Die Rache der Zwerge
dass sich eine schillernde Kugel aus purem Glanz um die Ringe gelegt hatte. Eine zweite Sphäre umspannte die Schwarze Schlucht.
Von dem ersten Kordrion sah sie nichts mehr, nur eine abgetrennte Klaue und ein Stück seiner Schwinge bewiesen, dass er das Gefängnis überhaupt verlassen hatte. Ein zweites Exemplar tobte hinter der dünnen, aber für ihn undurchdringlichen Hülle und rannte wie besessen dagegen an, ohne etwas auszurichten. »Ich habe es geschafft«, raunte sie ungläubig und schaute auf den Diamanten, der matt schimmerte. Dann lachte sie laut. »Ich habe es geschafft!«
»Ja, du hast es geschafft!«, rief Ingrimmsch freudig zurück und versuchte aufzustehen. Er fühlte sich sehr unsicher. »Komm vorsichtig runter, damit ich dich drücken kann.«
Rodario legte Sirka die Hand auf die Schulter. »Und auch Tungdil hat es geschafft«, gab er ihr Hoffnung. Sie schaute über die Senke, die mit den Kadavern von Bestien und ihren eigenen Leuten angefüllt war. Ein paar Scheusale, die den Klingen und Geschossen der Verteidiger entkommen waren, flüchteten über die Kuppen, und die fliegenden Monstren drehten ab und verschwanden in der Ferne.
»Der Kordrion ist entkommen«, stammelte sie ungläubig. »Das Artefakt hat zu spät gewirkt. Was wird nun?« Sie schaute Rodario an. »Es gibt keine Hoffnung. Die Schriften sagen über ihn, dass...«
»Verzweifle nicht, sondern warte, was geschieht. Die Schriften haben nicht immer Recht, glaub mir«, hielt er dagegen und stützte sich auf ihre Schulter. »Komm, wir gehen zur Schlucht und begrüßen Tungdil.« Sie lächelte ihn dankbar an. Gemeinsam mit Goda und einem ungewohnt bleichen Ingrimmsch suchten sie sich einen Weg durch die Leichenhügel.
Aber weder Flagur noch Tungdil kehrten aus dieser Schlacht zurück.
XXI
Das Jenseitige Land, östlich der Stadt Letefora vor der Schwarzen Schlucht, 6241. Sonnenzyklus, Frühherbst.
Sirka stand vor der schützenden Kugel, eine Hand hatte sie gegen die glänzende Hülle gelegt. Sie spürte das Kribbeln in den Fingern, das von der Energie stammte.
Auf der anderen Seite sah sie den Kopf des Kordrion, der sich in der Schlucht zur Ruhe gelegt hatte und sie aus seinen oberen Augen betrachtete. Der hässliche Schädel ruhte auf den Vorderklauen; ab und zu zog er sich eine der Ubariu-Leichen heran und verschlang sie genüsslich, dann nahm er wieder seine alte Position ein. Und verharrte.
Ingrimmsch trat neben sie. »Er wartet, dass die Barriere Schwäche zeigt.«
»Er und Tausende andere«, sagte Sirka traurig. »Ich weiß, dass es keine Möglichkeit gibt, die Sperre für wenige Augenblicke aufzulösen, um nach Tungdil zu suchen. Der Kordrion würde sich sofort befreien. Einer von ihnen ist schon schlimm genug.«
Ingrimmsch betrachtete ihre Züge. »Du stehst schon seit drei Umläufen hier. Du hast kaum etwas getrunken und nichts gegessen. Komm ins Lager«, bat er sie. »Der Gelehrte wird nicht wollen, dass du dich seinetwegen zu Tode hungerst.« Er wischte eine Träne von seinem Gesicht.
Sie schluckte. »Ich komme«, lenkte sie ein und wandte sich um.
Über der Senke flatterten die Ubariu-Banner. Die Verstärkung war eingetroffen und hatte ein vorübergehendes Lager errichtet, um die Verletzten zu versorgen und den Bestien zu folgen, denen die Flucht gelungen war. »Sie haben gesagt, dass der Kordrion in die Berge geflüchtet sei«, sagte er zu ihr unterwegs, um das Schweigen zu brechen und sie von dem Schmerz abzulenken. Und von seinem eigenen.
»Glaubst du, dass er tot ist?« »Wen meinst du?« »Tungdil.«
Ingrimmsch schöpfte Luft und bildete sich ein, dass es ihm schwerer fiel als sonst. Er verließ sich auf seine Zwergennatur, die mit dem Gift fertig werden würde. Da es ihn nicht auf der Stelle umgebracht hatte, würde es sein Ziel auch nicht später erreichen. »Mein Verstand müsste ja sagen. Von den zwanzigtausend Kriegern sind gerade einmal vierhundert am Leben geblieben.« Er rang um seine Fassung. »Aber ich habe seinen Leichnam nicht mit meinen eigenen Augen gesehen. Und niemand hat mir sagen können, wie er gestorben ist. Also gebe ich einen Orkfurz auf meinen Verstand. Ich sage, dass er noch lebt. Er mäht sich durch die Reihen der Bestien und sucht sich einen Ausgang. Er wird die Schlucht vom Bösen befreien und nicht eher aufhören, bis sie alle gefallen sind. Eines Umlaufs wird er vor uns stehen. Und wenn es fünfhundert Zyklen dauert.« Eine neuerliche Träne rann durch seinen Bart. »Diese lange Wartezeit ist mir
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