Die Rebellen von Irland
Treueeide nichts Außergewöhnliches, allerdings sicherte man sich diese Treue vernünftigerweise zusätzlich durch Geiselnahmen. Der Eid, den die Schotten ablegen sollten, hieß Oath of Abjuration. Sie mussten schwören, den mächtigen Covenant von Schottland abzulehnen und König Karl I. ihre Loyalität zusichern.
Doyle war davon ausgegangen, dass sie nur den wohlhabenden Männern und den Oberhäuptern großer Familien den Eid abnehmen würden. Aber da kannte er Wentworth schlecht:
»Mein Motto lautet Gründlichkeit.« Sie gingen in jedes Haus, auf jedes Feld, in jede Scheune. »Auch der geringste und ärmste unter den Schotten muss den Eid schwören, wenn er das sechzehnte Jahr erreicht hat«, war ihnen befohlen worden. Und diesen Befehl befolgten sie gewissenhaft.
Die meisten Schotten lebten in der östlichen Küstenregion von Ulster, aber die Abgesandten gingen überall hin, wo es Schotten gab. In jedem Gebiet teilten sie sich in kleinere Gruppen auf, die aber alle von Soldaten begleitet wurden, und arbeiteten sich von Haus zu Haus vor. Jeder Schotte, ob er nun in Irland lebte oder nur zu Besuch da war, wurde gezwungen, den Eid abzulegen. Allein Doyle ließ mehrere hundert Menschen auf eine kleine, abgewetzte Bibel schwören. Es gefiel ihnen gar nicht, sie sprachen vom »Schwarzen Eid«. Aber sie hatten keine Wahl. Nach drei Wochen dankte man Doyle und erlaubte ihm, nach Hause zurückzukehren. Aber bevor er das tat, reiste er noch ein paar Tage allein durch die Provinz.
Auf dem Heimweg unterbrach er seine Reise in Fingal, um eine Nacht bei Cousin Orlando zu verbringen.
Er genoss das gesellige Abendessen mit Orlando und seiner Frau Mary, die sich nach dem Essen verabschiedete und die beiden Cousins ihren Gesprächen überließ. Orlando war sehr interessiert an der Arbeit der Kommission, und Doyle freute sich darüber, dass er seine Gedanken mit dem intelligenten katholischen Advokaten teilen konnte. »Tragen sich die Schotten von Ulster mit dem Gedanken, einen Covenant zu bilden oder nach Schottland überzusetzen und sich ihren Verwandten anzuschließen?«, fragte Orlando.
»Das halte ich für unwahrscheinlich«, antwortete Doyle. »Natürlich herrscht reger Verkehr zwischen Ulster und Schottland. Aber die Bedingungen sind auf jeder Seite anders. Die schottischen Presbyterianer in Ulster sind eine Minderheit, die sich ruhig verhalten muss. Aber sie würden den Schotten bestimmt gern helfen und sind entzückt darüber, dass die Kirche des Königs dort eine solche Niederlage erlitten hat.«
»Ich stelle mir gerade ein Land vor, in dem nur Doktor Pinchers leben«, sagte Orlando und lächelte.
»Es waren aufrechte, stolze, fleißige Menschen. Manche hatten sich trotz der Umstände ihren beißenden Humor bewahrt. Um ehrlich zu sein, waren sie mir recht sympathisch, Orlando. Viel sympathischer als Pincher.« Er verstummte nachdenklich. »Und doch sind sie von einer Kraft durchdrungen, die Doktor Pincher fehlt. Und vor dieser Kraft habe ich Angst.«
»Mehr Angst als vor Pincher?«
»Ja. Es fällt mir schwer, das in Worte zu fassen. Pincher glaubt an seine Religion. Mir gefällt sein Glaube zwar nicht, und dich als Katholik muss er geradezu entsetzen, aber ich zweifle nicht an seiner Aufrichtigkeit. Er glaubt leidenschaftlich. Sie sind weniger streng als er, aber sie glauben nicht nur. Sie wissen. « Mit einem gequälten Lächeln zuckte er mit den Schultern. »Und mit einem Mann, der etwas weiß, lässt sich nicht streiten.«
»Aber auch ich als Katholik weiß, dass meine Kirche die wahre Kirche der Christenheit ist, Cousin Doyle.«
»Das ist wahr, aber dennoch gibt es einen Unterschied. Ihr Katholiken könnt euch nicht nur auf die apostolische Sukzession, sondern auch auf eine fünfzehnhundert Jahre alte Tradition berufen. Katholische Heilige haben Zeugnis abgelegt. Katholische Philosophen haben ihren Glauben sorgfältig untersucht, und die Kirche hat sich immer wieder von innen heraus reformiert. Die katholische Kirche ist riesig, uralt und weise, und kann sich dadurch rechtfertigen. Sie nimmt die ganze Menschheit auf, ist in vielerlei Hinsicht flexibel und von Güte und Barmherzigkeit durchdrungen.« Er grinste. »Jedenfalls hoffe ich das.«
»Ich freue mich schon auf den Tag, an dem du in ihren Schoß zurückkehrst«, sagte Orlando trocken.
»Fandest du die Schotten unfreundlich?«
»Nein. Nicht unfreundlicher als andere Menschen, die gerade bedroht werden. Es geht nicht darum, dass sie unfreundlich
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