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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Maurice seiner Meinung nach Lerneifer vermissen ließ oder eine Aufgabe nur zur Hälfte erfüllte, dann sorgte er ruhig aber bestimmt dafür, dass der Junge seinen Pflichten nachkam. Der Junge schien sich gut zu entwickeln. Nur eines machte ihm Sorgen: Floss durch seine Adern nicht doch eine gewisse Wildheit? Vielleicht war es nur die überschäumende Kraft eines jeden jungen Mannes. Vielleicht aber drang auch das irische Erbe in ihm durch. Vielleicht hatte er seine Wildheit auch von den Walshs geerbt. Hatte die jahrhundertelange Nachbarschaft zu den O’Byrnes und den O’Tooles im Grenzgebiet Carrickmines die Familie beeinflusst? Vielleicht. Zwar gehörten sie zu den respektabelsten Altengländern – dieser Meinung war er jedenfalls gewesen, als er Anne geheiratet hatte –, aber seitdem war ihm klar geworden, dass sie wilde, unzuverlässige Züge trugen, die sie hinter ihrer Frömmigkeit verbargen. Hatte sich das nicht erst vor kurzem in Annes Verhalten gezeigt? Schon bevor er von der Affäre erfahren hatte, sah er also Maurices Freundschaft zu O’Byrne nicht gern, denn er hatte Angst, dem Jungen könne das irische Leben zu gut gefallen. Nur das endlose Bitten und Flehen des Jungen und der Umstand, dass er ihm den wahren Grund für seine Einwände nicht mitteilen konnte, hatten Walter schließlich so weit ausgelaugt, dass er insgeheim verzweifelt aufgab und dem Jungen erlaubte, nach Rathconan zu gehen. Und man sah ja, wozu das geführt hatte.
    Als Maurice im Frühling des Jahres 1639 ankündigte, er wolle nach Rathconan reiten und O’Byrne besuchen, versuchte sein Vater, es ihm auszureden. Und als das nichts fruchtete, verbot er es ihm. »Aber er ist doch ein Freund der Familie. Onkel Orlandos Freund. Ich habe schließlich in seinem Haus gelebt«, protestierte Maurice. Aber Walter blieb unnachgiebig. Maurice wandte sich Hilfe suchend an seine Mutter. Er spürte, dass sie die Meinung seines Vaters nicht teilte, aber sie sagte nur: »Du musst deinem Vater gehorchen.«
    Ende April, ungefähr zu der Zeit, als auch Doktor Pincher von seiner Reise zurückkehrte, verkündete Walter: »Ich muss werde geschäftlich nach Fingal reisen. Ich werde bei Orlando übernachten und am folgenden Abend zurückkehren.«
    Anne maß der Sache keine weitere Bedeutung bei, bis sie am Morgen nach der Abreise Walters ihren Sohn dabei überraschte, wie er sich ebenfalls reisefertig machte. Als sie ihn fragte, wohin er wolle und wann er heimkäme, antwortete er, er wolle einen Freund besuchen und kehre am nächsten Tag zurück. Er wich ihrem Blick aus, also fragte sie genauer nach. Wer war dieser Freund? »Sie kennen ihn nicht«, erwiderte er, aber instinktiv wusste sie, dass das eine Lüge war. Sie bohrte weiter und sagte ihm schließlich, dass sie ihn nur gehen lassen würde, wenn er ihr die Wahrheit sagte. Also gab er zu, dass er nach Rathconan wollte. »Ich werde wieder zurück sein, bevor Vater nach Hause kommt«, sagte er. »Er wird es gar nicht merken.«
    Anne starrte ihren Sohn an. Sie wusste, dass sie ihm eigentlich verbieten müsste zu gehen. Sie hatte die Pflicht, seinen Vater und ihren Mann zu unterstützen. Aber seit seinem letzten Besuch hatte sie nichts mehr von Brian gehört. Sie sehnte sich nach einer Nachricht, wenigstens einem Lebenszeichen von ihm. Wenn Maurice ihn traf, dann könnte er ihr erzählen, wie es ihm ging und vielleicht sogar eine verschlüsselte Nachricht von ihm überbringen.
    »Du solltest deinem Vater gehorchen«, sagte sie schwach.
    »Werden Sie mich verraten, falls ich es nicht tue?«
    Jetzt machte er sie auch noch zu seiner Komplizin. Aber so würde sie wenigstens etwas von O’Byrne hören. Sie zögerte. Dann zog sie sich feige aus der Affäre. »Du musst deinem Vater gehorchen«, sagte sie. »Und wenn du das nicht tust, dann will ich nichts davon hören. Ich will es gar nicht wissen.« Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und ließ ihn allein. Ein paar Minuten später hörte sie, wie er davonritt.
    Walter kehrte bereits an diesem Abend zurück. Seine Geschäfte waren gut gelaufen, und er hatte nicht bei Orlando übernachten müssen. Es dauerte nicht lange, bis er nach seinem Sohn fragte. Anne saß im Wohnzimmer, den kleinen Daniel auf dem Schoß.
    »Er ist heute Morgen ausgeritten und hat mir gesagt, er käme erst morgen zurück«, sagte sie wahrheitsgemäß.
    »Wo wollte er hin?«
    »Er hat es mir nicht gesagt.«
    »Und du hast ihn gehen lassen?«
    »Ich dachte … es ginge vielleicht um ein

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