Die Riesin Arachna
Es wurde ein anstrengender Marsch. Manchmal wollten sie schon aufgeben, denn die Landschaft veränderte sich kaum, und vor allem Mo kam immer wieder auf die Erde zu sprechen, die man nur durch den Tunnel erreichen konnte. Aber Ol war nicht so schnell von seinem Plan abzubringen, und nach mehreren Stunden Wanderung gab es endlich einen Hoffnungsschimmer. In der Ferne sahen sie eine Erhebung.
Es war nur ein bescheidener Hügel, zum Teil mit Gestrüpp bewachsen, wie es schien, doch die drei begrüßten ihn fast enthusiastisch.
»Wenn dort Sträucher sind, gibt es in der Nähe vielleicht Wasser«, rief Viola.
»Ja, einen Teich mit Fischen, die man fangen und braten kann«, ergänzte Mo. »Auf unserer Insel hab ich mich gut auf den Fischfang verstanden.«
»Warten wir’s ab.« Ol dämpfte die Freude etwas. »Wir wollen nicht gleich zuviel erhoffen.«
Viola rannte trotzdem sofort los, wirbelte aber schon bei den ersten Schritten soviel Staub auf, daß sie erschrocken stehenblieb. Es half nichts, sie mußten langsam gehen, sich in Geduld fassen.
Als sie näherkamen, bemerkten sie etwas Unförmiges, das über dem Hügel in der Luft hing. Es stand ganz ruhig da oder bewegte sich sacht wie eine große Fahne bei leichtem Wind. Wind geht aber nicht, dachte Ol, es kann keine Fahne sein. Daß auch nicht der leiseste Hauch wehte, war übrigens Glück, denn wenn hier, unter diesen Bedingungen, ein Sturm aufkam, waren sie verloren. Es mußte schlimmer sein als in der Wüste, wo vom Sand ja auch schon innerhalb kürzester Zeit Menschen und Tiere verschüttet wurden.
»Was kann das bloß sein?« fragte Viola erstaunt. »Es sieht aus wie ein riesiger Luftballon. Andererseits ist es nicht rund, sondern langgestreckt und flach. Jetzt, wo es sich zur Seite neigt, könnte man es für ein Gummiboot ohne Boden halten, nein, für einen großen Kringel oder eine Brezel.«
»Eine Brezel, die fliegen kann, was denn noch«, erwiderte, ein wenig spöttisch, Mo.
Ol dagegen, der angestrengt zum Hügel starrte, schlug sich mit der Hand gegen die Stirn.
»Aber ja doch, eine Brezel!« rief er. »Ein Kringel, der in der Luft schwebt, begreift ihr denn nicht? Das ist ein Flugmolch, wie er leibt und lebt, nichts anderes. Die gibt es also noch, die haben diese unendlichen Zeiten überstanden.«
Flugmolche waren eine Art Amphibien, die sich weniger gut auf dem Land, umso besser aber im Wasser und in der Luft bewegen konnten. Sie waren nur auf der Irena zu Hause und den Bewohnern dort seit jeher vertraut. Man brauchte sie nicht zu fürchten, denn sie griffen die Menschen nicht an, verhielten sich eher scheu.
»Wenn sich hier Flugmolche aufhalten, gibt es auch Wasser«, sagte Ol erfreut, »das kann gar nicht anders sein.«
Nun hatten sie es noch eiliger, zu dem Hügel zu kommen, ließen sich selbst vom Staub nicht mehr zurückhalten, der ihnen in Mund und Nase drang. Hustend und spuckend kamen sie schließlich an.
Tatsächlich war die Erhebung von Büschen und Gestrüpp umgeben – eine Vegetation, die an jene im Elming erinnerte. Überhaupt kam Ol die Gegend irgendwie bekannt vor. War hier etwa früher der Tunneleingang gewesen? Nicht direkt, dachte Ol, aber in der Nähe könnte er sich befunden haben.
Inzwischen waren Viola und Mo losgestürmt, um den Hügel genauer in Augenschein zu nehmen. Plötzlich brachen sie in ein Freudengeheul aus.
»Da ist ein Teich, wir haben Wasser gefunden!« rief Viola und rannte hin.
Die Bezeichnung Teich war allerdings reichlich geprahlt. Hinter Riedgras versteckt und mit grünlichen, an Entengrütze erinnernden Algen überwuchert, handelte es sich eher um einen Tümpel. Die Luft hier war dennoch frischer und nicht so trocken. Der Flugmolch, der direkt darüber hing, empfand das offenbar genauso.
Die Kinder zerteilten mit den Armen das Riedgras, knieten am Ufer des Tümpels nieder und schoben die Algen beiseite. Zu ihrer Überraschung war das Wasser kühl und klar. Sie schöpften es mit vollen Händen und stillten ihren Durst.
Auch Ol trank in großen Schlucken. Er war verwundert, daß das Wasser nicht faulig oder abgestanden schmeckte. Vermutlich wurde der Tümpel von einer noch immer aktiven unterirdischen Quelle gespeist.
Um das Wasserloch herum war eine Art Oase entstanden, und wenn es sich bei den Pflanzen auch um anspruchslose Gewächse handelte, die nicht viel zum Leben brauchten, so breiteten sie sich doch aus, wucherten und bildeten im grauen Einerlei der Landschaft eine grüne Insel.
»Es
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