Die Raeuber
eigenen Vater – oh seht her, seht her! er ist in Unmacht gesunken, – in dieses Gewölbe hat der Sohn seinen Vater – Frost, – Blöße, – Hunger, – Durst – oh seht doch, seht doch! – es ist mein eigner Vater, ich will’s nur gestehn.
DIE RÄUBER
(springen herbei und umringen den Alten) Dein Vater? dein Vater?
SCHWEIZER
(tritt ehrerbietig näher, fällt vor ihm nieder) Vater meines Hauptmanns! Ich küsse dir die Füße! du hast über meinen Dolch zu befehlen.
MOOR
Rache, Rache, Rache dir! grimmig beleidigter, entheiligter Greis! So zerreiß ich von nun an auf ewig das brüderliche Band! (Er zerreißt sein Kleid von oben bis unten.) So verfluch ich jeden Tropfen brüderlichen Bluts im Antlitz des offenen Himmels! Höre mich Mond und Gestirne! Höre mich mitternächtlicher Himmel! der du auf die Schandtat herunterblicktest! Höre mich dreimal schröcklicher Gott, der da oben über dem Monde waltet, und rächt und verdammt über den Sternen, und feuerflammt über der Nacht! Hier knie ich – hier streck ich empor die drei Finger in die Schauer der Nacht – hier schwör ich, und so speie die Natur mich aus ihren Grenzen wie eine bösartige Bestie aus, wenn ich diesen Schwur verletze, schwör ich, das Licht des Tages nicht mehr zu grüßen, bis des Vatermörders Blut, vor diesem Steine verschüttet, gegen die Sonne dampft. (Er steht auf.)
DIE RÄUBER
Es ist ein Belialsstreich! Sag einer, wir seien Schelmen! Nein bei allen Drachen! So bunt haben wir’s nie gemacht!
MOOR
Ja! und bei allen schröcklichen Seufzern derer, die jemals durch eure Dolche sturben, derer, die meine Flamme fraß und mein fallender Turm zermalmte, – eh soll kein Gedanke von Mord oder Raub Platz finden in eurer Brust, bis euer aller Kleider von des Verruchten Blute scharlachrot gezeichnet sind – das hat euch wohl niemals geträumet, dass ihr der Arm höherer Majestäten seid? der verworrene Knäul unsers Schicksals ist aufgelöst! Heute, heute hat eine unsichtbare Macht unser Handwerk geadelt! Betet an vor dem, der euch dies erhabene Los gesprochen, der euch hieher geführt, der euch gewürdiget hat, die schröckliche Engel seines finstern Gerichtes zu sein! Entblößet eure Häupter! Kniet hin in den Staub, und stehet geheiliget auf! (Sie knien.)
SCHWEIZER
Gebeut, Hauptmann! was sollen wir tun?
MOOR
Steh auf, Schweizer! und rühre diese heilige Locken an. (Er führt ihn zu seinem Vater und gibt ihm eine Locke in die Hand.) Du weißt noch, wie du einsmals jenem böhmischen Reuter den Kopf spaltetest, da er eben den Säbel über mich zuckte, und ich atemlos und erschöpft von der Arbeit in die Knie gesunken war? Dazumal verhieß ich dir eine Belohnung, die königlich wäre, ich konnte diese Schuld bisher niemals bezahlen –
SCHWEIZER
Das schwurst du mir, es ist wahr, aber lass mich dich ewig meinen Schuldner nennen!
MOOR
Nein, itzt will ich bezahlen. Schweizer, so ist noch kein Sterblicher geehrt worden wie du! – Räche meinen Vater!
(Schweizer steht auf.)
SCHWEIZER
Großer Hauptmann! Heut hast du mich zum ersten Mal stolz gemacht! – Gebeut, wo, wie, wann soll ich ihn schlagen?
MOOR
Die Minuten sind geweiht, du musst eilends gehn – lies dir die Würdigsten aus der Bande, und führe sie gerade nach des Edelmanns Schloss! zerr ihn aus dem Bette, wenn er schläft, oder in den Armen der Wollust liegt, schlepp ihn vom Mahle weg, wenn er besoffen ist, reiß ihn vom Kruzifix, wenn er betend vor ihm auf den Knien liegt! Aber ich sage dir, ich schärf es dir hart ein, liefr’ ihn mir nicht tot! dessen Fleisch will ich in Stücken reißen, und hungrigen Geiern zur Speise geben, der ihm nur die Haut ritzt oder ein Haar kränkt! Ganz muss ich ihn haben, und wenn du ihn ganz und lebendig bringst, so sollst du eine Million zur Belohnung haben, ich will sie einem Könige mit Gefahr meines Lebens stehlen, und du sollst frei ausgehn, wie die weite Luft – Hast du mich verstanden, so eile davon!
SCHWEIZER
Genug, Hauptmann – Hier hast du meine Hand darauf: Entweder, du siehst zwei zurückkommen, oder gar keinen. Schweizers Würgengel, kommt! (Ab mit einem Geschwader.)
MOOR
Ihr Übrigen zerstreut euch im Wald – Ich bleibe.
Fünfter Akt
Erste Szene
Aussicht von vielen Zimmern. Finstre Nacht. Daniel kommt mit einer Laterne und einem Reisebündel.
DANIEL
Lebe wohl, teures Mutterhaus – Hab so manch Guts und Liebs in dir genossen, da der Herr seliger noch lebete – Tränen auf deine
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