Die Rose von Angelâme (German Edition)
und bestenfalls durch ihr blank poliertes Äußeres glänzten.
Das Haus vor ihm wirkte gepflegt und einladend. Ein abgeräumtes Blumenbeet, das in spätwinterlicher Starre lag, säumte den Weg zur Haustür. Mitten im Vorgarten stand ein Vogelhäuschen, und ein paar vergessene Spielsachen lagen im gefrorenen Rasen.
Simon hörte jemanden singen. Ein Fenster stand trotz der Kälte sperrangelweit offen. Es duftete verführerisch nach Frischgebackenem.
Einen Augenblick lang lauschte er der Frauenstimme, bevor er auf den Klingelknopf drückte. Im Inneren des Hauses ertönte eine Glocke. Simon wartete. Als er ein zweites Mal den Finger nach dem Klingelknopf ausstreckte, öffnete sich die Haustür einen Spaltbreit. Simon blickte in ein sommersprossiges, fragendes Frauengesicht und musste unwillkürlich lächeln: Auf der Nasenspitze und links und rechts auf den leicht geröteten Wangen seines Gegenübers waren feine Spuren Mehl zu sehen.
„Entschuldigen Sie die Störung“, begann er und reichte seine Visitenkarte durch den Türspalt in die zögernd ausgestreckte Hand. Die blauen, von schwarzen Wimpern umrahmten Augen richteten sich einen Augenblick lang aufmerksam darauf, dann öffnete sich die Tür ganz, und die Frau, der das bemehlte Gesicht gehörte, stand erwartungsvoll vor ihm.
„Christina Weiß?“
„Die bin ich, ja.“
Simon huschte erneut ein Lächeln übers Gesicht, weil ihr Kopfnicken so ernsthaft wirkte.
„Sie sind also Simon Rössler von der Versicherung“, meinte sie mit spitzbübisch blitzenden Augen, als er nichts sagte. „Kommen Sie herein.“
Er folgte ihrer Einladung und blieb abwartend mitten im direkt angrenzenden Wohnzimmer stehen.
„Setzen Sie sich doch“, bat die junge Frau und wischte sich mit dem Handrücken eine Locke aus der Stirn, auf der sie einen weiteren Streifen Mehl hinterließ. „Ich habe gerade einen Kuchen gebacken und muss mir schnell die Hände waschen. Bin sofort wieder da!“
Im Vorbeigehen nahm sie ein paar Illustrierte aus einem der Sessel und steckte sie in einen Zeitschriftenständer. Fast schon draußen fiel ihr ein: „Oh, was darf ich Ihnen zu trinken bringen?“
„Mineralwasser bitte“, antwortete er und sah ihr amüsiert nach, als sie in der Küche verschwand.
Simon schaute sich um. Die Wohnzimmerwände waren cremig-weiß gestrichen. Eine Wandseite wurde völlig von einem deckenhohen Bücherregal aus unlackiertem Pinienholz eingenommen, in dem grob geschätzt an die fünfhundert Bücher standen. Davor stand ein gemütlicher, brauner Ledersessel, daneben eine Leselampe mit altmodischem Fransenschirm, im rechten Winkel dazu ein pastellbuntes Sofa und ein niedriger Tisch, ebenfalls aus Pinienholz gearbeitet.
Die beiden Fenster an der Wand waren gardinenlos. Es gab nur schmale, in den Farben des Sofas gehaltene Schals links und rechts. Eine Reihe üppig wachsender Pflanzen standen auf den Simsen, allesamt in mattroten Übertöpfen, zu denen ihr sattes Blattgrün einen harmonischen Kontrast bildete.
An dem Mauerstück zwischen den beiden Fenstern hingen untereinander drei rot gerahmte, großformatige Schwarz-Weiß-Fotografien mit winterlichen Motiven.
Links war eine geschlossene Tür, neben der Fotos mit den unterschiedlichsten Motiven zu sehen waren, die in Rahmen aller Art und Farben steckten.
Auf dem Fußboden verstreut lagen bunte Holzbausteine, Puzzles, Bilderbücher, ein Tuch, an dem die Spuren der letzten Mahlzeit pappten.
Christina Weiß kam zurück und reichte Simon ein Glas Mineralwasser. Sie hatte zwar die Hände gewaschen, aber das Mehl im Gesicht übersehen. Aus irgendeinem lächerlich persönlichen Grund beschloss Simon, sie nicht darauf aufmerksam zu machen.
„Ich wechsele die Bilder in den Rahmen passend zu den Jahreszeiten“, erklärte sie, und Stolz schwang in ihrer Stimme mit, was Simon völlig entging.
„Sie kümmern sich also um das Kind“, begann er übergangslos und fing ihren plötzlich frostig gewordenen Blick ein.
„Ich habe völlig korrekt Antrag auf Pflegschaft für die Kleine gestellt.“ Christina Weiß verschränkte die Arme vor der Brust. „Inzwischen läuft mein Antrag auf Adoption. Um was genau geht es eigentlich bei Ihrem Besuch?“
„Darauf komme ich gleich. Das mit dem Antrag auf Adoption weiß ich bereits, ich habe mir beim Vormundschaftsamt die entsprechenden Informationen geben lassen. Sieht gut aus für Sie!“ Es sollte aufmunternd klingen.
„Ach, geben die jedem dahergelaufenen …“ Sie hielt
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