Die Raeuber
Gott! Ihr sollt alles wissen!
AMALIA
Keinen Laut weiter – Ich vergebe dir – Ziehe heim in Frieden. (Will hinwegeilen.)
HERMANN
So höret nur ein einziges Wort – es wird Euch all Eure Ruhe wiedergeben.
AMALIA
(kommt zurück und blickt ihn verwundernd an) Wie Freund? – wer im Himmel und auf Erden kann mir meine Ruhe wiedergeben?
HERMANN
Das kann von meinen Lippen ein einiges Wort – höret mich an!
AMALIA
(mit Mitleiden, seine Hand ergreifend) Guter Mensch – Kann ein Wort von deinen Lippen die Riegel der Ewigkeit aufreißen?
HERMANN
(steht auf) Karl lebt noch!
AMALIA
(schreiend) Unglücklicher!
HERMANN
Nicht anders – Nun noch ein Wort – Euer Oheim –
AMALIA
(gegen ihn herstürzend) Du lügst –
HERMANN
Euer Oheim –
AMALIA
Karl lebt noch!
HERMANN
Und Euer Oheim –
AMALIA
Karl lebt noch?
HERMANN
Auch Euer Oheim – Verratet mich nicht. (Eilt hinaus.)
AMALIA
(steht lang wie versteinert. Dann fährt sie wild auf, eilt ihm nach.) Karl lebt noch!
Zweite Szene
Gegend an der Donau.
die Räuber, gelagert auf einer Anhöhe unter Bäumen,
die Pferde weiden am Hügel hinunter.
MOOR
Hier muss ich liegen bleiben. (Wirft sich auf die Erde.) Meine Glieder wie abgeschlagen. Meine Zunge trocken wie eine Scherbe. (Schweizer verliert sich unvermerkt.) Ich wollt euch bitten, mir eine Handvoll Wassers aus diesem Strome zu holen, aber ihr seid alle matt bis in den Tod.
SCHWARZ
Auch ist der Wein all in unsern Schläuchen.
MOOR
Seht doch, wie schön das Getreide steht! – Die Bäume brechen fast unter ihrem Segen. – Der Weinstock voll Hoffnung.
GRIMM
Es gibt ein fruchtbares Jahr.
MOOR
Meinst du? – Und so würde doch ein Schweiß in der Welt bezahlt. – Einer? – – Aber es kann ja über Nacht ein Hagel fallen und alles zugrund schlagen.
SCHWARZ
Das ist leicht möglich. Es kann alles zugrund gehen, wenig Stunden vorm Schneiden.
MOOR
Das sag ich ja. Es wird alles zugrund gehn. Warum soll dem Menschen das gelingen, was er von der Ameise hat, wenn ihm das fehlschlägt, was ihn den Göttern gleich macht! – Oder ist hier die Mark seiner Bestimmung?
SCHWARZ
Ich kenne sie nicht.
MOOR
Du hast gut gesagt, und noch besser getan, wenn du sie nie zu kennen verlangtest! – Bruder – ich habe die Menschen gesehen, ihre Bienensorgen, und ihre Riesenprojekte – ihre Götterplane und ihre Mäusegeschäfte, das wunderseltsame Wettrennen nach Glückseligkeit; – dieser dem Schwung seines Rosses anvertraut – ein anderer der Nase seines Esels – ein Dritter seinen eigenen Beinen; dieses bunte Lotto des Lebens, worein so mancher seine Unschuld, und – seinen Himmel setzt, einen Treffer zu haschen, und – Nullen sind der Auszug – am Ende war kein Treffer darin. Es ist ein Schauspiel, Bruder, das Tränen in deine Augen lockt, wenn es dein Zwerchfell zum Gelächter kitzelt.
SCHWARZ
Wie herrlich die Sonne dort untergeht!
MOOR
(in den Anblick verschwemmt) So stirbt ein Held! – Anbetenswürdig.
GRIMM
Du scheinst tief gerührt.
MOOR
Da ich noch ein Bube war – war’s mein Lieblingsgedanke, wie sie zu leben, zu sterben wie sie. – (Mit verbissnem Schmerz.) Es war ein Bubengedanke!
GRIMM
Das will ich hoffen.
MOOR
(drückt den Hut übers Gesicht) Es war eine Zeit – Lasst mich allein, Kameraden.
SCHWARZ
Moor! Moor! Was zum Henker? – wie er seine Farbe verändert!
GRIMM
Alle Teufel! was hat er? wird ihm übel?
MOOR
Es war eine Zeit, wo ich nicht schlafen konnte, wenn ich mein Nachtgebet vergessen hatte –
GRIMM
Bist du wahnsinnig? Willst du dich von deinen Bubenjahren hofmeistern lassen?
MOOR
(legt sein Haupt auf Grimms Brust) Bruder! Bruder!
GRIMM
Wie? sei doch kein Kind – ich bitte dich –
MOOR
Wär ich’s – wär ich’s wieder!
GRIMM
Pfui! Pfui!
SCHWARZ
Heitre dich auf. Sieh diese malerische Landschaft – den lieblichen Abend.
MOOR
Ja, Freunde, diese Welt ist so schön.
SCHWARZ
Nun, das war wohl gesprochen.
MOOR
Diese Erde so herrlich.
GRIMM
Recht – recht – so hör ich’s gerne.
MOOR
(zurückgesunken) Und ich so hässlich auf dieser schönen Welt – und ich ein Ungeheuer auf dieser herrlichen Erde.
GRIMM
O weh, o weh!
MOOR
Meine Unschuld! Meine Unschuld! – Seht! es ist alles hinausgegangen, sich im friedlichen Strahl des Frühlings zu sonnen – warum ich allein die Hölle saugen aus den Freuden des Himmels? – dass alles so glücklich ist, durch den Geist des Friedens
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