Die Rache der Zwerge
Aufbäumungen des Sees faszinierten. »Erzähl ihm von der Alb-Insel.« Flira gab ihm einen leichten Klaps an den Hinterkopf. »Wer hat dich denn zu uns Erwachsenen gerufen? Erzähl du es ihm doch.«
»Eine Alb-Insel? Ihr habt es geschafft, meine Neugier zu wecken«, lachte Rodario. »Ich bin ganz Ohr, Ormardin.« Er nippte an seinem Becher und wartete, was der Junge ihm für ein Märchen auftischte. Ormardin grinste und begann.
»Vor fünf Zyklen, kurz bevor der Stern der Prüfung aufging, strich eine Bande Albae durch das Geborgene Land, ausgesandt von den Unauslöschlichen, um eine neue, sichere Bleibe zu finden.
Sie kamen nach Weyurn und bereisten auf ihrem Schiff, das sie selbst aus den Gerippen und der Haut von getöteten Menschen und Elben angefertigt hatten, unsere Heimat.
Eiland für Eiland wurde von ihnen begutachtet, die festen Inseln ebenso wie die treibenden Inseln. Niemand bemerkte sie bei ihrem Tun, und die unglücklichen Fischer, die ihnen auf hoher See begegneten, wurden von ihnen getötet und gegessen.
Eines Nachts landeten die Albae auf einer wunderschönen Insel, die ihre Wissbegier weckte. Sie sahen, dass es darauf Berge mit vielen Höhlen gab, in denen sie sich vor ihren Feinden verbergen konnten. Sie schlachteten die Einwohner ab und nahmen das Land in Besitz, die Leichen zogen sie in die Höhlen, häuteten und entbeinten sie.
Sie wollten einen Bratspieß errichten, um die Menschen zuzubereiten, aber als einer von ihnen seine Lanze in den Boden rammte, durchstieß sie die Erde, und Wasser flutete die Höhlen.
Die Insel versank mitsamt den Albae in den Tiefen des Sees. Dadurch entgingen sie dem Stern der Prüfung, dessen Macht nicht bis auf den nassen Grund Weyurns reichte.
Doch Elria erlaubte ihnen nicht zu sterben. Sie sollten für ihre grausamen Taten an den Menschen Weyurns büßen. Sie gewährte den Albae ewiges Leben und Verdammnis auf der Insel.
Gelegentlich, wenn die Sterne günstig stehen, dürfen die Albae mitsamt der Insel auftauchen, um die Nacht zu sehen. Man sagt, dass sie nicht eher sterben, bis sie die Wände aller Grotten und Höhlen mit Zeichnungen versehen haben.
Wer die gewaltige Welle übersteht, die ihr Erscheinen hervorbringt, und so unvorsichtig ist, einen Fuß auf die Insel zu setzen, wird von den hungrigen Albae auf der Stelle verspeist, gehäutet und sein Blut als Farbe für ihre Gemälde hergenommen.«
Ormardin verstummte und schaute mit roten Wangen zu Rodario. »Hat dir die Geschichte gefallen?« Der Mime klatschte begeistert in die Hände. »Junger Freund, ich verbeuge mich tief vor deinem Talent. Wenn deine Eltern nichts anderes mit dir im Sinn haben, wirst du einmal der beste Märchenerzähler Weyurns werden. Darauf verwette ich die Umlaufeinnahmen aus meinem Theater.«
»Du bist Schauspieler?« Der Junge konnte sein Glück kaum fassen.
»O ja. Ich bin der Unglaubliche Rodario, der Kaiser aller Mimen und Schauspieler des Geborgenen Landes«, protzte er in bewährter Manier. »Mir ist es vergönnt, das Curiosum mit der weitbesten Truppe mein Eigen zu nennen. Wäre es in der Nähe, würde ich dich einladen, junger Mann.« Er fuhr ihm durch die kurzen braunen Haare.
Ormardin reckte sich. Ein Lob aus dem Mund eines Meisters zu erhalten, bedeutete ihm sehr viel. Die Tür öffnete sich, im Gegenlicht sah Rodario die schwarzen Umrisse einer langhaarigen Frau, die einen Korb in der Linken hielt. »Wer seid Ihr?«, fragte sie sofort und klang aufgeregt. »Weg von den Kindern!«
Rodario verstand es. »Keine Sorge, gute Frau.«
»Das ist der Unglaubliche Rodario. Er ist ein gestrandeter Schauspieler«, sagte Ormardin sofort, sprang auf und rannte beglückt zu seiner Mutter, um sie in die Arme zu schließen. »Ich habe ihm die Geschichte von der AlbInsel erzählt, und er hat gesagt, dass ich Talent hätte.«
»Hat er dir Flausen in den Kopf gesetzt?« Sie trat ein und schloss die Tür hinter sich.
Er erkannte eine Frau, die etwas älter war als er und sich in einfache Kleidung aus Flachsleinen hüllte. Als Fischer verdiente man anscheinend nicht besonders gut in Weyurn. »Ich grüße Euch«, sagte er und bemerkte erst jetzt wieder, dass er kein Hemd trug. »Verzeiht mein Auftreten, aber ich musste aus den nassen Sachen.« Sie beruhigte sich rasch, nachdem sie verstanden hatte, dass keine Gefahr von ihm ausging - weder für die Kinder noch für sie oder ihr Eigentum. Am beinahe nackten Leib konnte man nichts verbergen, keine Waffen und kein Diebesgut.
»Ich bin Talena.« Sie
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