Die Rache der Zwerge
hoch zur Kruppe. Der Henker hatte sich ein Pferd ausgesucht, das ihm noch größer erschien als die herkömmlichen Vierbeiner. »Niemals bekäme man mich dort hinauf.« »Die Aussicht kann ich nur empfehlen.« Bramdal folgte Tungdil zum Teekessel und bekam einen Becher. »Vielen Dank.«
»Nichts zu danken«, lehnte Tungdil ab. »Was führt dich in den Norden?«
»Ich kehre nach Bergensstadt zurück.« Bramdal blies über den heißen Tee. »König Bruron möchte, dass ich eine Schule einrichte.«
»Für Henker, nehme ich an?«
»Ganz recht. Er wollte sie nicht in Porista haben. Wegen des Rufes seiner kommenden Hauptstadt«, grinste der Zwerg. »Dabei erfülle ich nur die Gesetze. Seltsam, nicht wahr? Die Menschen verhängen den Tod über ihresgleichen und wollen dennoch nichts damit zu tun haben.«
Tungdil lächelte. »Wir haben uns in Porista gar nicht gesehen.«
»Nein. Ich war zu beschäftigt.« Bramdal zwinkerte. »Du glaubst mir nicht. Was denkst du von mir? Hältst du mich für einen Spion der Zwergenhasser?«
»Ja«, sagte Ingrimmsch sofort und legte die Hände um den Griff des Krähenschnabels.
Bramdal lachte laut auf, er klang wirklich belustigt. Sein Blick ging an dem Krieger vorbei zu Goda, und seine Neugier erwachte. »Eine stattliche junge Zwergin. Sie sieht stark aus. Ich wette, sie führt ihre Waffe mit sehr viel Kraft. Genau richtig für eine Scharfrichterin.«
»Lass sie in Ruhe«, kam es auf der Stelle von Boindil. »Sie ist meine Schülerin«, schob er rasch hinterher. »Wenn sie Hälse durchtrennt, dann die von Schweineschnauzen.« Ihm wurde heiß, das Blut rauschte ihm in den Ohren. War das Eifersucht?
»Ich verstehe. Deine Schülerin«, meinte Bramdal grinsend und ließ offen, was genau er damit meinte. Er nippte am Tee. »Ich hatte in Porista eine Unterredung mit Gordislan Hammerfaust. Es gab einen Zwischenfall in Goldhort, der große Unruhe schuf: ein Anschlag.«
Tungdil stieß die Luft aus. »Die Maschinen der Dritten?«
»Nein. Es war ein Anschlag auf die Stadt.« Bramdal sah ihn ernst an. »Jemand hatte die Stauwehre vollständig geöffnet und ein Drittel von Goldhort unter Wasser gesetzt. Glücklicherweise gelang es den Einwohnern, die zerstörten Hebevorrichtungen der Wehre zu ersetzen, sonst hätten noch mehr Freie ihr Leben verloren.« »Wie viele kamen um?«, wollte Ingrimmsch wissen.
»Zweihundertelf. Etwas mehr als dreißig Häuser müssen neu errichtet werden.« Betrübt senkte er den Blick. »Nein, die Maschinen der Zwergenhasser verschonen uns, weil sie uns nicht durch die Höhlen erreichen können. Aber sie trachten uns auf andere Weise nach dem Leben.« Er goss sich von dem Tee nach. »Das Schlimme ist, dass es keinen Schuldigen gab. Die Wärter an den Wehren sind getötet worden. Niemand hat den Mörder und Attentäter beobachtet.«
»Furchtbar«, sagte Tungdil betroffen.
»Die Flut hatte noch andere Auswirkungen. Sie spülte das Misstrauen in Goldhort hinein. Seither werden Stimmen laut, welche die Stämme und nicht die Dritten der Tat bezichtigen. Der Reichtum, sagen sie, schüre den Neid der Stämme auf so viel Vraccasium und Gold, wie es bei uns zu finden ist. Ein Stammeszwerg muss in der Clanversammlung der Vierten gesagt haben, dass wir versuchten, uns mit den reichhaltigen Opfergaben unrechtmäßig die Gunst von Vraccas zu erschleichen, und dass man das verhindern müsse. Andere meinen, dass die Stammeskönige die Zwerge zurück in die Zwergenreiche zwingen möchten.« Bramdal schwieg und wartete auf eine Antwort.
»Blödsinn«, polterte Ingrimmsch. »Die Gebirge haben mehr Gold, als in die Höhle passt, in der die Stadt liegt. Wieso sollten die Zweiten oder sonst jemand nach dem Geld der Ausgestoßenen trachten?« Tungdil lehnte sich gegen einen Baum, schloss die Augen. »Bald kann niemand mehr etwas sagen oder nichts mehr geschehen, ohne dass es heißt, dass die Dritten ihre Hand im Spiel hätten, und Misstrauen aus jeder Tat und aus jedem Ereignis erwächst. Leider ist es genau das, was die Zwergenhasser erreichen wollen.« Er hob die Lider. »Bramdal, wo auch immer du solche Reden vernimmst, verkünde, dass man darauf nicht hören soll. Je mehr Zwist herrscht, desto schneller gelangen die Zwergenhasser an ihr Ziel.«
Der Henker nickte. »Das sagte auch Gordislan Hammerfaust. Ich nehme an, du weißt, wie schwer es ist, gegen die Gerüchte anzukämpfen.« Er stellte den Becher ins Gras. »Ich reite weiter. Vielleicht sehen wir uns wieder. Und denk dann nicht wieder
Weitere Kostenlose Bücher