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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Umstand allein noch nicht für Ricardo. Dass sie älter war als eine normale Braut, machte ihn zu keinem jugendlichen Mann.
    In jedem Fall sah sie ein, dass sie von den Tanten keine Hilfe zu erwarten hatte, und wandte sich erneut an ihren Vater. In seiner Nähe empfand sie immer ein wenig Scheu, aber sie hoffte, dass er sein Herz gegenüber der einzigen Tochter nicht verschließen würde. Als Kind hatte sie oft auf seinem Schoß gesessen, wenn er eine Zigarre rauchte, hatte den Geruch eingesogen und mit seinen Barthaaren gespielt. Jetzt war es undenkbar, auf seinen Schoß zu klettern, dennoch ergriff sie zumindest seine Hand. Seit langem hatte sie ihn nicht mehr so eindringlich gemustert: Sein Bart war grau geworden, sein Gesicht faltig, und die Hand war von Flecken übersät.
    »Papá …«, flehte sie. »Du gehörst doch zu den Porteños, den Hafenbewohnern der Banda Oriental, und es heißt, dass diese aufgeschlossen seien und sehr modern. Ein typischer Porteño besitzt kein Land, sondern verdient sein Geld mit dem Handel. Ricardo dagegen zählt zu den Hacienderos, und über die hast du dich doch immer beschwert.«
    Für gewöhnlich interessierte sie sich mitnichten für den tiefen Konflikt, der die Banda Oriental zerriss. Nun jedoch nutzte sie die unüberwindbar tiefe Kluft zwischen den Kaufleuten an der Küste und den despotischen Landbesitzern. Leider hatte ihr Appell keinen Erfolg.
    »Nun, in diesem Fall tut das nichts zur Sache«, erklärte Alejandro streng. »Ricardo besitzt eine eigene Manufaktur, und das bedeutet, dass ihm viel am Handel gelegen ist. Auch wenn seine Herkunft eigentlich dagegenspricht – er ist einer von uns Colorados.«
    Rosa unterdrückte einmal mehr ein Seufzen. Was sollte sie dagegen noch anführen?
    Ihr Vater unterteilte die Welt stets in Schwarz und Weiß. Oder eben in Colorados und Blancos, wie die zwei verfeindeten Parteien genannt wurden. Nichts hasste er so sehr wie die Blancos.
    Sie selbst war zu unbedeutend, um sie zu hassen – nur ein Mädchen, dessen Wille sich in seinen Augen leicht brechen ließ. »Du wirst mir gehorchen«, erwiderte er streng.
    »Aber ich will Ricardo nicht heiraten!«, schrie sie trotzig. »Ricardo riecht nach Kuhmist, spuckt ständig Tabak aus und ist auf einem Auge blind. Und ich will auch nicht aus Montevideo fortziehen.«
    Alejandro sagte nichts mehr, sondern nickte Tante Eugenia nur zu.
    »Wie mir scheint, brauchst du etwas Zeit, um darüber nachzudenken«, schaltete sich diese ein. »Und das tust du am besten in deinem Zimmer. Du wirst so lange dort bleiben, bis du Ricardos Vorzüge zu schätzen weißt.«
    Tante Eugenias Augen blitzten bösartig, Orfelia hielt ihren Blick dagegen immer noch auf den Boden gerichtet. Zuletzt starrte Rosa ihren Bruder Julio an, der bis jetzt am Fenster gestanden und geschwiegen hatte und auch jetzt kein Wort über die Lippen brachte.
    Feigling!, schimpfte sie ihn innerlich.
    Julio war oft anderer Meinung als Alejandro und lästerte heimlich über den halsstarrigen Alten, aber sie hatte noch nie erlebt, wie er ihm offen trotzte.
    »Ihr könnt mich einsperren, bis ich verrotte!«, rief sie verzweifelt. »Trotzdem werde ich Ricardo del Monte nicht heiraten!«
    Als niemand etwas sagte, straffte sie die Schultern und lief freiwillig in ihr Zimmer. Dort bemühte sie sich mit aller Macht um eine gleichgültige Miene. Erst als sie hörte, wie Eugenia von außen zusperrte, traten ihr Tränen der Ohnmacht und Verzweiflung in die Augen.
     
    Rosa ging unruhig in ihrem Zimmer auf und ab. Sie war seit nunmehr einem Tag eingesperrt – und allein mit ihren Gedanken. Zuerst hatte sie Trübsinn geblasen, doch nach einer unruhigen Nacht hatte sie Unrast gepackt, und mittlerweile kreisten alle Gedanken um eine mögliche Flucht.
    Die meisten Häuser in ihrer Straße waren einstöckig, und auch in ihrem spielte sich das gesellschaftliche Leben vor allem im Erdgeschoss ab, doch ausgerechnet ihr Schlafzimmer befand sich direkt unter dem Dach.
    Sie trat auf den Balkon aus Zedernholz und blickte hinab auf die Straße. Wie sie schon gedacht hatte: Für einen Sprung war es viel zu hoch.
    Zähneknirschend betrachtete sie die Hauswände aus ungebranntem Backstein. Der Balkon wurde von einem Gerüst gestützt … Vielleicht könnte sie sich daran herunterlassen. Allerdings müsste sie es erst erreichen – und dabei könnte sie sich alle Knochen brechen.
    Als sie hörte, wie sich der Schlüssel umdrehte, stürzte sie hoffnungsvoll zurück in

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