Die Rache des Griechen
ihm gekünstelt erschienen, und in ihren Augen hatte eine sanfte Melancholie gelegen, die ihm damals sehr reizvoll erschienen war.
„Du hast allen Grund, mir böse zu sein.“ Sie erwartete seinen Wutausbruch. Damit hätte sie viel besser umgehen können als mit seinem Mitgefühl.
„Viel eher bin ich von deiner schauspielerischen Leistung beeindruckt“, entgegnete Leo mit einem leichten Schmunzeln. „Unterrichtest du Dramaturgie?“
„Englisch und Geographie.“ Sein Blick ging ihr unter die Haut. Die Stimmung zwischen ihnen hatte sich verändert. Ellie wollte nur noch fort von ihm, bevor etwas geschah, was sie nicht zulassen durfte.
„Wie können wir die Scheidung am schnellsten hinter uns bringen?“
„Das habe ich noch nicht herausgefunden“, gab Leo zu. Ellies Eingeständnis, sich mit ihm eingelassen zu haben, nur um ihre Probleme für eine Weile zu vergessen, machte ihm zu schaffen. Er hatte sich ehrlich in sie verliebt gehabt.
„Müssen wir dafür wieder nach Las Vegas fliegen?“ Sie knabberte nachdenklich an ihrer Lippe. „Damit hätte ich ein Problem, denn ich kann mir nicht so einfach frei nehmen. Außerdem wäre es auch finanziell schwierig für mich.“ Ganz abgesehen davon, dass sie ihren Sohn nicht einfach allein lassen konnte!
„Ich glaube, das wird nicht nötig sein“, murmelte er gedankenverloren, während er plötzlich ihre Hand nahm und begann, sie sanft zu streicheln.
Schnell entzog sie sich seinem Griff. „Was tust du?“
„Es war etwas ganz Besonderes zwischen uns, erinnerst du dich?“ Leo ließ sie nicht aus den Augen, obwohl Ellie den Kopf abwandte. „Warum bist du einfach so davongelaufen?“
„Ich musste mein Flugzeug erreichen.“
„Sag mir die Wahrheit.“
Knisternde Erotik lag plötzlich in der Luft. Ellies Hand kribbelte immer noch von Leos Berührung. Was geschah nur mit ihr?
„Nun?“, beharrte er.
„Du würdest es sowieso nicht verstehen.“ Ihre Stimme hatte einen flehenden Ton angenommen.
„Gib mir die Gelegenheit, es zu versuchen.“
Was sollte das jetzt noch ändern? Aber er schien auf einer Erklärung zu bestehen, also gab sie ihren Widerstand auf. „Wie schon gesagt, war ich nicht das Mädchen, für das du mich gehalten hast. Alles erschien mir wie ein schönes aufregendes Spiel, aber als wir dann in deinem Hotelzimmer allein waren, wurde plötzlich Ernst daraus. Weißt du, ich war zwar schon einundzwanzig Jahre alt, aber ich hatte noch nie mit einem Mann …“
Leo starrte sie ungläubig an. „Du warst noch Jungfrau?“
„Nicht so laut!“ Verlegen sah sie sich um. „Du hattest keine Ahnung davon?“
„Es gab keinerlei Anzeichen.“ Der Wunsch, sie in seine Arme zu nehmen, wurde beinah übermächtig in ihm. „Du hast also auf mich gewartet …“
„Sei nicht albern!“ Ellie verstummte, denn Leo sah sie auf eine Weise an, dass sein Blick heftiges Verlangen in ihr weckte. Plötzlich hatte sie das Gefühl, ihn wieder mit den Augen des jungen unschuldigen Mädchens zu sehen, das sie damals gewesen war.
„Wie dem auch sei. Gab es andere Männer in deinem Leben?“
Sie sagte kein Wort, sondern verneinte die Frage mit einem Schütteln des Kopfes. Es hatte immer nur ihn für sie gegeben. Aus einem Impuls heraus streckte sie die Hand aus, um Leos Wange zu berühren.
Eine wahre Flut von Empfindungen stieg in Leo auf. Verzweifelt versuchte er, sich zur Ordnung zu rufen. Immerhin war er mit Caroline verlobt, und dieses Treffen diente nur dazu, eine Dummheit, zu der er sich hatte hinreißen lassen, wieder aus der Welt zu schaffen. Aber alle Vernunft ging unter.
Zärtlich umschloss er Ellies Hand, die noch immer an seiner Wange ruhte, und streichelte ihre Finger. Seine Beziehung zu Caroline war unter gesellschaftlichen Aspekten sicherlich perfekt, was dieser Verbindung jedoch fehlte, waren Liebe und Leidenschaft. Genau das aber fühlte er in diesem Moment. Zart hauchte er einen Kuss auf die Innenseite von Ellies Handgelenk. Er spürte, wie sie erschauderte, und diese Reaktion auf seine Liebkosung steigerte sein Verlangen umso mehr.
„Das ist verrückt“, flüsterte sie. Nun, da Leo endgültig ein Teil ihrer Vergangenheit werden sollte, erwachte die Erkenntnis in ihr, dass sie ihn niemals vergessen hatte. Warum sonst konnte sie keine Beziehung zu einem anderen Mann eingehen?
„Ich sollte jetzt nach Hause gehen“, brachte sie schließlich hervor. Sie fühlte sich so sicher und geborgen in seiner Nähe, und ihr Verlangen nach ihm war
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