Die Raeuber
Gebeine, du lange Verfaulter! Das verlangt er von einem alten Knecht – es war das Obdach der Waisen, und der Port der Verlassenen, und dieser Sohn hat’s gemacht zur Mördergrube – Lebe wohl du guter Boden! wie oft hat der alte Daniel dich abgefegt – Lebe wohl, du lieber Ofen, der alte Daniel nimmt schweren Abschied von dir – es war dir alles so vertraut worden – wird dir wehtun, alter Elieser – Aber Gott bewahre mich in Gnaden vor dem Trug und List des Argen – Leer kam ich hieher – leer zieh ich wieder hin – aber meine Seele ist gerettet.
Wie er gehen will, kömmt Franz im Schlafrock hereingestürzt.
DANIEL
Gott steh mir bei! Mein Herr! (Löscht die Laterne aus.)
FRANZ
Verraten! Verraten! Geister ausgespien aus Gräbern – Losgerüttelt das Totenreich aus dem ewigen Schlaf brüllt wider mich Mörder! Mörder! – wer regt sich da?
DANIEL
(ängstlich) Hilf, heilige Mutter Gottes! Seid Ihr’s, gestrenger Herre, der so grässlich durch die Gewölbe schreit, dass alle Schläfer auffahren?
FRANZ
Schläfer? Wer heißt euch schlafen? Fort, zünde Licht an!
Daniel ab, es kommt ein andrer Bedienter.
FRANZ
Es soll niemand schlafen in dieser Stunde. Hörst du? Alles soll auf sein – in Waffen – alle Gewehre geladen – Sahst du sie dort den Bogengang hinschweben?
BEDIENTER
Wen, gnädiger Herr?
FRANZ
Wen, Dummkopf, wen? So kalt, so leer fragst du, wen? hat mich’s doch angepackt wie der Schwindel! Wen, Eselskopf! wen? Geister und Teufel! wie weit ist’s in der Nacht?
BEDIENTER
Eben itzt ruft der Nachtwächter Zwei an.
FRANZ
Was? will diese Nacht währen bis an den Jüngsten Tag? hörtest du keinen Tumult in der Nähe? Kein Siegsgeschrei? Kein Geräusch galoppierender Pferde? wo ist Kar – der Graf, will ich sagen?
BEDIENTER
Ich weiß nicht, mein Gebieter.
FRANZ
Du weißt’s nicht? Du bist auch unter der Rotte? Ich will dir das Herz aus den Rippen stampfen! mit deinem verfluchten: Ich weiß nicht! Fort, hole den Pastor!
BEDIENTER
Gnädiger Herr!
FRANZ
Murrst du? zögerst du? (Erster Bedienter eilend ab.) Was? auch Bettler wider mich verschworen? Himmel, Hölle! alles wider mich verschworen?
Daniel kommt mit dem Licht.
DANIEL
Mein Gebieter –
FRANZ
Nein! ich zittere nicht! Es war ledig ein Traum. Die Toten stehen noch nicht auf – wer sagt, dass ich zittere und bleich bin? Es ist mir ja so leicht, so wohl.
DANIEL
Ihr seid totenbleich, Eure Stimme ist bang und lallet.
FRANZ
Ich habe das Fieber. Sage du nur, wenn der Pastor kommt, ich habe das Fieber. Ich will morgen zur Ader lassen, sage dem Pastor.
DANIEL
Befehlt Ihr, dass ich Euch Lebensbalsam auf Zucker tröpfle?
FRANZ
Tröpfle mir auf Zucker! der Pastor wird nicht sogleich da sein. Meine Stimme ist bang und lallet, gib Lebensbalsam auf Zucker!
DANIEL
Gebt mir erst die Schlüssel, ich will drunten holen im Schrank –
FRANZ
Nein, nein, nein! Bleib! oder ich will mit dir gehn. Du siehst, ich kann nicht allein sein! Wie leicht könnt ich, du siehst ja – unmächtig – wenn ich allein bin. Lass nur, lass nur! Es wird vorübergehen, du bleibst.
DANIEL
Oh Ihr seid ernstlich krank.
FRANZ
Ja freilich, freilich! das ist alles. – Und Krankheit verstöret das Gehirn, und brütet tolle und wunderliche Träume aus – Träume bedeuten nichts – nicht wahr, Daniel? Träume kommen ja aus dem Bauch, und Träume bedeuten nichts – ich hatte soeben einen lustigen Traum. (Er sinkt unmächtig nieder.)
DANIEL
Jesus Christus! was ist das? Georg! Konrad! Bastian! Martin! so gebt doch nur eine Urkund von Euch! (Rüttelt ihn.) Maria, Magdalena und Joseph! so nimmt doch nur Vernunft an! So wird’s heißen, ich hab’ ihn tot gemacht, Gott erbarme sich meiner!
FRANZ
(verwirrt) Weg – weg! was rüttelst du mich so, scheußliches Totengeripp? – die Toten stehen noch nicht auf –
DANIEL
O du ewige Güte! Er hat den Verstand verloren.
FRANZ
(richtet sich matt auf) Wo bin ich? – du Daniel? was hab ich gesagt? merke nicht drauf! ich hab eine Lüge gesagt, es sei was es wolle – komm! hilf mir auf! – es ist nur ein Anstoß von Schwindel – weil ich – weil ich – nicht ausgeschlafen habe.
DANIEL
Wär nur der Johann da! Ich will Hülfe rufen, ich will nach Ärzten rufen.
FRANZ
Bleib! setz dich neben mich auf diesen Sofa – so – du bist ein gescheuter Mann, ein guter Mann. Lass dir erzählen!
DANIEL
Itzt nicht, ein ander Mal! Ich will Euch zu Bette bringen, Ruhe
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