Die Rolling-Stone-Jahre (German Edition)
Schlagabtausches wie ein toter Fisch mit dem Bauch nach oben schwamm und Kerry ihn zu Gelee verarbeitete … Es war gnadenlos … Ich hatte fast Mitleid mit ihm, bis ich jemanden hörte, der ihn »Herr Präsident« nannte, und da schämte ich mich.
Karl Rove, dem politischen Hexenmeister des Präsidenten, ging es sogar noch schlechter. Heutzutage herrscht Angst im Herzen von Texas, und es herrscht Panik in den Eingeweiden des Weißen Hauses. Rove hat ein fieses kleines Problem, es trägt den Namen George Bush. Der Präsident scheiterte erbärmlich, schon von dem Moment an, wo er zusammen mit John Kerry auf die Bühne trat. Er wirkte schwach und dümmlich. Kerry schlug auf ihn ein wie auf einen Gong, erst in Coral Gables, dann in St. Louis und Tempe – und genau das ist Roves Problem. Sein Kandidat ist ein geistig minderbemittelter Junge aus einer Studentenverbindung, der unter dem Druck von sechzig Millionen Wählern zusammenbricht.
Für Schwergewichte wie Rove und Dick Cheney ist ein solches Scheitern nicht annehmbar. Bei den Vorkämpfen in Cleveland gegen John Edwards machte Cheney den Eindruck eines grausamen und zwielichtigen Überbosses von Haliburton. In seinem einzigen aufrichtigen Moment während der gesamten Debatte schwor er: »Wir müssen aus Amerika den wichtigsten Wirtschaftsstandort der ganzen Welt machen.«
Bush selbst unterzeichnete sein Todesurteil in der Eröffnungsrunde, als er schließlich ohne seinen Teleprompter weiterreden musste. Es handelte sich um eine Cinderella-Geschichte, die es in dieser Nacht in Florida als aktuelle Version zu sehen gab – nur dass es diesmal der Prinz war, der sich zurück in den Frosch verwandelte.
Präsidentenpolitik ist ein übles Geschäft, selbst für reiche weiße Männer, und jeder, der dort hineingerät, sollte darauf vorbereitet sein, es mit den Schlimmsten der Schlimmen zu tun zu bekommen. Das Weiße Haus wurde noch nie von ängstlichen Kriegern erobert. Es gibt keine Regeln, und der Straßenrand ist von Wracks übersät. Deshalb nennt man es auch die Überholspur . Man könnte jeden Kandidaten fragen, der jemals gegen George Bush angetreten ist – Al Gore, Ann Richards, John McCain: Sie alle wurden mit Lügen und schmutzigen Tricks in einen Hinterhalt gelockt und überwältigt. Und alle heulen sie noch immer deswegen.
Das ist der Grund, warum George W. Bush der Präsident der Vereinigten Staaten ist, und auch der Grund, warum es Al Gore nicht ist. Bush wollte es ganz einfach mehr, und er war bereit, alles kaputt zu schlagen, was sich ihm in den Weg stellte, den U.S. Supreme Court eingeschlossen. Es ist kein Zufall, dass heute das Weiße Haus unter Bush (sprich: Dick Cheney & Halliburton Inc.) alle drei Ebenen unserer Bundesregierung kontrolliert. Es sind gewaltige Schwerverbrecher, die eher sterben würden, als die Wahlen im November zu verlieren.
Das republikanische Establishment wird von den schmerzhaften Erinnerungen an das verfolgt, was Bushs altem Herrn 1992 passierte. Er erreichte den Höhepunkt zu früh und hatte keine Antwort auf den Slogan: »Es ist die Wirtschaft, Dummkopf.«
Was immer schon der Fall war. Jede republikanische Regierung seit 1952 ließ die Staatsschätze durch den militärisch-industriellen Komplex plündern und das Land in Schulden stürzen, mit der Ausrede von einem kriegsbedingten ökonomischen Ausnahmezustand. Richard Nixon fällt einem da sofort ein, ebenso wie Ronald Reagan und seine lächerliche »Trickle Down«-Theory amerikanischer Wirtschaftspolitik. Wenn die Reichen reicher werden, so die Theorie, werden ihre Töpfe in Kürze überlaufen, und auf die Armen, die lieber die Krümel von den Tellern der Familie Bush verspeisen würden als überhaupt nichts zu essen, irgendwie heruntertröpfeln. Die Republikaner haben die Demokratie noch nie anerkannt, und sie werden es auch nie tun. Das führt zurück in ein vorindustrielles Amerika, als nur weiße männliche Grundbesitzer wählen durften.
Die genuin brutale Natur der Präsidentschaftswahlkämpfe in Amerika ist zu offensichtlich, um darüber überhaupt zu diskutieren; einige Leute finden das spaßig, und ich gehöre zu ihnen. Der Wahltag – besonders bei einer Präsidentenwahl – bedeutet immer eine wilde und schaurige Zeit für Politjunkies, und auch dazu zähle ich mich. Wir freuen uns auf den großen Wahltag, so wie sich Sexsüchtige auf Orgien freuen. Wir sind sklavisch davon abhängig.
Was alles in allem keine schlechte Sache ist – für die Sieger. Die
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