Die Rache trägt Prada. Der Teufel kehrt zurück
normal, und Andy atmete erleichtert auf. Emily wusste das nicht sonderlich zu würdigen.
»Komm, wir rufen Stanley gleich zurück«, sagte sie und ging Andy in ihr Büro nach. »Zieh nicht erst den Mantel aus.«
»Mir geht’s gut und dem Baby auch, danke der Nachfrage«, sagte Andy.
»Na klar ist alles gut, sonst wärst du ja nicht hier. Nicht gut ist, Miranda Priestly zu ignorieren.«
Die Sekretärin stellte ihren Anruf durch, und Emily überschlug sich fast, um zu erklären, warum sie so lange gebraucht hatten.
Stanley stellte sich taub. Oder hörte vielleicht tatsächlich nicht zu. Er sagte lediglich: »Im Namen von Elias-Clark möchte ich Ihnen mitteilen, dass wir den vorgeschlagenen Kaufpreis um zwölf Prozent erhöhen. Miranda hätte darauf natürlich gern unverzüglich eine Antwort.«
Emily warf Andy einen Blick zu, die wie wild den Kopf schüttelte und ihr stumm »Nicht jetzt!« bedeutete. Sie zeigte auf ihren Riesenbauch. »Wir haben ausgemacht, dass wir bis zur Geburt nicht wieder davon anfangen.«
Emily schien einem Herzinfarkt nahe. Sie hielt das Telefon gepackt, als könne sie ihren Worten damit mehr Nachdruck verleihen. »Wir melden uns ganz, ganz bald«, sagte sie. »Andy ist jeden Tag so weit. Ich meine, sobald das Baby da ist, sind wir viel besser aufgestellt, um …«
»Ich richte es Miranda aus«, sagte Stanley knapp. »Aber ich muss Ihnen wohl nicht sagen, wie gut sie mit Aufschüben umgehen kann.«
»Andy wird nicht lange im Mutterschutz sein«, sagte Emily. Ihre Knöchel wurden weiß. »Ich meine, das hieße, die Unterredung vielleicht noch um zwei, drei Monate zu vertagen, aber das ändert nichts an …«
»Miranda hat mit Mutterschutz nichts am Hut«, sagte Stanley. »Sie war zweiundsiebzig Stunden nach der Geburt der Zwillinge wieder am Platz.«
»Ja, das war schon erstaunlich«, murmelte Andy in Richtung Lautsprecher und ließ den Finger vor der Stirn kreisen, um anzudeuten, was sie von diesem Wahnsinn hielt.
Stanley räusperte sich. »Ich möchte nur Klartext reden – Warten ist nicht ihre Stärke. Aber Sie haben deutlich gemacht, wie Ihr Zeitplan aussieht. Alsdann, auf Wiederhören.«
Als er aus der Leitung war, sah Emily zu Andy hin. Ihr Blick war zum Fürchten. »Das Ding geht uns noch durch die Lappen, Andy!«
Andy hielt tapfer stand. »Wir haben etwas ausgemacht. Keine Gespräche, bis das Baby da ist.«
»Vielleicht sollten wir einfach unseren Anwalt mit ihnen sprechen lassen. Um die Wogen zu glätten und für uns ein bisschen Zeit herauszuschinden.«
»Das ist doch keine Lösung. Jetzt mal im Ernst, Em, sie haben gerade ihr Angebot aufgestockt. Sie sind ganz wild darauf, unser Magazin zu kaufen. Ihre Bedingungen sind sogar noch besser geworden. Da schaden ein paar Monate mehr auch nichts.«
»Diese Schwangerschaft wird so langsam zur Ausrede für alles und jedes.« Emily sagte es ganz leise, doch Andy hörte ihren Frust heraus.
Am selben Nachmittag brachte ein Kurier zwei orangefarbene Schachteln mit braunen Schleifen und dem Logo von Hermès: drei Armreifen pro Box, alle unterschiedlich und jeder eine wahre Pracht. Emily streifte sie in null Komma nichts über. Andy sah lächelnd zu. Vielleicht reizte es Miranda ja doch, wenn jemand nicht leicht zu haben war.
Jetzt überlief Andy allein bei der Erinnerung daran ein Schauer. Die Masseurin führte sie in den Ruheraum und verhalf ihr auf eine mit Frotteetüchern gepolsterte Liege. Eine Minute später erschien Olive im Bademantel. Ihr ohnehin makelloser Teint hatte nach der Gesichtsbehandlung einen geradezu überirdischen Schimmer. Nicht die leiseste Rötung oder Reizung.
»Und, wie war es?«, fragte sie und bediente sich von einem Tellerchen mit Dörraprikosen und Mandeln.
»Himmlisch. Absolut himmlisch«, sagte Andy, als habe sie jemanden aus ihrem Freundeskreis vor sich.
Sie konnte es selbst kaum fassen, dass sie so lässig mit der wahrscheinlich berühmtesten Frau auf Erden schwatzte. Die Filme mit ihr hatten weltweit 950 Millionen Dollar eingespielt. Sie war von den Beduinenwüsten Ägyptens über die frostigen Ebenen Sibiriens bis zu den entlegensten Dörfern des Amazonas bekannt und berühmt. Ihre Irrungen und Wirrungen in Liebesdingen waren lang und breit kommentiert und analysiert worden, gescheiterte Beziehungen säumten ihren Weg wie Kadaver eine Schnellstraße. Die Welt glaubte schon nicht mehr, dass sie je einen Mann finden, lieben oder auf Dauer halten würde, und ihr Status als Umwerfendster
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