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Die Rastlosen (German Edition)

Die Rastlosen (German Edition)

Titel: Die Rastlosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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»Setzen wir uns doch, bitte, kann ich mit Ihnen sprechen?«
    Er blickte auf und sah sie kurz an. Es war nicht sehr voll, aber sie zog ihn zu einem Tisch, der weit abseits stand. Hinter den Panoramafenstern war es heiß, obwohl draußen ein kalter Wind wehte. »Ich will Sie nicht stören«, sagte sie.
    »Aber ganz und gar nicht«, antwortete er. »Sie stören mich nicht im Geringsten. Was möchten Sie trinken?«
    Er bestellte Kaffee für sie beide. »Sie sind ihr Dozent. Sie hat mir von Ihnen erzählt.«
    Er versuchte in den Augen dieser Frau zu lesen. Was wollte sie? Was wusste sie? Er versuchte vergeblich, ihre Gedanken zu erraten, und bemerkte dabei, dass ihr Kinn ein schönes Oval bildete. Erstaunlich, wie es die Frauen heutzutage schafften, attraktiv zu bleiben – man musste sich nur einmal Sharon Stone ansehen.
    »Erzählen Sie mir von ihr, von Barbara, meiner Tochter.«
    »Ich soll Ihnen von ihr erzählen?«
    »Ja, erzählen Sie mir von ihr, bitte.«
    Später, als er schön langsam den Berg hinauf nach Hause fuhr – er lächelte den Radarfallen zu und ließ sich von zwei schneidigen Motorradpolizisten überholen, die er mit einem leichten Kopfnicken grüßte –, dachte er an das Gespräch zurück, das er mit Barbaras Mutter geführt hatte. Die Arme machte sich solche Sorgen. Sie fragte sich, ob nicht ein Unglück geschehen sei.
    Er hatte versucht, sie zu beruhigen. Aber ohne besonderen Nachdruck, ohne ihr übertriebene Hoffnungen zu machen. Man musste leider immer mit dem Schlimmsten rechnen, hatte er ihr zugeraunt, während er seine Finger auf ihr Handgelenk legte – das sehr schmal und sehr weiß war. »Ich bin zufrieden mit ihr«, hatte er schnell hinzugefügt. »Ich bin froh, dass sich mir jetzt die Gelegenheit bietet, Ihnen das zu sagen. Ich bin sehr zufrieden mit ihr. Ich verspreche mir viel von ihr.«
    Was hätte er anderes sagen können? Er machte auf halber Strecke halt, parkte hinter der noch gefrorenen Böschung und inspizierte die Umgebung, bevor er den Weg einschlug, den er zwei Tage zuvor mit der Leiche von Barbara auf den Schultern gegangen war. Er verzog leicht das Gesicht, als er dieses Bild wieder vor sich sah. Aber wenn das Schicksal erst einmal seinen Lauf genommen hat, fragte er sich, was hilft es da, sich nachträglich zu wehren?
    Es war nicht mehr ganz so kalt wie letztes Mal. Der Frühling näherte sich mit großen Schritten. Hier und da waren ein paar Schneeglöckchen zu sehen.
    »Ich soll Ihnen von ihr erzählen?«, hatte er geantwortet. »Sie kennen sie bestimmt besser als ich. Haha. Hahaha, davon bin ich überzeugt«, gluckste er verunsichert. Das lag doch auf der Hand – dass eine Mutter ihre Tochter besser kannte als der erstbeste Dozent. Die Kaffees schimmerten und dampften in ihren Tassen wie Flugobjekte.
    »Eben nicht«, meinte sie. »Genau das ist das Problem. Ich kenne sie nicht.«
    »Tja, wissen Sie, wer kann schon behaupten, die jungen Leute zu kennen?«
    »Hören Sie… Ich kenne Barbara erst seit ein paar Monaten.«
    Er zögerte einen Augenblick. »Das ist natürlich etwas anderes«, sagte er launig.
    Er hatte bewusst einen scherzhaften Ton angeschlagen, um auf die verblüffende Äußerung dieser Myriam Dingsda zu reagieren, die sich ihm so mir nichts, dir nichts vorgestellt hatte, aber ihm wurde schnell klar, dass sie es genau so meinte, wie sie es sagte.
    »So was kann passieren, wissen Sie«, hatte sie sich verteidigt. »Schauen Sie mich nicht so an.«
    Obwohl er diesmal keine schwere Last dabeihatte, war er außer Atem, als er oben auf der Anhöhe angelangt war. Das war der Preis für seinen Seelenfrieden, die Garantie dafür, dass an diesem Ort kein Massenauflauf zu erwarten war. Er ließ sich eine Minute nieder und rauchte eine Zigarette. Vermischt mit der frischen Luft und mit den zuckergussglasierten Tannen ringsum fand er sie einfach köstlich. Er fühlte sich ruhig und entspannt. Er hatte das Beste aus dem Tag gemacht. Alle Verdachtsmomente gegen ihn hatte er schon im Ansatz abgewehrt. Jetzt waren auch seine letzten Befürchtungen verflogen. Niemand hatte sie zusammen gesehen. Niemand, nicht einmal ihre Mutter, wusste etwas über die besondere Art ihrer Beziehung – anscheinend hatte Barbara ihre Zunge in Zaum gehalten. Er konnte aufatmen. Sich den Freuden dieses fantastischen hellen Tabaks hingeben.
    Sein Herz klopfte. Er stand ein paar Meter von der dunklen, moosbewachsenen Felsspalte entfernt – ein Schlund voll kalter, lautloser Finsternis. Aber

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