Die Pyramide: Im Zeichen des Orion (German Edition)
Du kommst doch wieder? Du verlässt uns doch nicht?“
„Natürlich komme ich wieder,“ sagte ich und drückte in fest an mich.
Kurt hörte mich schweigend und scheinbar desinteressiert an. Er zuckte die Achseln, und ich buchte meinen Flug. Am frühen Nachmittag landete ich in Shannon bei strahlend sonnigem Wetter. Als ich das Flugzeug verließ, schlug mir eine feuchtwarme von Flugzeugabgasen geschwängerte Luft entgegen, die mir den Atem nahm. Brian begrüßte mich am Ausgang.
„Menschenskind,“ rief ich,
„bin ich hier auf Mallorca gelandet?“
Er grinste.
„So einen Oktober haben wir noch nie gehabt. Wir überlegen, ob wir Palmen pflanzen sollen.“
Er fuhr uns zu einem großen Supermarkt, damit ich mich mit Vorräten eindecken könne. Es war heiß und stickig. Ich konnte kaum denken und war unschlüssig, was ich denn nun einkaufen solle. Schweißgebadet kam ich endlich aus dem Laden. Brian verstaute unsere Einkäufe in seinem Kofferraum, und ich setzte mich erleichtert auf den Beifahrersitz. Mit geöffneten Fenstern fuhren wir langsam durch die grüne hügelige Landschaft, die ich so liebte. Es roch nach Herbst. Moder und Verwesung lagen in der Luft. Wir fuhren durch viele kleine Ortschaften. Die Menschen arbeiteten in ihren Gärten, werkelten an ihren Häusern, standen auf den Straßen und schwatzten. Kinder spielten und stolze Mütter fuhren ihren Nachwuchs spazieren. Diese friedlichen Bilder verursachten in mir Ekel. Mir grauste vor der Kleinbürgeridylle, hörte förmlich, wie sie ihre nichtssagenden Gespräche über ihre belanglosen Probleme führten, wie sie Interesse und Teilnahme am Geschick ihrer Mitmenschen heuchelten, um anschließend wichtigtuerisch Sensationelles zu Klatsch und Tratsch beitragen zu können. Warum zum Teufel hatte ich mich ausgerechnet hierher geflüchtet? Neben mir saß Brian und erzählte, stellte Fragen, sah mich besorgt an und stellte fest, dass ich mich sehr verändert hätte. Ob denn alles in Ordnung sei; wann immer er und Sheila mir helfen könnten, ich solle mich unbedingt an sie wenden. Ich fühlte, dass ich in meinen Gedanken ungerecht gewesen war und schämte mich. Was konnten all diese braven Leute dazu, dass sie nicht wie ich schwere Schuld auf sich geladen hatten, sondern ihr beschauliches Leben mit seinen gewöhnlichen Alltagsproblemen führten?
Brian brachte mich zu dem kleinen Cottage, wo Sheila auf uns wartete. Sie hatte das Haus gereinigt, gelüftet, Blumen auf den Tisch gestellt und begrüßte mich sehr herzlich. Das vertraute Bild: Tee stand auf dem Stövchen und herrliche duftende Scones standen bereit. Wir setzten uns und langten zu. Einen Moment lang war ich glücklich, fühlte mich zu Hause, wohl und geborgen. Nein, es war richtig herzukommen. Hier würde ich in Ruhe mein Leben überdenken und zu einem Entschluss kommen können. Als Sheila und Brian sich verabschiedeten und ich allein in dem Haus war, in dem ich mit meiner Familie eine so schöne Zeit verbracht hatte, überkamen mich wieder die verzweifelten Gedanken, die schwarze Unsicherheit und das beklemmende Gefühl der Ausweglosigkeit.
Ich räumte meine Vorräte ein, packte meinen Koffer aus und versuchte, es mir wohnlich zu machen. Morgen würde ich sofort anfangen, meine Geschichte niederzuschreiben. Dann würde ich klarer sehen. Morgen! Aber beim Aufwachen waren meine Glieder schwer, mein Körper schmerzte und mein Kopf drohte zu zerplatzen. Die Sonne schien, es war absolut windstill; feuchte, warme Luft nahm mir den Atem. Ich sehnte mich nach dem Sturm, der mich packte und Kopf und Seele entlüftete. Ich wollte das Meer sehen, ich wollte, dass es tobte, Gischt hochspritzte; ich wollte seinen salzigen Geschmack auf den Lippen spüren. Langsam und müde schleppte ich mich den Hang hinauf. Auf meinem Felsen angekommen, musste ich enttäuscht feststellen, dass das Meer keine Bewegung zeigte. Es lag da spiegelglatt, am Fuß der Felsen, keine Gischt, nur ein kleiner weißer sich kräuselnder Faden. Über mir ein makelloser blauer Himmel. Es bot sich ein Bild von absoluter Schönheit, die mir wehtat und Schmerzen in meiner Brust verursachte. Ich ließ mich nieder und streckte mich lang aus ins warme Gras, schloss die Augen und versuchte an nichts zu denken. Dann schlief ich ein. Als ich wieder wach wurde, dachte ich, ich sollte einfach hier liegen bleiben, in den Himmel gucken und an nichts denken. Schließlich rappelte ich mich hoch. Vielleicht würde körperliche Bewegung
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