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Die Rache des schönen Geschlechts

Titel: Die Rache des schönen Geschlechts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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gemacht, die sind eingeschritten.«
    »Weißt du, wie's der Kleinen geht?«
    »Sie ist außer Gefahr. Sie hat viel Blut verloren, aber zum Glück war Lampiuni in der Nähe, den haben Sie bestimmt schon mal gesehen, diesen Tippelbruder, der.«
    »Ich kenne ihn«, sagte Montalbano. »Erzähl weiter.«
    »Tja, er hat geistesgegenwärtig die Blutung gestillt. Eigentlich hat er sie gerettet. Das hat sich in der Stadt herumgesprochen, und morgen veranstaltet der
    Bürgermeister ein großes Fest - na ja, wir sind im Wahlkampf, und Kleinvieh macht auch Mist -, bei dem er Lampiuni den Schlüssel für eine Sozialwohnung überreichen will.«
    »Weißt du, wie er richtig heißt?«
    »Keine Ahnung, er hat keine Papiere. Und seinen Namen wollte er nie nennen.«
    »Ah, Fazio, heute Früh hat Dottor Augello angerufen, weißt du, was er von mir wollte?«
    »Ja, der Polizeipräsident hat irgendeine Antwort angemahnt, auf was weiß ich nicht, und Dottore Augello wollte sich mit Ihnen beraten. Aber ich glaube, er hat die Sache schon erledigt.«
    Gott sei Dank, da konnte er in aller Ruhe zu Hause bleiben und seine Grippe auskurieren, ohne dass ihn jemand nervte. Sie plauderten noch eine halbe Stunde, dann ging Fazio wieder.
    Es war schon acht Uhr vorbei. Montalbano stand auf, und sofort wurde ihm schwindlig. Dieser lästige Zustand war immer noch nicht vorbei. Er wählte Livias Nummer in Boccadasse, aber sie meldete sich nicht. Zu früh, die Telefongespräche zwischen ihm und seiner Freundin fanden meistens nach Mitternacht statt. Er sah in den Kühlschrank: gekochtes Huhn und etliche leichte Beilagen, damit es besser schmeckte. Nach einigem Zögern entschied er sich für süßsaure Paprikaschoten und in Essig eingelegte Zwiebelchen. Er ließ sich in seinem Fernsehsessel nieder, und während er lustlos aß, begann er sich einen Film mit dem Titel Die Jäger im Garten Eden anzusehen. Schon bei den ersten Einstellungen wusste er, dass es sich um eine bescheuerte Geschichte handelte, aber die Bilder und Sprüche waren so unglaublich blöd, dass er ganz fasziniert war und das Geschehen bis zum bitteren The End andächtig verfolgte. Und jetzt? Er schaltete um zu einer Talkshow mit dem Thema Hat Treue heute noch einen Wert?, die gerade auf dem wichtigsten nationalen Sender begann. Der Moderator, stets ein Lächeln auf den Lippen, das leicht ironisch sein sollte, allerdings ausgesprochen servil wirkte, stellte die Gäste vor: eine Herzogin, die mit einem Industriellen verheiratet war, aber bekanntermaßen eine unüberschaubare Flut von Liebhabern und Liebhaberinnen hatte und über die Bedeutung der Treue in der Ehe sprechen sollte; ein Politiker, der von der äußersten Linken allmählich zur äußersten Rechten umgeschwenkt war und sich über den Wert der Konsequenz in der politischen Arbeit auslassen wollte; einer, der erst Priester, dann Blumenkind, dann Buddhist, dann islamistischer Fundamentalist war und sich für die Notwendigkeit der Treue zur eigenen Religion stark machen wollte. Das Vergnügen war gesichert, und Montalbano sah sich die Sendung, hin und wieder hämisch lachend, bis zum Schluss an. Als er den Fernseher ausschaltete, merkte er, dass das Fieber wieder stieg. Er legte sich ins Bett, aber den Roman von Lucarelli nahm er gar nicht erst zur Hand, der schmerzhafte Ring legte sich schon wieder um seinen Kopf. Er löschte die Nachttischlampe und wälzte sich lange im Bett herum, bis der Schlaf sich seiner erbarmte, seine Hand ergriff und ihn mit sich forttrug.
    Als er die Augen aufschlug, war es halb vier Uhr morgens, und er fühlte sich, als kochte ihn das Fieber bei lebendigem Leibe. Aber es war nicht nur das Fieber, sondern auch ein Gedanke, der ihm kurz vor dem Einschlafen gekommen war und ihn im Schlaf begleitet und diesen nicht gerade leichter gemacht hatte. Nein, es war gar kein Gedanke, vielmehr eine Sequenz von Bildern und eine Frage. Er dachte daran, wie Lampiuni sich um das verletzte Mädchen gekümmert hatte, seine Bewegungen waren so richtig, so gezielt, beteiligt und zugleich distanziert gewesen, eben so professionell. Er selbst hätte das nicht so hingekriegt.
    Die Frage konnte folgendermaßen auf den Punkt gebracht werden: Wer war Lampiuni wirklich? Da beschlich ihn in diesem halb deliranten Zustand die dumpfe Ahnung, dass das Fieber nie vorbeigehen würde, wenn er es nicht mit einem Thermometer maß. Er trank in der Küche drei Glas Wasser, zog sich rasch etwas über, verließ das Haus, setzte sich ins Auto und

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