Die Risikoluege
aus dem Müll sammeln und Senioren, die um Almosen bitten müssen, sind eine Schande! Die Vereinten Nationen zeigen sich tief besorgt über unsere Sozialpolitik und werfen der Politik vor, dass Deutschland
im Kampf gegen Armut und Diskriminierung versagt. Für ein so reiches Land ist der Vorwurf ein Skandal!
Und dieser Vorwurf besteht zu Recht, denn das Engagement für andere hat bei uns einem erschreckenden Egoismus Platz gemacht. Karriere und Geld stehen heute an erster Stelle. Die Gestaltung von Freizeit und Urlaub und die Maximierung des Einkommens sind zum höchsten Lebensziel geworden. Verantwortung für die Gesellschaft wird immer seltener. Diejenigen sind am meisten über die Zukunft besorgt, denen es am besten geht.
Erschreckend ist das Bild westlicher Gesellschaften, wenn man sich die Korruptionsfälle vor Augen hält, die es in Industrie, Wirtschaft und Politik gegeben hat und laufend weiter gibt. »Gier schlägt Gewissen«, sagt Alexander Hagelücken in seinem Kommentar in der Süddeutsche Zeitung: »Geldhäuser auf dem ganzen Globus jonglieren inzwischen mit apokalyptischen Summen, die der Lebenswelt der meisten Menschen völlig enteilt sind. Die Menschen fühlen sich Finanzmärkten ausgeliefert, deren Mechanismen sie nicht verstehen – und kaum verstehen können.«
Ja, es ist erschütternd, wenn man sieht, wie Lüge und Unredlichkeit, Bestechung und Hehlerei unsere Gesellschaft allmählich prägen, auf welch skrupellose Weise manche sich politische Macht zu sichern und große Geschäfte zu machen verstehen.
Und nicht nur bedenklich, sondern extrem gefährlich ist es, wenn mit Risiken umgegangen wird, als seien sie unerfreuliche Nebenprodukte, die man am besten ignoriert. Wenn Sicherheit zugunsten des Profits geopfert wird, wenn sensible Großtechnologien wie Kernenergie und Gentechnik in die Hände von Banken, Börsenspekulanten
und profitorientierten Managern geraten. Dies dürfen wir nicht zulassen!
Wenn wir Wohlstand und Fortschritt bei uns aufrechterhalten und an andere weitergegeben wollen, dann dürfen wir als eine Nation mit technologischer Hochkultur nicht nur an technische und wirtschaftliche Verbesserungen denken, dann müssen wir auch die gesellschaftlichen Voraussetzungen hierfür schaffen und erst einmal wieder lernen, vernünftig miteinander umzugehen. Nur durch mehr Miteinander und Füreinander können die Probleme unserer Zeit gelöst werden.
Ich bin davon überzeugt, dass eine gesunde Weiterentwicklung unseres Landes ganz wesentlich davon abhängt, ob es uns als Gesellschaft gelingen wird, über die Maßlosigkeit unserer Ansprüche, unser mangelhaft entwickeltes Sozialverhalten und die Ungenauigkeit im Umgang mit dem Recht nachzudenken.
Seien wir also wachsam und misstrauisch gegen alles, was man uns glauben machen will. Das rate ich!
Seien wir selbst aber auch bereit, Korrekturen vorzunehmen und ein neues Verständnis füreinander und ehrliches Miteinander zu entwickeln. Dazu rufe ich auf!
Deutsche Originalausgabe 03/2012
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