Die riskante Affaere
1. K APITEL
Er mochte keine Cops. Es war eine tief sitzende Abneigung, die daher rührte, dass er seine prägenden Jahre damit verbracht hatte, vor ihnen davonzulaufen. Und war er nicht schnell genug gewesen, waren sie nicht gerade sanft mit ihm umgesprungen.
Bis zu seinem zwölften Geburtstag hatte er bereits eine beachtliche Anzahl Taschendiebstähle begangen und verfügte über hervorragende Verbindungen, um heiße Ware in bare Münze zu verwandeln.
Schon damals erkannte er, dass man zwar das Glück nicht kaufen konnte, aber von den zwanzig Dollar für eine Uhr ließ sich immerhin ein Stückchen vom großen Kuchen erstehen. Außerdem verwandelten sich zwanzig Mäuse ganz leicht in sechzig, wenn man es nur schlau genug anstellte.
Mit zwölf investierte er seine sorgfältig gehorteten Gewinne in ein kleines Wettbüro, was sich mit seiner Sportleidenschaft deckte.
Er war der geborene Geschäftsmann.
Mit Gangs hatte er nie etwas zu tun gehabt. Teils, weil er ein Einzelgänger war, vor allem aber, weil er die für solche Organisationen typische Hackordnung nicht akzeptierte. Da gab es immer jemanden, der das Sagen hatte – und Jonah Blackhawk zog es vor, selbst dieser Jemand zu sein.
Manche Leute würden behaupten, dass er ein Autoritätsproblem hatte.
Womit sie richtig lägen.
Das Blatt wendete sich, kurz nachdem er dreizehn geworden war. Sein Wettbüro florierte gut – viel zu gut für den Geschmack verschiedener alteingesessener Syndikate.
Zuerst hatte man ihn auf dem üblichen Weg verwarnt – man prügelte ihn windelweich. Er beschloss, die Nierenquetschung, das Veilchen und die aufgeplatzte Lippe als eine Art Berufsrisiko zu akzeptieren. Doch noch ehe er sich dazu durchringen konnte, entweder den Standort zu wechseln oder abzutauchen, flog er auf. Und zwar so richtig.
Denn Cops waren weitaus lästiger als die liebe Konkurrenz.
Der Cop jedoch, der ihn damals an seinem kleinen überheblichen Hintern gepackt hatte, war anders gewesen. Obwohl Jonah nie genau herausbekommen hatte, was ihn tatsächlich von anderen Cops unterschied. Er wusste nur, dass er sich letztendlich in den verschiedensten Resozialisierungsprogrammen statt im Jugendknast wiedergefunden hatte.
Logisch, dass er sich mit Händen und Füßen dagegen wehrte. Doch dieser Cop, mit einem Griff wie eine Bärenfalle, wollte einfach nicht lockerlassen. Allein die Beharrlichkeit war für Jonah ein Schock gewesen. Nie zuvor in seinem Leben hatte ihm jemand so hartnäckig im Nacken gesessen und sich so unbeirrt um ihn gekümmert. Und so war er praktisch gegen seinen Willen wieder in die Gesellschaft integriert worden, zumindest weit genug, um erkennen zu können, dass es durchaus Vorteile hatte, wenn man sich an gewisse Spielregeln hielt.
Jetzt war er dreißig. Und obwohl sicherlich niemand ihn als Säule der Gesellschaft von Denver bezeichnen würde, war er heute ein allseits geachteter Geschäftsmann, dessen Unternehmen einen soliden Gewinn abwarfen – was ihm einen Lebensstil ermöglichte, von dem der dreiste Straßenlümmel von einst nicht einmal zu träumen gewagt hätte.
Er war diesem Cop zu Dank verpflichtet, und Jonah gehörte zu den Leuten, die niemandem etwas schuldigblieben.
Andererseits hätte er lieber nackt und mit Honig beschmiert in einem Ameisenhügel gesessen, statt so gesittet hier im repräsentativen Vorzimmer des Polizeichefs von Denver.
Selbst wenn dieser Polizeichef Boyd Fletcher war.
Jonah ging nicht ruhelos auf und ab. Nervöse Bewegung war verschwendete Energie und obendrein verräterisch. Die Frau, die die Doppeltür zum Zimmer des Polizeichefs bewachte, war jung und attraktiv, mit einer höchst interessanten üppigen roten Mähne. Aber er flirtete nicht mit ihr. Was weniger an dem Ehering an ihrem Finger als an ihrer direkten Nähe zu Boyd lag.
Jonah saß still wartend auf einem der moosgrünen Stühle in der Wartezone, ein großer schlanker Mann mit langen Beinen, der unter einem Dreitausend-Dollar-Sakko ein Zwanzig-Dollar-T-Shirt trug. Sein volles schwarzes Haar war glatt und glänzend wie das Gefieder eines Raben. Das Haar, die goldbraune Haut und die ausgeprägten Wangenknochen waren ein Erbe seines Apachen-Urgroßvaters.
Die kühlen grünen Augen hatte er wahrscheinlich seiner irischen Urgroßmutter zu verdanken, die der Apache ihrer Familie entrissen und zur Seinen erklärt hatte. Diesem Tapferen hatte sie drei Söhne geschenkt.
Jonah wusste nur wenig über seine Wurzeln. Seine Eltern hatten sich lieber
Weitere Kostenlose Bücher