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Die Rache des Kaisers

Titel: Die Rache des Kaisers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Irgendwelche Anzeichen?«
    »Er ist ein wenig blaß geworden, und dann hat das Blatt in seinen Händen gezittert.«
     
    Am Abend zitterten für ein paar Augenblicke meine Knie. Als ich sah, was ich längst angenommen, aber nicht sicher gewußt hatte. Das flammende Brandmal auf der Stirn. Mantegna,
Kardinal, Geheimbotschafter des Papstes, Meister der schmutzigen Geschäfte, war jener Priester, der damals, so lange her, auf dem Karren gesessen und geweint hatte. Und vermutlich war er nicht gefesselt gewesen, sondern hatte einen Rosenkranz um seine Hände geschlungen.
    Er trug ein schlichtes Priestergewand. Und er kam, wie ausbedungen, mit kleiner Begleitung - ein Sekretär und drei Bewaffnete. Einer von ihnen war Harry Symonds. Als er mich sah, stutzte er, setzte dann ein breites Grinsen auf. Karl hielt sich im Hintergrund verborgen. Zunächst.
    Samper und die Mitglieder der Truppe begrüßten die Gäste. Auf dem Deck waren im Halbkreis um eine Art Podium Stühle bereitgestellt worden. Als Samper Mantegna und seine Begleitung bat, sich dort niederzulassen, winkte der Kardinal ab.
    »Gebt den Soldaten etwas zu trinken.« Sein Deutsch war geläufig und fast ohne italienische Beiklänge. »Singt ihnen schlüpfrige Lieder, laßt Mädchen tanzen, was auch immer. Mein Sekretär und ich wollen derweil verhandeln. Wo ist der Unterhändler? Ich lege Wert darauf, alles so schnell wie möglich hinter mich zu bringen.«
    Ich warf Samper einen Blick zu; er nickte.
    »Eminenz«, sagte ich, mit einer eher angedeuteten Verneigung, »wollet mir bitte folgen.«
    Ich ging voran, in Sampers Kajüte. Dort brannten vier Lampen, und auf einer Konsole hatte ich Wasser und Pokale bereitgestellt. Wein befand sich in einem Topf auf dem Ofen.
    Mantegna sah sich um, hob die Schultern und setzte sich an den kleinen Tisch. Er blickte den Sekretär an und wies auf den Stuhl zu seiner Rechten.
    Der Mann ließ sich nieder und betrachtete mich mit
schmalen Augen. Er war dünn, fast hager, und trotz seiner Jugend - er konnte nicht viel älter als fünfundzwanzig sein - lichtete sich sein Haar bereits.
    Ich neigte auch vor ihm ein wenig den Kopf. »Ihr seid?« sagte ich.
    »Mein Sekretär«, knurrte Mantegna. »Ein Gonzaga. Falls Ihr einen edlen Namen als Gewähr für einen sauberen Handel braucht. Und wer seid Ihr?«
    »Ein kaiserlicher Botschafter, ohne edle Sippe. Wie der Heilige Vater bedient sich auch Seine Majestät gern minderwertiger Werkzeuge zur Erledigung … unangenehmer Arbeiten.« Ich deutete zur Konsole. »Etwas zu trinken?«
    Mantegna schüttelte den Kopf. »Hinterher - falls es dann etwas zu feiern gibt.«
    »Wie Ihr wollt.« Ich setzte mich.
    »Keine Umschweife«, sagte Mantegna. »Zamora. Was ist mit ihm?«
    »Er ist tot. Vorher hat er viel geredet.«
    Ein schwärzliches Lächeln huschte um den Mund des Kardinals. »Es ist gut, vor dem Hinscheiden die Seele zu erleichtern.«
    »Wie wahr. Außerdem ist er ein Zeuge, der nicht mehr aussagen kann. Nicht noch mehr, sollte ich sagen.«
    Gonzaga räusperte sich. »Zamora«, sagte er, »einige andere Namen, die in dem Schreiben stehen - Castelbajac, Haspacher, Symonds, Piranesi; was ist mit denen?«
    Mantegna hob eine Hand. »Piranesi ist in Rom gestorben. Symonds ist hier, an Bord, so sagt man das wohl. Was ist mit den anderen?«
    »Darum kümmern wir uns gleich, Eminenz. Ihr, Gonzaga, habt einen Namen vergessen - den vielnamigen Masinger, Messing, Mazzini, Massuard.«

    Gonzaga blickte Mantegna an, Mantegna schaute auf seine Hände.
    »Seine schwache Gesundheit« - er klang deutlich höhnisch - »hat die Mühsal der Ungarnreise nicht überstanden. Ein türkisches Messer half ihm, den Weg aus diesem Tal der Tränen zu finden.«
    »Dann werden am Ende dieser Unterredung nur vier übrig sein, die genug wissen. Wir drei. Und Symonds.«
    Mantegna schloß die Augen; beinahe gelangweilt sagte er: »Symonds hat uns gute Dienste geleistet; wir werden ihn möglicherweise vermissen müssen. Ein paar Tage jedenfalls.« Er öffnete die Augen wieder. »Was will der Kaiser? Was ist das wirkliche Ziel dieser Unterredung?«
    »Klarheit, was einige Vorgänge angeht.« Ich wußte, daß ich einen sehr schmalen, sehr stark schwankenden Steg betreten hatte, und wählte meine Worte mit Vorsicht. »Es ist gut, am Ende zu wissen, welche Rechnungen abgeschlossen werden können und welche noch offen sind. Zwischen dem Kaiser und dem Papst hat es - nun ja, sagen wir, gewisse Spielzüge gegeben, deren Ziel es, wie bei

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