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Die Reise ins Licht

Die Reise ins Licht

Titel: Die Reise ins Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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nach draußen und versuchte sich zu orientieren.
    Er lief am Kai entlang, wobei er auf den nassen Steinen immer wieder ausrutschte. Der Stalker feuerte ohne Unterlass, doch Gleb glaubte in seinem Rücken, nun schon ganz nah, das röchelnde Atmen seiner Verfolger und ihre ungeduldigen Schreie zu hören. Sein Körper begann unkontrollierbar zu zittern. Mit letzter Kraft lief der Junge über das Ufergeröll und flog ins Wasser, dass eine eisige Fontäne aufspritzte. Bis zur Barkasse war es nicht mehr weit.
    Die letzten, verbliebenen Meter bis zur Bordwand musste er schwimmen. Gleb kam gar nicht dazu, sich zu fürchten. Verzweifelt drosch er mit Armen und Beinen auf das Wasser ein und versuchte zu der Strickleiter zu gelangen. Eine starke Hand zog ihn in genau dem Moment aus dem Wasser, als sein Verstand sich plötzlich zurückmeldete und in Panik geraten wollte. An Bord wollte der Junge dem Stalker um den Hals fallen, doch der kletterte bereits die Strickleiter hoch und stieß ihn in Richtung Steuerhaus.
    »Ans Steuer! Schnell!«
    Erst jetzt bemerkte Gleb auf der Brust seines Meisters einen Verband, der sich dunkelrot gefärbt hatte. Der Stalker bückte sich ungelenk und hob sein Gewehr auf.
    »Steh nicht rum, verdammt! Lenk die Barkasse aufs Meer hinaus!«

    Der Junge stürzte ins Steuerhaus. Der Rumpf des Schiffes zitterte leicht. Der alte Motor stotterte im Leerlauf. Gleb sprang ans Steuer und starrte benommen auf das Pult vor sich. Hebel, Knöpfe, Schalter … Er griff sich an den Kopf und wandte seinen Blick von einem Instrument zum anderen …
    »Der schwarze Hebel! Drück drauf!«
    Der Junge packte den Griff und stieß den Hebel von sich. Der Motor heulte auf, das Schiff zuckte und fuhr los. Gleb klammerte sich an das Steuerrad und atmete erleichtert auf. Sie waren entkommen! Lebend! Nur waren jetzt keine Schüsse mehr zu hören. Der Junge blickte beunruhigt durch das Schiffsfenster: Sein Meister rannte auf dem Deck hin und her und kämpfte gleichzeitig mit mehreren Kannibalen, die es noch geschafft hatten, auf die ablegende Barkasse aufzuspringen. Lange Buschmesser und Ketten schwingend bedrängten die Bastarde den verletzten Stalker, der ein Fallschirmjägermesser in seiner Hand hielt.
    Gleb zog zitternd seine Pernatsch und legte das letzte Magazin ein, das er für sich selbst aufbewahrt hatte. Im nächsten Augenblick war er draußen. Rhythmische Schüsse erschallten. Es gelang ihm, drei umzulegen. Einem weiteren schleuderte Taran mit einer schnellen Bewegung das Messer in den Bauch. Der letzte Verfolger stürzte daraufhin zur Bordwand und sprang mit einem Schrei der Verzweiflung ins Wasser.
    Gleb lief zu dem Stalker hin, reichte ihm die Schulter und half ihm, zu einer Bank zu humpeln. Immer wieder blickte der Junge Taran verstohlen von der Seite an, als
könne er dessen unerwartete Rückkehr aus dem Reich der Toten noch immer nicht ganz glauben.
    In diesem Augenblick hörte der Rumpf des Schiffes auf zu vibrieren, und der Motor setzte aus.
    »Macht nichts. Wir sind weit genug vom Ufer entfernt. Jetzt erreichen sie uns nicht mehr«, sagte Taran beruhigend. »Jetzt ruhen wir uns erst mal ein wenig aus, und dann sehen wir, was wir aus dieser Schaluppe noch herausholen können.«
    Gleb konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als sich mit der altersschwachen Maschine im rostigen Inneren der Barkasse herumzuschlagen – er hatte ja seinen Meister wieder. Hastig berichtete er von den letzten Ereignissen und zog stolz seine wichtigste Trophäe hervor: das Gebetbuch. Taran jedoch schien nicht sonderlich begeistert und blickte angewidert auf das speckige Bändchen. Der Junge zuckte mit den Schultern und beschloss, sich die Bibel des Sektierers selbst anzusehen. Es trug den stolzen Titel »Der Weg des Exodus«, doch als er den Umschlag umblätterte, las er mit Erstaunen: »Ostsee-Handbuch«. Im Weiteren folgten Karten, übersät mit unverständlichen Symbolen, und ein Text, der reich war an nautischen Begriffen, jedoch in keiner Weise zu den Lehren von »Exodus« passte.
    Auch dies war also eine Lüge gewesen. Die Geschichte von »Exodus« – eine einzige große Erfindung. Gleb hätte das gern mit Taran besprochen, doch er begriff, dass diesem nicht der Sinn danach stand. Mit schmerzverzogenem Gesicht hantierte der Stalker in der Maschine herum. Sein völlig durchnässter Verband verrutschte und enthüllte eine frische, blutende Wunde auf seiner Brust.

    »Komm, ich mach dir einen neuen Verband.« Der Junge machte

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