Die Rache des glücklichen Mannes
Stellen Sie sich vor, Sie kommen in ein finnisches Dorf – und keiner mag Sie.
Der Brückenbaumeister Akseli Jaatinen soll in der finnischen Provinz eine Brücke bauen. Jaatinen ist auf den ersten Blick kein Sympathieträger – auf jeden Fall nicht bei der Dorfprominenz. Die hält ihn einmal für einen ausgemachten Faulpelz, ein anderes Mal für einen grässlichen Sklaventreiber. Badet Jaatinen nackt im Fluss, wird er wegen unsittlichen Verhaltens vom Dorfprobst gerügt. Badet er nicht, ist das noch viel schlimmer. Er kann es keinem recht machen. Doch Jaatinen weiß sich zu wehren. Durch einen raffinierten Trick lässt er sich zum Gemeindevorsitzenden wählen und hat das Dorf bald fest in seiner Hand …
Arto Paasilinna, 1942 in Kittilä
geboren, ist der populärste Schriftsteller Finnlands und wurde in Finnland, Italien und
Frankreich mit Literaturpreisen
ausgezeichnet. Er hat bereits 35
Romane veröffentlicht, von denen
viele verfilmt und ausnahmslos
alle in die verschiedensten Spra
chen übersetzt wurden.
Arto Paasilinna
Die Rache des
glücklichen Mannes Aus dem Finnischen von
Regine Pirschel
Band 92118
1. Auflage: Dezember 2002
Vollständige Taschenbuchausgabe
BLT ist ein Imprint der Verlagsgruppe Lübbe
Deutsche Erstveröffentlichung
Die finnische Originalausgabe erschien unter dem Titel Onnelinen mies
bei GUMMERUS, Jyväskyla, Helsinki
© 1997 by Arto Paasilinna
© für die deutschsprachige Ausgabe: 2002 by
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach Einbandgestaltung: Gisela Kullowatz
Titelfoto: Claudia Müller
Autorenfoto: Cato Lein
Satz: hanseatenSatz-bremen, Bremen
Druck und Bindung: Eisnerdruck, Berlin
Printed in Germany
ISBN 3-404-92118-6
Da war eine alte Holzbrücke, die über einen schwarzen Fluss führte. Den Fluss nannten die Einheimischen Blutfluss und die Brücke Blutbrücke, und der Grund dafür war, dass während des Bürgerkrieges an jener Stelle folgender Kampf stattgefunden hatte:
Von Norden war eine Maschinengewehrkompanie der Weißen angerückt, um die Brücke zu erobern, die von den Truppen der Roten gehalten wurde. Die Roten hat-ten sich am Südende der Brücke hinter der Uferbö schung verschanzt und leisteten mehrere Stunden lang erbitterten Widerstand. Aber die Angreifer hatten ihr Maschinengewehr so ausgerichtet, dass sie mit seiner Hilfe das Gelände kontrollieren konnten, und so gingen sie als Sieger aus dem Kampf hervor. Am Abend jenes lange zurückliegenden Tages drangen die Weißen nach heftigem Beschuss auf die Brücke vor, und viele Rote wurden ihre Gefangenen, etliche ließen ihr Leben. Wäh rend jener entscheidenden Augenblicke war der Zugfüh rer der Roten, ein Mann namens Vornanen, auf die Brücke gelaufen, wo er zur Zielscheibe des Maschinen gewehrs geworden war. Der Überlieferung zufolge hatte Vornanen, in seinem Blut liegend, noch mit sehr lauter Stimme geschrien: »Die kommenden Generationen wer den unser Blut rächen!« Eine andere Version besagt, Vornanen habe vor seinem Tod Folgendes gerufen:
»Diese Gemeinde wird noch einmal vor den Roten auf Knien liegen, und vorher wird das Blut, das jetzt fließt, hundertfach gerächt!«
Die Weißen nahmen die Brücke in Besitz, spießten den blutüberströmten Vornanen mit dem Bajonett auf und warfen ihn in den Fluss; es wird erzählt, ein Bau ernsohn namens Jäminki aus derselben Gemeinde habe diese letzte Tat verübt. Von da an wurde die Brücke also Blutbrücke und der Fluss Blutfluss genannt. Der Strom riss Vornanens Leiche mit sich, sie wurde niemals ge funden, sofern überhaupt nach ihr gesucht wurde, und mit den Jahren verblasste die Erinnerung an dieses blutige Ereignis.
In den dreißiger Jahren fanden auf der Brücke Tanz veranstaltungen statt, und manchmal prügelten sich die jungen Männer des Dorfes dort zum Zeitvertreib, wobei häufig auch der Dolch zum Einsatz kam.
Während des Zweiten Weltkrieges patrouillierte Eeme li Jäminki, ein Mitglied des Schutzkorps und der reichs-te Bauer der Gemeinde Kuusmäki, mit geschultertem Gewehr auf der Brücke. Er war Vorsitzender des Wohl fahrtsausschusses und brauchte somit nicht an die Front, doch militärisch aufgeklärt, wie er war, wollte er dennoch seine Kraft in den Dienst des Staates stellen. So stand er denn fast während des ganzen Krieges auf der Brücke und bewachte sie. Vor allem fürchtete er, Fallschirmjäger könnten auftauchen und die Brücke anzünden oder sprengen, doch war er sich auch noch
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