Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ranch

Die Ranch

Titel: Die Ranch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steel Danielle
Vom Netzwerk:
selbst, hatte Tony erklärt, und allein schon sein Tonfall bei diesen Worten erschreckte Tanya, vor allem, weil sie sich völlig hilflos fühlte.
    »Nächste Woche fliege ich nach New York«, fügte sie hinzu. »Deshalb rufe ich an. Da du dauernd beschäftigt bist, wollte ich lieber einen Termin ausmachen – sonst dinierst du gerade mit dem Bürgermeister und ziehst ihm noch mehr Geld für deine armen Schützlinge aus der Tasche.« Im Lauf der Jahre hatte Tanya die Wohltätigkeitsprojekte ihrer Freundin großzügig unterstützt und zwei Mal sogar ein Konzert anlässlich einer Spendenaktion gegeben. Doch das war schon lange her. Jetzt war sie einfach zu beschäftigt. Nicht einmal für sich selbst hatte sie Zeit. Ihr derzeitiger Agent gönnte ihr keine Atempause und hetzte sie von einem Konzert zum anderen. Mit ihren CDs und dem Vertrieb von Tanya-Thomas-Puppen und Tanya-Thomas-Parfum konnte man Millionen scheffeln, und der Agent versuchte ihr einzureden, sie müsse sich darauf konzentrieren. Aber sie hatte andere Pläne. »Ich trete in einer New Yorker TV-Show auf, Mary Stuart«, fuhr sie fort. »Und ich werde mit einem Agenten über ein Buch reden, das ich schreiben soll. Ein Verleger hat mich angerufen. Eigentlich bin ich nicht daran interessiert, aber ich werde mir mal anhören, was sich die Leute vorstellen. Was gibt's denn über mich zu sagen?« In den letzten Jahren waren vier Tanya-Thomas-Biografien erschienen – nicht eine war autorisiert, alle grausam, von A bis Z erfunden, doch darum kümmerte sie sich jetzt nicht mehr. Nach der Veröffentlichung des ersten Buchs hatte sie Mary Stuart mitten in der Nacht angerufen und einen hysterischen Anfall bekommen. Immer waren sie füreinander da, und daran würde sich auch nichts ändern. Das wussten sie beide, denn so innige Freundschaften konnte man im späteren Leben nicht schließen. In der Jugend gesät, mussten sie vom Keimling zur Eiche heranwachsen, gehegt und gepflegt werden. Tanyas und Mary Stuarts Freundschaft hatte längst Wurzeln geschlagen – in tiefer Erde, unerschütterlich und dauerhaft.
    »Wann landet deine Maschine?«, fragte Mary Stuart. »Soll ich dich vom Flughafen abholen?«
    »Nein, ich komme bei dir vorbei, wenn ich in die City fahre. Und dann gehen wir ins Hotel und reden. Nimm dir am Dienstag ein paar Stunden frei.« Wie immer flog Tanya in einer Maschine ihrer Plattenfirma. Für sie war das genauso, als würde sie in ein Auto steigen, und die lässige Art, wie sie durch die Welt jettete, amüsierte Mary Stuart. »Ich rufe dich vom Flugzeug aus an.«
    »Okay, ich warte auf dich«, versprach Mary Stuart. Jetzt, wo Tanya sie aufmunterte und unter die Fittiche nahm, fühlte sie sich plötzlich viel jünger, nicht mehr wie eine tausendjährige Greisin. Lächelnd malte sie sich das Wiedersehen aus. So lange hatten sie sich nicht mehr getroffen – sie wusste nicht einmal mehr, wann. Aber Tanya erinnerte sich sehr gut daran.
    »Bis bald, Schätzchen!«, rief Tanya fröhlich und fügte dann in ernstem Ton hinzu – in jenem sanften Ton, den Mary Stuart so gut kannte: »Ich liebe dich.«
    »Ja, ich weiß.« In Marys Stuarts Augen brannten Tränen. Diese Art von Freundlichkeit ertrug sie nicht mehr. Mit der Einsamkeit kam sie besser zurecht. »Ich liebe dich auch«, würgte sie hervor. »Tut mir Leid …« Gequält schloss sie die Augen und kämpfte mit ihren Emotionen.
    »Schon gut, Baby – ich weiß – ich weiß…« Aber Tanya wusste nichts. Niemand verstand, was in Mary Stuart vorging. Nicht einmal ihr Mann.
    »Also, dann sehen wir uns nächste Woche.« Jetzt klang Mary Stuarts Stimme wieder kontrolliert, doch sie konnte Tanya nicht täuschen. Hinter dem Damm, den Mary Stuart errichtet hatte, um ihre Trauer zu verbergen, drohte die Verzweiflung überzuquellen. Wann würde der Damm bersten?
    »Bis Dienstag. Zieh einfach nur Jeans an. Wir gehen einen Hamburger essen, oder wir bestellen irgendwas beim Zimmerservice. Bye …« Und dann klickte es in der Leitung. Mary Stuart dachte an die Zeit in Berkeley, bevor sie alle ihre eigenen Wege gegangen waren – bevor sie die harte Realität kennen gelernt hatten. Alles war so einfach, so wundervoll gewesen – bis zu Ellies Tod kurz vor dem College-Abschluss. Damit hatte für die anderen drei Mädchen das
wirkliche
Leben begonnen.
    Mary Stuart ging ins Schlafzimmer und betrachtete das Foto auf ihrem Nachttisch – die vier Freundinnen im ersten College-Jahr. Wie Kinder sahen sie aus, sogar jünger als

Weitere Kostenlose Bücher