Die Rose des Propheten 3 - Das Buch der Unsterblichen
niemanden, der dir helfen kann!« murmelte Mathew verbittert. »Dein Gott hört nicht zu!«
Und was ist mit dir? ertönte die Stimme in Mathews Innerem. Dieser Mann betet wenigstens, hat wenigstens noch Glauben.
Ich glaube auch, sagte Mathew zu sich, wie er den Kopf müde gegen einen Korb lehnte und zusammenzuckte, als die See sich über dem Schiff brach und ihn mit eisigem Wasser überschwemmte. Er schloß die Augen, kämpfte gegen die Übelkeit an, die seinen Kopf schwindeln machte. Promenthas ist fern von diesem Land. Hier herrschen die Mächte der Finsternis…
Mathew erstarrte, wagte nicht sich zu rühren. Die Idee kam ihm mit einer solch lebhaften Klarheit, daß sie auf dem Deck förmlich stoffliche Gestalt anzunehmen schien. So mächtig war der Eindruck in seinem Geist, daß der junge Hexer die Augen öffnete und sich furchtsam auf dem Schiff umblickte, überzeugt, daß jedermann ihn anstarren und seine Gedanken lesen mußte.
Auda ibn Jad ging auf dem Vorderdeck auf und ab, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, den Blick starr in den Sturm gerichtet. Sein Körper war steif, die Hände so fest zu Fäusten geballt, daß sie an den Knöcheln weiß schimmerten. Mathew atmete erleichtert auf. Der Schwarze Paladin mußte sämtliche Kräfte aufbieten, um die Herrschaft über die Ghule aufrechtzuerhalten. Er würde keine Energie für seine Gefangenen vergeuden. Weshalb sollte er auch?
Wir werden wohl kaum fliehen, dachte Mathew grimmig. Schnell ließ er den Blick über die Gume schweifen. Kiber klammerte sich fest, grün um Mund und Nase. Zahlreiche weitere Gume waren ebenfalls seekrank und lagen stöhnend auf dem Deck. Jene, die der Übelkeit entgangen waren, musterten mißtrauisch die Ghule, wichen stets zurück, wann immer einer der Seeleute allzu nahe herankam. Die Ghule, deren Hunger gesättigt war, waren damit beschäftigt, dem Sturm davonzusegeln.
Krank und verzweifelt sackte Khardan gegen seine Fesseln. Der Kopf des Kalifen hing schlaff herab. Er hatte aufgehört, seinen Gott anzurufen. Die bewußtlose Zohra war wahrscheinlich das glücklichste Wesen auf dem Schiff.
Zwischen dem Durcheinander aus Körben und Truhen und den hohen Elfenbeinkrügen zusammengekauert, krümmte Mathew sich zusammen, als hätte ihn die Übelkeit gepackt. Unglücklicherweise wurde aus Schauspiel Wirklichkeit. Übelkeit überwältigte ihn. Erst schoß die Hitze durch seinen Körper, dann die Kälte. Schweiß troff von seinem Gesicht. Keuchend schloß Mathew die Augen und wartete grimmig darauf, daß der Anfall vergehen mochte.
Endlich merkte er, wie die Übelkeit verging. Er griff in die Falten seines Kaftans, holte eine kleine Tasche hervor, die er hastig an der Schärpe um seine Hüfte befestigt hatte. Er warf einen schnellen, verstohlenen Blick über die Schulter. Mit zitternden Fingern riß er die Tasche auf und schüttelte sorgfältig den Inhalt in seinen Schoß.
Als er mit Zohra der Zauberin Meryem begegnet war – wie sie gerade mit dem verzauberten Khardan vor der Schlacht floh –, hatte Mathew ihr sämtliche magische Gerätschaften abgenommen, derer er habhaft werden konnte. Umringt von Soldaten, Raub und Feuer, hatte er sich nicht die Mühe gemacht, ihnen mehr als einen flüchtigen Blick zu schenken, bevor er sie in eine Tasche steckte, die er in den Falten seiner Kleidung verbarg.
Mathew hatte keinen Zweifel daran, daß es Gegenstände waren, die zur Schwarzen Magie dienten. Er hatte erraten, daß Meryem sich der dunklen Seite Suls verschrieben hatte, seit sie ihre Fertigkeiten auf dem Gebiet der geheimen Künste zu einem Mordversuch nutzte. Wie er nun die verschiedenen Gegenstände musterte, Unwillens, sie auch nur zu berühren, überkamen ihn Abscheu und Ekel – Gefühle, die tiefer saßen als seine Übelkeit; Gefühle, wie sie alle Hexer mit Gewissen in der Gegenwart böser Dinge empfanden.
Mathews erster Impuls sagte ihm, er solle die Gegenstände ins Meer werfen. Das war es, was er hätte tun sollen, was er gelernt hatte zu tun.
Das war es aber auch, was er sich nicht erlauben konnte.
Fieberhaft untersuchte er jeden Gegenstand.
Es waren nicht viele. Meryem hatte auf ihre Schönheit, ihren Charme und die Naivität der Nomaden vertraut, auf sie hereinzufallen. Sie hatte einen kleinen Stab mit sich getragen, ungefähr sechs Zoll lang, der so entworfen war, daß man ihn leicht in einer Tasche oder im Busen eines Kleids verstecken konnte. Mathew musterte ihn eindringlich und versuchte aus dem Material,
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