Die Rache
merkwürdiger, Routineeinsatz gewesen war, wurde plötzlich zu einer überaus bedrohlichen Affäre.
»Fass mich nicht an, Elf«, sagte eine Stimme. Eine zischende Koboldstimme. Scalenes Stimme. Aber wie war das möglich? Die Lippen des Generals hatten sich nicht bewegt.
Root fuhr erschrocken zurück, dann riss er sich zusammen.
»Was geht hier vor?«
In Hollys Nacken kribbelte es. Ihr Polizisteninstinkt warnte sie. »Was es auch sein mag, es wird uns nicht gefallen. Wir sollten verschwinden, Commander, sofort.«
Root sah nachdenklich aus. »Die Stimme kam aus seiner Brust.«
»Vielleicht hat er sich operieren lassen«, sagte Holly. »Kommen Sie, nichts wie weg hier.«
Der Commander streckte die Hand aus und schlug Scalenes Umhang zur Seite. Um die Brust des Generals war ein Metallkasten geschnallt. Er maß etwa dreißig Zentimeter im Quadrat, und in der Mitte war ein kleiner Bildschirm eingebaut. Auf dem Bildschirm zeichnete sich ein dunkles Gesicht ab, und das Gesicht sprach.
»Ah, Julius«, sagte es mit Scalenes Stimme. »Ich wusste, dass Sie kommen würden. Sein berühmtes Ego würde es Commander Root nicht erlauben, im Hintergrund zu bleiben. Die Falle war so offensichtlich, und Sie sind direkt hineingelaufen.«
Die Stimme gehörte eindeutig Scalene, aber der Tonfall und die Wortwahl passten nicht. Sie waren zu gepflegt für einen Kobold. Gepflegt und merkwürdig vertraut.
»Nun, ist der Goldtaler schon gefallen, Captain Short?«, sagte die Stimme. Sie veränderte sich, glitt in ein höheres Register. Sie gehörte nicht mehr zu einem Mann, nicht einmal mehr zu einem Kobold.
Die Stimme gehört einer Frau , dachte Holly. Einer Frau, die ich kenne. Das Gesicht auf dem Bildschirm wurde heller. Es war ein schönes und böses Gesicht. Die Augen funkelten vor Hass. Opal Koboi. Der Rest ihres Kopfes war von Bandagen verhüllt, aber die Gesichtszüge waren nur allzu deutlich erkennbar.
Holly gab sofort eine Meldung durch. »Foaly, wir haben eine Notsituation. Opal Koboi ist frei. Ich wiederhole: Opal Koboi ist frei. Die ganze Geschichte ist eine Falle. Sperr den Bereich weiträumig ab und schick die Zauberersanitäter her. Es wird garantiert Verletzte geben.«
Das Gesicht auf dem Bildschirm lachte, dass die winzigen Wichtelzähne wie Perlen schimmerten. »Reden Sie, so viel Sie wollen, Captain Short. Foaly kann Sie nicht hören. Mein kleines Gerät hat Ihre Übermittlung genauso leicht blockiert wie Ihren Seeker-Sleeper und den Materialscan, den Sie vermutlich vorgenommen haben. Aber Ihr kleiner Zentaurenfreund kann Sie sehen. Seine geliebten Linsen habe ich ihm gelassen.«
Sofort zoomte Holly Opals Bildschirmgesicht heran. Wenn Foaly die Wichtelin sah, würde er sich den Rest schon zusammenreimen.
Wieder lachte Koboi. Sie schien sich bestens zu amüsieren.
»Oh, sehr gut, Captain. Sie waren schon immer ein helles Köpfchen. Relativ gesehen, versteht sich. Sie zeigen Foaly mein Gesicht, und er löst Alarm aus. Tut mir Leid, Sie zu enttäuschen, Holly, aber dieses Gerät besteht komplett aus Tarnstahl. Das Einzige, was Foaly sieht, ist ein leichtes Interferenzschimmern.«
Tarnstahl war für Raumschiffe entwickelt worden. Er absorbierte jegliche unterirdisch oder oberirdisch bekannte Art von Wellen oder Strahlen und war somit für alles außer dem bloßen Auge unsichtbar. Und er war unglaublich teuer in der Herstellung. Allein das Bisschen, was für Kobois Gerät nötig gewesen war, hatte mit Sicherheit eine Lagerhalle voll Gold gekostet.
Root straffte die Schultern. »Die Lage ist ungünstig für uns, Captain. Ich befehle Rückzug.«
Holly verspürte keine Erleichterung. So einfach würde Opal Koboi es ihnen nicht machen. Sie würde sie garantiert nicht ohne weiteres hinausspazieren lassen. Wenn Foaly es schaffte, sich in die Terminalcomputer einzuklinken, schaffte sie es genauso.
Opals Lachen verwandelte sich in ein nahezu hysterisches Kreischen. »Rückzug? Wie überaus taktisch von Ihnen, Commander. Sie sollten wirklich mal Ihren Wortschatz erweitern. Was kommt denn als Nächstes? In Deckung?«
Holly zog einen Klettverschluss an ihrem Ärmel auf, unter dem sich eine gnomische Tastatur befand. Mit schnellen Bewegungen klickte sie die ZUP-Verbrecherdatenbank an und rief Opal Kobois Datei auf ihr Helmvisier.
»Opal Koboi«, sagte Corporal Fronds Stimme. Die ZUP nahm Frond immer für Audioinformationen und Ausbildungsvideos. Sie war glamourös und elegant, mit blonden Zöpfen und drei Zentimeter langen
Weitere Kostenlose Bücher