Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rote Agenda

Die rote Agenda

Titel: Die rote Agenda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liaty Pisani
Vom Netzwerk:
lautete Ogdens Kommentar.
    Stuart
stand vom Schreibtisch auf, trat ans Fenster und schaute hinunter auf das
Wasser der Spree. »Wie sieht es mit dem Einsatz in Frankreich aus?«
    »Ich habe
ein Team unter Alberts Leitung hingeschickt. Kein Problem.«
    [30]  »Dann
läuft ja alles bestens.« Stuart klang nicht gerade so, als wäre er sehr
zufrieden.
    Ogden sah
ihn an: »Du hast schlechte Laune.«
    »Du etwa
nicht?«
    Ogden
breitete die Arme aus. »Wir müssen uns daran gewöhnen, Stuart. Alimante könnte
sich in unsere Geschäfte einmischen, aber bis jetzt hat er es nicht getan,
zumindest sieht es so aus. Vor der Operation in Paris hat er mich nicht einmal
kontaktiert, so als wüsste er von gar nichts, und sich darauf beschränkt, nach
Abschluss der Aktion ein Glückwunschtelegramm zu schicken.«
    »Ja, ich
habe auch eins bekommen. Ist doch reizend«, kommentierte Stuart bissig. »Aber
vergessen wir’s. Die Dinge liegen jetzt nun einmal so, und ich muss zugeben,
dass unsere Einnahmen schwindelerregende Höhen erreicht haben, doch da sie auch
früher schon schwindelerregend hoch waren, tröstet mich das nicht.«
    Ogden
lächelte kühl. »Seit den Zeiten von Casparius könnten die Gewinne des Dienstes
die Staatsverschuldung einiger Länder auffangen. Wenn das so weitergeht, machen
wir bald der Mafia Konkurrenz.«
    Stuart
entfernte sich vom Fenster und setzte sich wieder an den Schreibtisch.
    »Wie geht
es Verena?«
    »Danke,
gut. Sie ist in Turin, auf einem literarischen Kongress.«
    »Schöne
Stadt. Wusstest du, dass sie zusammen mit Lyon und Prag zum esoterischen
Dreieck gehört?«
    Ogden
nickte. »Vielleicht lebt Alimantes Familie deshalb seit einigen Generationen
dort.«
    [31]  Eines
der drei Telefone auf dem Schreibtisch läutete. Stuart nahm ab, hörte still zu.
    »In
Ordnung, ich rufe Sie in zehn Minuten zurück«, sagte er schließlich und legte
auf. Dann wandte er sich wieder Ogden zu.
    »Wenn man
vom Teufel spricht…«
    »Alimante?«
    »Allerdings.
Er hat gesagt, er müsse über eine ›heikle und persönliche‹ Angelegenheit mit
uns sprechen. Er erwartet uns heute Nachmittag. Und rate mal, wo.«
    Ogden
zuckte die Schultern. »Wo?«
    »In Turin.
Du wirst Verena früher als erwartet wiedersehen.«
    »Wenn
Alimante von ›heiklen und persönlichen‹ Angelegenheiten spricht, riecht das
nach Ärger«, sagte Ogden.
    »So ist es.
In die ›persönliche‹ Angelegenheit sind mindestens zwei Präsidenten, vier
Premierminister und vielleicht die Königin von England verwickelt. Also los,
lass uns ein Team zusammenstellen, er hat gesagt, wir sollen auch Franz
mitbringen.«

[32]  5
    Verena
sah sich zusammen mit Paolo Astoni im Palavela die Proben zur Großen
Eiskunstlaufgala an, die am Abend stattfinden sollte. Leider hatten sie den
Auftritt des großen Russen, Evgenij Korolenko, genannt der Zar, knapp verpasst.
    Das
Eisstadion war anlässlich der Olympischen Winterspiele 2006 vollständig
restauriert worden. Der Bau wies einen sechseckigen Grundriss in einem Kreis
mit einem Durchmesser von einhundertfünfzig Metern auf und war eine
Stahlzementkonstruktion in Form eines großen Segels, die von drei
aneinandergefügten Bögen getragen wurde. Die große ovale Eisbahn glänzte im
Scheinwerferlicht, und die Sportler zogen bei ihren von Musik begleiteten
Vorführungen Linien in die leuchtende Fläche.
    Alberto Asnaghi,
der Schützling von Paolo Astoni, mit zwanzig Jahren schon italienischer
Meister, bereitete sich auf die Olympischen Winterspiele in Vancouver vor; in
der Zwischenzeit nahm er, nachdem er sich bei den letzten Europameisterschaften
in Zagreb gut platziert hatte, an verschiedenen Eiskunstlaufgalas teil, die
durch die ganze Welt tourten. Doch die Hauptattraktion würde der große,
unvergleichliche Korolenko sein. Der Russe, der in den letzten Jahren alles,
was man gewinnen konnte, mehr als einmal [33]  gewonnen und bei den Olympischen
Spielen eine Gold- und eine Silbermedaille errungen hatte, dreimal Weltmeister
und fünfmal Europameister geworden war, außerdem siebenmal russischer Meister,
war Turin besonders verbunden, weil er im Palavela olympisches Gold erkämpft
hatte.
    Er wurde
als größter Eiskunstläufer aller Zeiten betrachtet, ein herausragender Athlet,
den man sogar mit Nijinsky und Nurejew verglich. Sein Können beschränkte sich
nicht auf sportliche Perfektion, sondern er hatte geradezu göttliches künstlerisches
und interpretatives Talent. Korolenko tanzte eher, als dass er

Weitere Kostenlose Bücher