasche seines Rucksacks gesteckt hatte, war er noch immer ganz in der Geschichte gefangen. Zach kritzelte Bilder an die Ränder seines Hefts, zeichnete Entermesser, abgefeuerte Gewehre und Kronen neben seine Geometrie-Hausaufgabe und die Daten der Schlacht am Wounded Knee.
Im letzten Sommer war auch Zach das Mysterium widerfahren, das Jungen wie Bohnenkraut in die Höhe schießen ließ. Er war immer schon groß gewesen, doch jetzt hatte er seinen Vater beinahe eingeholt und konnte mit seinen neuen Riesenhänden den Basketball viel besser fangen. Auch seine Beine waren so lang geworden, dass er im Sprung fast das Netz berühren konnte. Im Vorjahr hatte er sich auf dem Spielfeld noch zurückgehalten, doch jetzt stürmte er es jedesmal regelrecht.
Plötzlich sahen ihn alle in der Schule mit anderen Augen. Die Jungs wollten häufiger mit ihm abhängen, schlugen ihm auf den Rücken und lachten lauter über seine Witze. Und die Mädchen benahmen sich einfach total seltsam.
Sogar Alice verhielt sich ihm gegenüber manchmal sonderbar. Im Beisein ihrer Schulfreundinnen redete sie nicht mehr wie sonst mit ihm, sondern kicherte genauso verlegen wie alle anderen. Erst an diesem Nachmittag war er nach dem Training Alice und einigen Mädchen aus der Theatertruppe begegnet. Laut lachend und kreischend waren sie davongestoben, ehe er Alice fragen konnte, was so lustig war oder ob sie mit ihm nach Hause gehen wollte.
Deshalb fühlte er sich an diesem Spätsommertag auf dem Heimweg ein bisschen einsam und ließ den Teppich welker Blätter bei jedem Schritt aufstieben. Er wusste nicht, was er sonst tun sollte, damit es wieder ein bisschen war wie früher. Er konnte sich schließlich nicht in den zurückschrumpfen, der er mal gewesen war.
Ein unheimlicher Wind pfiff durch die dicht verzweigten Bäume vor Mr Thompsons altem Haus am Ende der Straße. Es hörte sich an, als würde jemand stetig näher kommend in weiter Ferne kreischen. Zach beschleunigte sein Tempo, ging schneller und schneller und kam sich dabei kindisch vor. Ihm kribbelte der Nacken, als wäre, was immer da kam, ihm schon so dicht auf den Fersen, dass er den Hauch seines Atems spüren konnte.
Auf einmal überkam ihn eine schreckliche Angst. Sie war überwältigend und er rannte los, obwohl er sich idiotisch vorkam, und hetzte über den Rasen auf ihr kleines Backsteinhaus zu. Um nicht in vollem Lauf gegen die Haustür zu knallen, fing er sich mit den Händen ab, schnellte zurück und riss sie auf.
Es roch warm und tröstlich nach Spaghettisoße und Würstchen in der Pfanne, was sogleich alle Gedanken an den unheimlichen Wind vertrieb.
Seine Mutter streckte den Kopf aus der Küche. Sie trug eine Jogginghose und hatte ihr langes braunes Haar mit Haarspangen nach hinten gebunden. Sie sah müde aus. »Gleich gibt es Abendessen. Du kannst schon mal mit den Hausaufgaben anfangen, ich rufe dich dann, wenn es fertig ist.«
»Okay«, sagte Zach. Als er durchs Wohnzimmer ging, kam sein Vater die Treppe herunter. Er legte eine Hand schwer auf seine Schulter.
»Du bist kein Kind mehr«, sagte er, eine dieser seltsamen Bemerkungen, die Erwachsene offenbar manchmal gerne machten, die Offensichtliches konstatierte und auf die man nichts erwidern konnte.
Seit sein Vater wieder eingezogen war, sagte er ständig so ein Zeug.
»Vermutlich.« Zach schüttelte seine Hand ab und ging nach oben in sein Zimmer.
Er warf den Rucksack aufs Bett, ließ sich bäuchlings danebenplumpsen und holte das Sozialkundebuch heraus. Er las das aufgegebene Kapitel und machte dann mit den Interpunktionsaufgaben weiter. Dabei schlüpfte er aus seinen Turnschuhen und ließ sie auf den Boden fallen. Er konnte sich kaum konzentrieren. Sein Magen knurrte wie verrückt und der Essensduft machte das Ganze erst recht zur Qual. Das Training war anstrengend gewesen und er hatte wirklich
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