Die Rose von Asturien
sagte dem Waskonen nicht gerade zu, dennoch stimmte er schließlich zu. »Also gut! Aber dazu muss der Wächter abgelenkt werden, und das ist mir unmöglich. Doch du könntest es tun.« Der Mann trat näher an den Grafen heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Roderich nickte dazu und grinste.
»Schön! Aber wehe dir, wenn du mich belogen haben solltest. Die Berge wären nicht hoch und nicht weit genug, um dich vor meiner Rache zu bewahren!«
Der Waskone lachte. »Ich liefere dir deinen schlimmsten Feind aus und übergebe unseren Stamm deiner Oberherrschaft.Dafür habe ich wohl eher eine Belohnung als eine Drohung verdient.«
»Es ist schon Belohnung genug, dass du dein Leben behalten darfst«, warf Ramiro ein. Er traute dem Waskonen noch weniger als sein Herr und hätte ihn am liebsten mit dem Speer niedergestoßen.
Der Graf hob jedoch die Hand. »Halt! Wir vergeben uns nichts, wenn wir so tun, als würden wir ihm glauben. Ist er ehrlich, schalten wir damit einen hartnäckigen Feind aus und stärken unseren Einfluss in dieser Gegend. Versucht er uns zu betrügen, werden unsere Schwerter und Speere ihn eines Besseren belehren.« Dann wandte Roderich sich wieder dem Waskonen zu. »Morgen Abend, sagst du, will dein Häuptling eine weitere Schafherde stehlen? Er denkt wohl, er habe uns weit genug in die Berge gelockt, so dass wir ihm nicht in die Quere kommen können!«
»Genauso ist es, Graf Roderich«, erklärte der Waskone eilfertig.
»Gut! Wir werden ihn erwarten. Sollte er nicht kommen, wäre es besser für dich, mir so schnell nicht mehr unter die Augen zu kommen. Damit Gott befohlen!« Der Graf winkte seinen Männern zu, ihm zu folgen, und so blieb der Waskone allein zurück. Auf seinem Gesicht spiegelten sich Gier und leiser Triumph. Wenn der Graf keinen Fehler beging, würde er in wenigen Tagen der Herr seines Stammes sein und endlich die Stellung einnehmen, auf die er seit Jahren hinarbeitete.
2.
G
raf Roderich winkte seinem Stellvertreter zu. »Ist alles bereit?«
»Das ist es, Don Rodrigo!« In seiner Erregung sprach derMann seinen Herrn mit der hispanischen Form des Namens an.
Der Graf schüttelte unwillig den Kopf, sagte aber nichts, sondern versuchte, aus dem dichten Wald heraus, in dem er und seine Reiter sich versteckt hielten, die Weide und die drei Hirten im Auge zu behalten, die dort etliche Dutzend Schafe hüteten. Vier große, schwarzweiß gefleckte Hunde umkreisten die Herde.
Für seinen Feind musste dieser Anblick einfach verlockend sein, fuhr es Graf Roderich durch den Kopf. Gleichzeitig packte ihn die Sorge, dass er und seine Männer durch einen dummen Zufall entdeckt würden.
»Passt auf eure Gäule auf. Nicht dass einer zur unrechten Zeit schnaubt oder gar wiehert!« Die Warnung war überflüssig, denn jeder wusste, worauf es ankam. Nur wenn es ihnen gelang, die Schafdiebe in die Falle zu locken, würden sie die Kerle erwischen.
»Einer der Hirten macht ein Zeichen. Es sieht aus, als hätte er oder einer der Hunde etwas bemerkt!« Obwohl Ramiro flüsterte, fing er sich einen tadelnden Blick seines Anführers ein.
Auch Graf Roderich war aufgefallen, dass die Hunde unruhig wurden. Drei Hirten und vier Hunde reichten im Allgemeinen aus, um ein halbes Dutzend Schafdiebe abzuschrecken. Sein persönlicher Feind jedoch kam wahrscheinlich mit einem Trupp Krieger, der nicht kleiner war als die Gruppe, die ihn begleitete. Dennoch war er nicht beunruhigt. Die Männer seiner Leibschar hatte er mit Bedacht ausgewählt, jeder von ihnen konnte es mit zwei bis drei Gegnern aufnehmen. Außerdem waren sie beritten und mit ihren längeren Speeren jedem Fußkämpfer gegenüber im Vorteil.
»Da oben sind sie!« Einer seiner Männer wies auf den felsigen Berghang, der die Weide auf der linken Seite begrenzte. Jetztsah der Graf sie auch. Mindestens zwei Dutzend Männer schlichen sich dort im Schutz der Felsen an, weit mehr, als er erwartet hatte. Die Waskonen bewegten sich geschickt gegen den Wind, doch der erfahrene Hütehund hatte Witterung aufgenommen. Auf das Zeichen eines Hirten trieb der Rüde zusammen mit den anderen Hunden die Schafe in Richtung des Wäldchens, in dem sich die Reiter versteckt hielten.
Graf Roderich begriff, dass er an diesem Tag eine zweite Herde an diese verdammten Bergwilden verloren hätte, wäre er nicht von dem Verräter gewarnt worden. Grimmig nickte er seinen Männern zu.
»Diesmal zeigen wir es ihnen. Wir machen keine Gefangenen, bis auf …«, er wies auf
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