Die Rache des stolzen Millionärs (German Edition)
Immerhin waren mittlerweile sechs Jahre vergangen. Wenn man bedachte, was ihr inzwischen alles passiert war …
Doch während sie mit halbem Ohr zuhörte, wie die Sänger für das Brautpaar einen Song schmetterten – die Musik schwoll immer mehr an und füllte die ganze Kirche aus –, hatte Tess das komische Gefühl, beobachtet zu werden. Sie verspürte dieses merkwürdige Kribbeln. Dieses Gefühl hatte sie bisher nur einmal gehabt.
An dem Tag, als sie dem teuflischen Damien Stanhope den Rücken zugekehrt und den Raum verlassen hatte.
„Sir, möchten Sie, dass ich Sie nach Hause fahre?“
Während sein Chauffeur durch die verstopfte Innenstadt fuhr, saß Damien im Fond seiner Limousine. Der Kragen seines schwarzen Mantels berührte fast sein Kinn und betonte seine harten Gesichtszüge. „Nein. Ich werde ins Georgian gehen.“
„Es tut mir leid, Sir, ich habe noch nie gehört, dass Sie …“
„Bringen Sie mich ins Georgian Hotel“, fiel ihm Damien unbeeindruckt ins Wort. „Ich werde zu dem Empfang gehen.“
„Aber, Sir, Sie gehen nie …“ Die Worte des Fahrers erstarben.
„Haben Sie ein Problem damit, Robert?“, fragte Damien ungeduldig, während außerhalb des schwarzen Wagens der Schnee in dichten Flocken auf die Scheiben fiel.
„Sir?“ Robert schaute in den Rückspiegel, versuchte dabei jedoch dem Blick seines Arbeitgebers auszuweichen. „Wenn ich offen sprechen darf …“
Damien sah ihn fragend an. „Dürfen Sie … wenn Sie währenddessen Ihre Aufmerksamkeit auf den Verkehr richten. Die Straßen in Minneapolis können sehr rutschig sein.“
„Ja, Sir.“ Robert konzentrierte sich wieder aufs Fahren und hielt das Lenkrad mit beiden Händen fest.
Damien atmete erleichtert auf. „So, was wollen Sie wissen?“
„In den vier Jahren, in denen ich für Sie gearbeitet habe, ist dies der erste Hochzeitsempfang eines Geschäftspartners, zu dem Sie jemals gegangen sind.“
„Ach ja?“, erwiderte Damien tonlos.
„Ja, Sir.“
„Hm.“
„Handelt sich dann wohl um ein wichtiges Geschäft, Sir.“
Sie fuhren langsamer, bogen ab und hielten schließlich. Damien schaute auf und runzelte die Stirn. „Sind wir da?“
„Ja, Sir. Aber vor uns steht eine lange Schlange von Autos.“
Sie waren noch ein ganzes Stück vom Hoteleingang entfernt, doch Damien wartete ungern. Er griff nach dem Türdrücker und stieß die Wagentür auf. „Ich steige hier aus, Robert.“
„Aber Sir!“ Robert schaute unsicher nach hinten. „Soll ich …“
„Nein, nein. Bleiben Sie im Wagen.“
Er nickte. „In Ordnung, Sir.“
Damien war schon halb aus der Tür, als er sich plötzlich noch einmal umdrehte. „Und, Robert?“ „Ja, Sir?“ „Um Ihre Frage zu beantworten: Bei diesem Empfang handelt es sich um eine weit wichtigere Angelegenheit als ein Geschäft.“ Er stieg aus. „Warten Sie in einer Stunde am Haupteingang.“
Der Ballsaal des Georgian Hotels, ausgestattet mit einer vergoldeten Decke, Kristalllüstern und einem schwarz-weiß gemusterten Marmorfußboden, bot das spektakulärste Ambiente für eine Hochzeitsfeier in Minneapolis. In jeder Jahreszeit präsentierte der Raum einen umwerfenden Anblick, aber im Dezember wirkte er mit der weißen Weihnachtsbeleuchtung, den Fichten und Mistelzweigen besonders märchenhaft. Auf allen schwarzen Platztellern fanden sich von Hand gemachte Schokoladen-Zuckerstangen, süß eingebettet in kleine Weihnachtsstiefel.
Tess York beschrieb sich selbst als Schokoholic, und schon fünf Minuten nach ihrer Ankunft im Hotel war ihr kleiner Stiefel leer. Sie saß neben Olivia, und der einzige Grund, warum sich noch eine Zuckerstange auf ihrem Teller befand, bestand darin, dass Tom Radley, ein Freund von Marys Familie und der erste Kunde von „No Ring Required“, Tess an die Hand nahm und auf die Tanzfläche zog, bevor sie die Süßigkeit aufessen konnte.
Auf der rechteckigen Bühne abseits der Tanzfläche schmetterte eine Sängerin, die auf scheußliche Art ähnlich Natalie Cole klang, Liebeslieder.
Neben Tess tanzten Olivia und ihr Verlobter Mac Valentine. Die beiden wirkten so attraktiv und elegant, dass man sie leicht für ein glamouröses Hollywood-Paar hätte halten können. Atemberaubend in ihrem schwarzen Brautjungfernkleid, das dem von Tess ähnelte, die dunklen Haare lang und offen über die bloßen Schultern fallend, wandte sich Olivia Tess zu und stichelte lächelnd: „Du bist eine erstaunlich schlechte Tänzerin, weißt du das?“
„Vielen Dank
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