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Die Raeuber

Die Raeuber

Titel: Die Raeuber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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Wüste meine Aussichten sind? – Ich würde dann die schweigende Öde mit meinen Phantasien bevölkern, und hätte die Ewigkeit zur Muße, das verworrene Bild des allgemeinen Elends zu zergliedern. – Oder willst Du mich durch immer neue Geburten und immer neue Schauplätze des Elends von Stufe zu Stufe – zur Vernichtung – führen? Kann ich nicht die Lebensfäden, die mir jenseits gewoben sind, so leicht zerreißen wie diesen? – Du kannst mich zu nichts machen – Diese Freiheit kannst Du mir nicht nehmen. (Er lädt die Pistole. Plötzlich hält er inn’.) Und soll ich für Furcht eines qualvollen Lebens sterben? – Soll ich dem Elend den Sieg über mich einräumen? – Nein! ich will’s dulden! (Er wirft die Pistole weg.) Die Qual erlahme an meinem Stolz! Ich will’s vollenden.
    (Es wird immer finstrer.)
    Hermann, der durch den Wald kommt.
    HERMANN
    Horch! horch! grausig heulet der Kauz – zwölf schlägt’s drüben im Dorf – wohl, wohl – das Bubenstück schläft – in dieser Wilde kein Lauscher. (Tritt an das Schloss und pocht.) Komm herauf, Jammermann, Turmbewohner! – Deine Mahlzeit ist bereitet.
    MOOR
    (sachte zurücktretend) Was soll das bedeuten?
    EINE STIMME
    (aus dem Schloss) Wer pocht da? He? Bist du’s, Hermann mein Rabe?
    HERMANN
    Bin’s Hermann dein Rabe. Steig herauf ans Gitter und iss. (Eulen schreien.) Fürchterlich trillern deine Schlafkameraden, Alter – dir schmeckt?
    DIE STIMME
    Hungerte mich sehr. Habe Dank, Rabensender fürs Brot in der Wüste! – Und wie geht’s meinem lieben Kind, Hermann?
    HERMANN
    Stille – Horch – Geräusch wie von Schnarchenden! Hörst du nicht was?
    STIMME
    Wie? Hörst du etwas?
    HERMANN
    Den seufzenden Windlaut durch die Ritzen des Turms – eine Nachtmusik, davon einem die Zähn klappern, und die Nägel blau werden – Horch, noch einmal – Immer ist mir, als hört’ ich ein Schnarchen. – Du hast Gesellschaft, Alter – Hu hu hu!
    STIMME
    Siehst du etwas?
    HERMANN
    Leb wohl – leb wohl – Grausig ist diese Stätte – Steig ab ins Loch – droben dein Helfer, dein Rächer. – Verfluchter Sohn! (Will fliehen.)
    MOOR
    (mit Entsetzen hervortretend) Steh!
    HERMANN
    (schreiend) Oh mir!
    MOOR
    Steh, sag ich!
    HERMANN
    Weh! weh! weh! Nun ist alles verraten!
    MOOR
    Steh! Rede! Wer bist du? Was hast du hier zu tun? Rede!
    HERMANN
    Erbarmen o Erbarmen, gestrenger Herr – Nur ein Wort höret an, eh Ihr mich umbringt.
    MOOR
    (indem er den Degen zieht) Was werd ich hören?
    HERMANN
    Wohl habt Ihr mir’s beim Leben verboten – ich konnt nicht anders – durft nicht anders – im Himmel ein Gott – Euer leiblicher Vater dort – mich jammerte sein – Stecht mich nieder!
    MOOR
    Hier steckt ein Geheimnis – heraus! Sprich! Ich will alles wissen.
    DIE STIMME
    (aus dem Schloss) Weh! Weh! Bist du’s, Hermann, der da redet? Mit wem redst du, Hermann?
    MOOR
    Drunten noch jemand – Was geht hier vor? (Läuft dem Turme zu.) Ist’s ein Gefangener, den die Menschen abschüttelten – Ich will seine Ketten lösen. – Stimme! noch einmal! Wo ist die Türe?
    HERMANN
    O, habt Barmherzigkeit, Herr – dringt nicht weiter, Herr – geht aus Erbarmen vorüber. (Verrennt ihm den Weg.)
    MOOR
    Vierfach geschlossen! – Weg da – Es muss heraus – Itzt zum ersten Mal komm mir zu Hülfe, Dieberei ! (Er nimmt Brechinstrumente und öffnet das Gittertor. Aus dem Grunde steigt ein Alter, ausgemergelt wie ein Gerippe.)
    DER ALTE
    Erbarmen einem Elenden! Erbarmen!
    MOOR
    (springt erschrocken zurück) Das ist meines Vaters Stimme!
    DER ALTE MOOR
    Habe Dank, o Gott! Erschienen ist die Stunde der Erlösung.
    MOOR
    Geist des alten Moors! Was hat dich beunruhigt in deinem Grab? Hast du eine Sünde in jene Welt geschleppt, die dir den Eingang in die Pforten des Paradieses verrammelt? Ich will Messen lesen lassen, den irrenden Geist in seine Heimat zu senden. Hast du das Gold der Witwen und Waisen unter die Erde vergraben, das dich zu dieser mitternächtlichen Stunde heulend herumtreibt, ich will den unterirdischen Schatz aus den Klauen des Zauberdrachen reißen, und wenn er tausend rote Flammen auf mich speit, und seine spitzen Zähne gegen meinen Degen bleckt, oder kommst du, auf meine Fragen die Rätsel der Ewigkeit zu entfalten? Rede, rede! ich bin der Mann der bleichen Furcht nicht.
    DER ALTE MOOR
    Ich bin kein Geist. Taste mich an, ich lebe, oh ein elendes erbärmliches Leben!
    MOOR
    Was? Du bist nicht begraben worden?
    DER

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